Seite 142.
Oberösterreichische Bauzeitung.
Nr. 17.
in Mähren und Schlesien in Wald, Obersdorf, Dürstenhof,
Wachhübel, Punzendorf, Meltsch, Dorfteschen etc.
Wenn, wie wir eben gesehen haben, schon die An
zahl der Silicatsteinbrüche eine ansehnliche ist, so wird
sie doch bei weitem übertroffen von der Zahl jener
Brüche, welche in dem Bereiche der Oarbonatgruppe
liegen, über die wir später berichten werden. C. v. C.
Wohngebäude aus Eisen.
Noch vor drei oder vier Dezennien war das Eisen
ein kaum beachteter Faktor in der Baukunst. Der
Backstein in seiner kleinen, sich allen Verhältnissen an
schmiegenden Form genügte allen Anforderungen an
Stabilität und Festigkeit und machte selbst bei Gewölben
und Bogenöffnungen das Eisen ganz überflüssig. Es
waren noch jene Zeiten, wo noch nicht jenes Bauwett
rennen und die Fertigstellungen bis zu einem oder
anderen Zinstermine bedingt waren, wie in unseren
Tagen, als noch mehr auf den realen als auf den schein
baren Wert eines Bauobjektes Rücksicht genommen
wurde. Es sind dies nur natürliche Konsequenzen des
nie geahnten Aufschwunges im Bauwesen der Städte,
welche es nötig machten, der zuflutenden Menschen
menge rasch und mit billigen Mitteln und auch mit
Berücksichtigung des ästhetischen'Gefühles W r ohnstätten
herzustellen. Seit dieser Zeit hat das Eisen auch seinen
gebührenden Platz unter den Baumaterialien gefunden
und dessen Verbrauch in unserem modernen Städtebau
ungeheure Dimensionen angenommen.
Schon am Beginne unseres Jahrhunderts, durch die
Erfindung der Kettenbrücken, wurde die Aufmerksamkeit
der Techniker auf die Eisenkonstruktion gelenkt und die
großartigen Erfolge im Brückenbau bis auf unsere Tage,
sowie die durch Einführung dieses billigen Materiales,
dessen Tragfähigkeit überdies mit mathematischer Gewiß
heit berechenbar ist, erzielten Leistungen haben die Be
wunderung und Anerkennung aller Kreise errungen.
Das ärmliche Material der Holzbrücken, die solide, doch
teuere und zeitraubende Steinkonstruktion sind dem
Monopole der Eisenbrücke gewichen.
Bei dem bedingten raschen Bauen städtischer hoher
Wohnhäuser, wo durch das fraudulose Wuchern mit Bau
gründen auf eine möglichste Ausnützung der Baustelle
hingewiesen wurde, fand die Eisenkonstruktion umso
mehr Anwendung, als eine Auftürmung des Gebäudes,
Schaffung hoher Räume mit großen ungewölbten Laden
räumen, nur mit Zuhilfenahme des Eisens ermöglicht
war, so daß es heute als Hauptfaktor des städtischen
Miethauses anzusehen ist.
Auch bei einzelnen Bautypen hat das Eisen mit Erfolg
das übliche Holz verdrängt. Der Eisenbahnbau, der dem
Eisen überhaupt eine nie geahnte Verwendung sicherte,
hat auch in dieser Richtung durch eiserne Oberbauteile
von Einfahrtshallen, Perrons, Eisendächern überhaupt
einer allgemeinen Ausnützung des Eisens als Baumaterial
die Wege geöffnet.
Den gleichen Schritt dieser rein technischen Ver
wendung des Eisens als Baumaterial hat es auch als
Metall für kunstgewerbliche Zwecke gehalten und die
Leistungen vergangener Jahrhunderte schon lange über
flügelt.
Was Österreich auf diesem Gebiete geleistet, ist all
bekannt und es wäre wohl überflüssig, die ausgezeich
neten Leistungen dieses Teiles der Kunstindustrie des
Näheren zu besprechen und sei daher nur erwähnt, daß
Wien in seinen für das Kunstgewerbe tätigen Architekten
und Kunstschlossern solche Kunstkräfte besitzt, wie sie
kaum andernorts zu finden sind.
Die zierlichen Pavillons aus Gußeisen, die mächtigen
formschönen Konstruktionen von Palmenhäusern, Wacht-
und Lusthäusern, die herrlichen Schmiedearbeiten zur
äußeren und inneren Ausschmückung der Wohnräume,
Gittertore, Geländer, Laternen, die tausendfachen zier
lichen Luxusgegenstände aus allen Stilgebieten ließen
kaum ahnen, welche herrliche Formengestaltung dem
spröden Material abgerungen werden konnte.
In bezug auf den Häuserbau ist das Eisen als Ersatz
des Holzes wegen seiner Tragfähigkeit, Billigkeit und
leichten Verwendbarkeit für alle Konstruktionszwecke in
Anwendung gekommen. Traversen, Eisensäulen, Dach
konstruktionen sind zum gewöhnlichen Posten der Bau
voranschläge geworden. Nur erscheint es hier noch neben
Ziegeln, Hausteinen und anderem als Hilfs- und nicht
als Hauptmaterial.
Amerika, welches in so vielen technischen Fragen
so viele Lösungen nützlicher Probleme erreicht hat, sah
auch die ersten Häuser aus Eisen. Freilich würde so
mancher mittelalterliche Recke, der dem Gotte, der Eisen
wachsen ließ, den Gebrauch dieses Metalles nur für
Waffen und edle Rüstung gestatten wollte, ob dieser
Mär absonderlich erstaunen. Daß der Bau in Ländern,
wo es viel des schwarzen Eisensteines, doch wenig Lehm
und Sandstein gibt, eine Zukunft besitzt, liegt auf der
Hand. Diese amerikanischen Wohnhäuser in zerlegbarer
Eisenkonstruktion mit einem oder zwei Wohnräumen
boten dem Touristen, Goldgräber, angehenden Kolonisten
einen bei häufigem Domizilwechsel leicht transportablen
und rasch aufstellbaren Wohnraum.
In Europa hat man wohl in Ausstellungen derartige
Eisenhäuser gesehen, doch ist es niemandem eingefallen,
dieselben für Wohnzwecke zu benützen. Verwendung
derartiger Eisenpavillons, Wacht- und Wohnhäuser zu
obgenannten Zwecken fanden allseitigen Beifall und nur
in neuester Zeit hat man öffentliche Anstandsorte mit
mehreren gesonderten Räumen eingerichtet.
Im eisenreichen Westfalen mit seiner gewaltigen
Eisen- und Stahlindustrie und den benachbarten Rhein
gegenden wird der Bau von Eisenhäusern mit Erfolg
eingeführt. Es ist wohl ein ungewohnter Anblick, auf
steigende Mauern und Wände statt von bedächtigen
Maurern von rüstigen Schlossergesellen aufführen zu
sehen und ein eigentümliches, erkaltendes Gefühl mag
jeden bei der Vorstellung ergreifen, in diesem Hause zu
wohnen. Dieses eiserne Haus steht schon viele Jahre
vollendet in der Lütticherstraße der alten Kaiserstadt
Aachen und niemand sieht es wohl demselben an, daß
der mit Ölfarben gestrichene und bemalte Bau aus
kaltem, starrem Eisen errichtet ist. Wem das Leben in
den allgemein üblichen turmartigen Wohnungen nicht
zur zweiten Natur geworden, der kann sich eine so ein
ladende, bequeme Wohnstätte nur wünschen. Da das
Gebäude an der nördlichen Seite von dem nachbarlichen
W r ohnhause 0*5 Meter absteht, an der südlichen und
westlichen Seite vom freien Felde begrenzt wird, gegen
die 24 Meter breite Straße noch 3 Meter zurückliegt und
als Hintergrund den mit Villen verzierten Krönungshügel
enthält, so ist dessen Lage eine sehr bevorzugte und
gesunde.