Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 76. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 9. 
Protokoll 
der am 22. April 1906 im Gasthause „zur Austria“ in 
Linz, Harrachstraße, abgehaltenen Generalversammlung 
des Vereines der Baumeister in Oberösterreich. 
Anwesend waren die Herren: Franz Weikl, Rudolf 
Urbanitzky, Rudolf Seidl, Gustav Steinberger, 
Matthäus Schlager, Karl Feichtinger, Ernst Hill 
brand, August Holzleitner, Franz Steinbacher, 
Hans Traun mül ler. 
Entschuldigt waren die Herren: Josef Sch recke n- 
eder, Franz Aichinger. 
Präzise 3 Uhr eröffnet der Vorsitzende, Herr Obmann 
Franz Weikl, die Versammlung und hält, bevor in die 
Tagesordnung eingegangen wird, einen tiefempfundenen 
Nachruf für das im Jahre 1905 verstorbene Vereins 
mitglied Baumeister Franz Pr einesberger in St. Florian 
und ehrt die Versammlung das Andenken dieses Vereins 
mitgliedes durch Erheben von den Sitzen. 
Tagesordnung: 
1. Verlesung der Protokolle der letzten General-Ver 
sammlung und der Vereinsversammlung vom 29. Ok 
tober 1905. (Die Fassung des Protokolls wird ge 
nehmigt.) 
2. Verlesung der Einläufe des Jahres 1905 und der er 
folgten Erledigung derselben. 
3. Vorlage des Rechnungsabschlusses pro 1905 und des 
Präliminares pro 1906. 
Das Vermögen des Vereines beträgt mit 1. Jänner 
1906: an Bargeld K 48*22 
Sparkassebuch der städtischen Sparkasse 
samt Zinsen „ 479 48 
Postsparkasse laut Kontoauszug 234*20 
Insgesamt K 761*90 
4. Allfällige Anträge und Anfragen. 
Nach Erledigung der Tagesordnung referiert Herr 
Baumeister Feichtinger über die im Jahre 1905 in 
Wien stattgefundene Delegationssitzung. 
Bei dieser Delegationssitzung hat die Vertretung 
unseres Baumeistervereines vergeblich gegen die Absicht 
der Majorität der Delegationsmitglieder Stellung ge 
nommen, daß in Zukunft ,nur mehr die höheren Bau 
gewerbeschulen zur Vorbildung der Baumeister berufen 
sein sollen, so daß nur Absolventen solcher Baugewerbe 
schulen zur Ablegung der Baumeisterprüfung berechtigt 
wären. 
Wir haben in Oberösterreich keine höheren Bau 
gewerbeschulen, aber auch die Alpenländer überhaupt 
haben Mangel an solchen Schulen, so daß den Landes 
kindern die Erreichung der Baumeisterkonzession außer 
ordentlich erschwert wäre 
Beim nächsten Baumeistertage wird diese Frage 
eine Hauptrolle spielen, es ist daher in unserem Interesse 
geboten, daß die Vereinsmitglieder möglichst zahlreich 
am nächsten Baumeistertage erscheinen, um für unsere 
Interessen unter Darlegung der obwaltenden Verhältnisse 
kräftigst eintreten zu können. 
Es wäre auch an den Verband der Baumeister 
vereine das Ersuchen zu stellen, eine Resolution zu 
beantragen, daß in Linz eine höhere Baugewerbeschule 
errichtet wird. 
Herr Direktor Seidl: Ich wurde aufgefordert, mich 
über die Einbeziehung der Vororte mit einem Juristen 
ins Einvernehmen zu setzen. Ich habe mit Herrn Doktor 
Peyrer verhandelt. Wir sind zu dem Schlüsse gekommen, 
daß, nachdem hier in Linz die Angelegenheit der Ab 
änderung der Bauordnung noch in Schwebe ist, es nicht 
angezeigt wäre, einzig diesen Punkt herauszugreifen. 
Ich habe Herrn Dr. Peyrer gebeten, ein Gesuch zu ver 
fassen, in welchem unsere Bitte an den Gemeinderat ent 
halten ist, nachdem sich der Gemeinderat mit einer Um 
änderung der Bauordnung für Linz beschäftigt, auch 
diese Frage der Lösung zuzuführen. 
Herr Baumeister Feichtinger wendet sich gegen 
die Ansicht des Vorredners und meint, daß auf diese 
Weise noch lange Jahre auf eine Einbeziehung der Vor 
orte in den ausgenommenen Ort Linz gewartet werden 
müßte, er stelle daher den Antrag, daß sogleich eine 
Eingabe bezüglich Einbeziehung der Vororte verfaßt und 
eingebracht werden müsse und zwar an die k. k. Statt 
halterei. 
Herr Baumeister S t e i n b e r g e r schlägt dagegen 
vor, daß der Verein sich vorerst nach Salzburg an die 
maßgebende Stelle wenden solle, um zu erfahren, auf 
welche Weise Salzburg die Einbeziehung der Vororte 
erreicht hat. (Einstimmig angenommen.) 
Herr Baumeister Feichtinger bemerkt, daß die 
Regelung der ausgenommenen Orte ein Punkt des 
Programmes des nächsten Baumeistertages bildet. 
Herr Baumeister Feichtinger: Ich habe eine Ein 
ladung bekommen vom Verein der Techniker Oberöster 
reichs zur Festversammlung anläßlich des 25jährigen 
Vereinsjubiläums; ich beantrage, daß ein Festgruß an 
diesen Verein gesendet werde. (Einstimmig angenommen.) 
Herr Direktor Seidl legt den Entwurf einer Ge 
schäftsordnung der Industriellen betreffs Regelung der 
Arbeitsverhältnisse vor und beantragt, daß die Frage 
der Abwehr unberechtigter Streiks von den Vereins 
funktionären studiert und das Resultat einer Vereinsver 
sammlung zur Beschlußfassung vorgelegt werden soll. 
(Angenommen.) 
Nach dem Schlußworte des Herrn Vorsitzenden 
wird die Generalversammlung um 1 \2 6 Uhr abends ge 
schlossen. 
Über Theaterbau. 
Y. 
Das moderne Proszeniumsportal ist überhaupt jener 
Teil des Theaters, von dem geglaubt wird, daß an dem 
selben die größte dekorative Architektur entwickelt 
werden mußte. Und mit Unrecht. Die Erfahrung hat 
eben gelehrt, daß durch besonders reich gegliederte 
breite Portale die ganze Akustik des Zuschauerraumes 
leidet. Da werden nicht Halbsäulen oder Pilaster, sondern 
ganze korinthische oder Barocksäulen am Proszenium oft 
ohne besondere architektonische Motivierung aufgebaut, 
dazwischen käfig- oder kolombarienartig Diminutivlogen 
hineingelegt, aus dem Proszeniumsrahmen ein ganzer 
Porticus triumphalis gestaltet, der zumeist mit der recht 
schäbigen und bizarren Einrichtung des Zuschauerraumes 
disharmoniert. Eine solche Überladung findet sich be 
sonders in den im Barock- oder Rokokostil ausgeführten 
Theatern, an denen besonders Frankreich so reich ist. 
Als nicht nachahmenswertes Beispiel wäre da zu nennen 
das Theatre lyrique national in der Maltastraße in Paris, 
Gymnase, Vaudeville, Variötetheater derselben Stadt. 
Wahrhaft beängstigend sind auch die käfigartigen Portal 
logen des alten Theaters im Palais royal und erscheint 
es, wenn auch nicht sachgemäß, doch als Regel bei den
	        
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