Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 68. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 8. 
Über Theaterbau. 
IV. 
Theaterruinen griechischen Ursprungs finden sich 
auch in Griechenland, in Größgriechenland, dem jetzigen 
Sizilien, vor. 
Die römischen Theaterreste sind in den meisten 
Ländern zu finden, die einst unter der römischen Welt 
herrschaft standen und reichen selbst nach England und 
Ungarn, so bis Aquincum bei Budapest. 
Leider bieten die zahlreichen aufgefundenen Ruinen 
von antiken Vergnügungsgebäuden mehr archäologisches 
Interesse, als ein technisches Studienmaterial für Theater 
bau und Bühneneinrichtung, da die meisten Theater 
gebäude mit Ausnahme weniger Theater- und Araphi 
theaterbauten, kaum als mehr wie Typen des Grundrisses 
und der Größe betrachtet werden können. 
Als eine Ausnahme jn Theaterbauten werden nur 
die drei Theatergebäude in Herculanum und Pompeji zu 
betrachten sein, wohl als die besterhaltenen, die auch 
über die Einrichtung der Szene dankenswerte Auf 
schlüsse bieten. Hier mag nur einiges von den beiden 
Theatern in Pompeji erwähnt sein, als den einzigen, die 
dem Architekten von Interesse werden und leicht zu 
gänglich sind. 
Das große Theater in Pompeji, welches bei 035 Meter 
breiten Sitzen über 5000 Personen faßt, wird schon des 
halb interessant sein, weil es sowohl die Einrichtungen 
des griechischen als römischen Theaters besitzt. So finden 
wir hier die von der Orchestra auf die Bühne führenden 
Treppen, obwohl kaum erwiesen, daß hier griechische 
Schauspiele mit Chor aufgeführt wurden. Im Gegenteile 
ist bekannt, daß sowohl das große als das kleine Theater 
seit der letzten Eruption vom Jahre 63 nicht vollkommen 
wieder hergestellt und benützt sind, da bis zum Unter 
gänge Pompeji am 24. August des Jahres 79 nur im gut 
erhaltenen Amphitheater Schaustellungen abgehalten 
wurden. 
Es mag angenommen sein, daß der Bühnenraum des 
großen Theaters noch der Zeit des griechischen Theaters 
angehört und auch das Werk eines griechischen Bau 
künstlers ist, doch ist es zweifellos, daß das „Visorium“, 
der Zuschauerraum mit den gewölbten Umgängen, auch 
ohne dem Zeugnis der erhaltenen Inschrift: „M. Artorius 
primus architektus“ von einem römischen Architekten, 
wahrscheinlich einem in der Stadt wohnenden Künstler 
erbaut wurde. 
Freilich kann auch von den pompejanischen Theatern 
kein Schluß auf die großen römischen Prachtbauten ge 
zogen werden, da Pompeji kaum mehr als eine kleine 
Hafenstadt ohne jeglicher politischer Bedeutung war. Das 
große Theater hat, wie die Schauspielhäuser Roms, drei 
Ränge, „caveae“ und ist durch sechs Treppen in sieben 
Teile, „curci“, geteilt. In der höchsten Sitzreihe, die in 
der Regel von den Frauen benützt und „summa caveae u 
genannt wurde, sind noch die kräftigen Steinringe er 
halten, durch welche die in der obersten Sitzstufe be 
festigten Balken gesteckt wurden, an denen zum Schutze 
gegen die Sonnenstrahlen das dachartige Zelt von ge 
wandten Seeleuten gespannt wurde. 
Den größten Kontrast zum großen oder tragischen 
Theater bildet das kleine oder komische Theater oder 
Odeum, welches zu Vorstellungen der heiteren Muse und 
zu Musikaufführungen benützt wurde. Es faßte nur 
1500 Personen. Dieses Theater hat zum Unterschiede 
von allen bekannten antiken Theatern ein auf Säulen 
ruhendes Dach in Holzkonstruktion, besaß eine voll 
kommene Viereckform, so daß Bühne und Zuschauer 
raum auf jene Art in einen Saal hineingebaut schienen, 
wie wir es in vielen italienischen Theatern des vorigen 
Jahrhunderts finden, nur daß in Pompeji der Stufenbau. 
wenn auch in der Form beeinträchtigt, beibehalten ist. 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß so vieles, was wir 
unter dem Sammelnamen als Bühneneinrichtung be 
zeichnen, im antiken Theater seinen Ursprung findet. 
Das antike Theater war ein Tagestheater, bedurfte daher 
nicht jener vielfachen Behelfe, die unseren modernen 
Theatern unerläßlich sind. 
Die Beleuchtung, einer der größten Ausgabeposten, 
entfiel, und da daher das Feuer im Theater verpönt 
war, auch das Tabakrauchen noch nicht zu den klassischen 
Genüßen zählte, das Theater auch in den meisten Fällen 
aus Stein und Ziegelmaterial erbaut war, so entfiel wohl 
jede Feuersgefahr und hiemit auch alle teuren Vor 
richtungen baulicher Anlagen, Imprägnierungen etc., 
welche unsere vielfachen Theaterbrände zur gesetz 
lichen Pflicht gemacht haben. 
Wurde die Form des Zuschauerraumes in der Wesen 
heit auch für unser modernes Theater gewählt, der Kreis 
oder die Ellipse zum Teile beibehalten, so ist die Ein 
richtung und der Aufbau der Bühne oder Szene der 
antiken Zeit von der unseres modernen Theaters grund 
verschieden. Das antike Theater kannte nicht die 
Menschenmassen, die dekorativen Wunder des modernen 
Theaters. 
Unsere großen Opernhäuser besitzen Bühnen, die 
größer als der Zuschauerraum sind, und häufig steht 
noch eine Hinterbühne zur Verfügung. Wir finden da 
Größenverhältnisse von 1:1. Bildet das Podium unserer 
Bühne zumeist ein Quadrat, so war die antike Bühne, 
die nur für wenig Personen berechnet und für die akusti 
schen Verhältnisse sehr ungünstig war, nur ein langer, 
schmaler Raum, ein Rechteck mit schmaler Breite. 
Nach den Abmessungen antiker Theaterbauten wird 
wohl als Durchschnittszahl das Verhältnis von 6:1 fest 
zustellen sein. So hat das große Theater in Pompeji eine 
Bühne von 33X60 Meter. Die antike Bühne war ein 
freier, unbedeckter Raum. Das moderne Portal des Pro 
szeniums, welches jetzt die Bühne in der Art der Guck 
kästen abschließt, aus dem Theaterbau eigentlich zwei 
Räume schafft, war daher nicht bekannt. Die aufragenden 
Proszeniumsmauern bildeten nicht jenen abschließenden 
Rahmen, wie in unserer Zeit, nur waren als Zweck mehr 
zur Aufnahme der Logen für die Theaterpolizei bestimmt, 
da hier nur konstruktive und nicht wie bei unseren 
überladenen Bühnenportalen zumeist auch dekorative 
Ziele verfolgt wurden. (Fortsetzung folgt.) 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz. 
(Sitzung vom 4. April 1906.) 
Gemeinderat Grub er berichtet über die vorliegenden 
Pläne, nach denen die Kayser-Fabrik in eine fünfklassige 
Schule umgebaut werden soll; die Kosten sind mit 65.000 
bis 70.000 Kronen veranschlagt. Der Referent bemerkt, 
der Bau sei infolge der Überfüllung der Waldeggscliule 
dringlich und müsse heuer noch durchgeführt werden. 
Er beantragt sohin: 1. Der Gemeinderat genehmige den 
Umbau der Kayser-Fabrik zu Schulzwecken nach den 
vorliegenden Plänen und Kostenvoranschlag; 2. die
	        
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