Nr. 5.
Oberösterreichische Bauzeitung.
Seite 39.
die Wände vertäfelt, wie das meistens der Fall war, so
war das Gesims dieser Vertäfelung mit Zinn-, Glas- und
Silbergefäßen, mit Fayence- und Steinzeugwaren bestellt,
bunte Teppiche, auch Porträts füllten den Raum zwischen
diesem Gesims und der Decke und noch einige Holzstühle
vor den Tisch gestellt, die breite Kastenuhr und eine
Waschvorrichtung mit Handtuch an der Wand und die
Einrichtung w T ar fertig. Das Ganze war von echt solidem
Charakter. Alles trug seinen Zweck offen zur Schau
und erfüllte denselben zwanglos und selbstverständlich,
niergends und durch nichts war man beengt, man fühlte
sich sofort in einem solchen Raume heimisch, er war
gemütlich.
Was konnte die französische Einrichtung der deutschen
gegenüber bieten? Das Buffet, jenen Schaukasten für
bessere und kostbarere Geschirre, die häufig genug unter
Verschluß gestellt werden und die ihm verwandte Etagere.
—* Der Deutsche stellte sein besseres Geschirr auf das
Wand vertäfelungsgesims und schmückte dadurch in
Wirklichkeit seine Wohnung! Die Chiffonniere, in welche
die französische Hausfrau ihre Lumpen barg und später
daö Weißzeug und zu gleichem Zwecke die Kommode. —
Der Deutsche hatte hiefür seine Truhen, die eine reiche
Geschichte hatten und von Generationen erzählen konnten,
von der Mutter und Großmutter, als sie neuvermählt ins
Haus zogen und ihren Verwandten und der weitver
zweigten Freundschaft.
Alles im Hause hatte seine Geschichte, jedes einzelne
Stück konnte etwas erzählen und trotz der langen Ge
brauchszeit war noch nichts hinfällig geworden, denn es
war solid gearbeitet und wurde Neues an die Stelle des
Alten gesetzt, so trug es dessen Kleid und Charakter.
Noch hat sich das deutsche Mobilar, wenn auch in
etwas''derberen Formen, ziemlich unverfälscht erhalten in
jenen Gegenden, wo noch die alte Tracht und Sitte der
allgemeinen Nivellierungstendenz Stand gehalten; in den
Bauernstuben der Gebirge und der nördlichen Gegenden.
Es wäre seltsam gewesen, wenn der so ausgeprägt ge
mütliche Charakter derselben bei den zahlreichen Fremden
und namentlich den Künstlern übersehen worden wäre. In
der Tat traten auf den Ausstellungen der letzten Jahre
diese Bauernstuben immer mehr in den Vordergrund,
teils unter diesem Namen selbst, teils unter nationalem
Namen, teils mit einer etwas vornehmer klingenden Be
zeichnung, wie Jagdzimmer u. dgl.
Hier in diesen Bauernstuben ist ein großes nationales
Element vorhanden, das bloß seiner weiteren Ausbildung
durch weitersehende Künstler harrt, um Charakter und
Solidität in unsere Wohnung zu bringen, das deutsche
Zimmer, im Gegensatz zu dem romanischen volkstümlich
zu machen und allgemein einzuführen.
Wenn man die verschiedenen Fachblätter Deutsch
lands für Möbelindustrie durchblättert, so wird man selten
ein Blatt finden, das einen ausgesprochenen deutschen
Charakter hat. Die meisten dieser Publikationen könnten
ebensogut in Frankreich, Italien, Rußland erscheinen.
Wir treffen überall nur Variationen eines und desselben
Themas, der französischen Form.
Eine Wandlung hierin herbeizuführen, ist eine der
würdigsten und edelsten Aufgaben. So groß auch die ent
gegenstehenden und für Mietsbewohner kaum besiegbaren
Schwierigkeiten sein mögen, der Versuch ist ja bereits
gemacht und es handelt sich nur darum, in die . Sache
System zu bringen, daß das deutsche Möbel auch in Form
und Charakteristik wieder werde, was es einst war:
eine vom Ausland geschätzte und begehrte nationale
Spezialität.
Was an den genannten Bauernmöbeln besonders her
vorzuheben ist, das ist die durchgängige Bemalung der
selben. Noch bis in unser Jahrhundert herein sehen wir
hierin eine traditionelle Fertigkeit und einen Farbensinn
walten, die uns den Beifall abzwingen. Man wird kaum
fehlgehen, wenn wir annehmen, daß die Farbenwahl
wenigstens anfänglich von dem ausschließlich dunkelgrün
glasierten Ofen bedingt war. Diese dunkelgrün ange
strichenen Kästen und Schränke, Betten, Tische und
Stühle, mit roten Linien gesäumt und mit höchst einfachen
Blumen verziert, sind bisher immer noch mit wenig Glück
einzuführen versucht worden und doch wären sie einer
größeren Würdigung wert.
Hat der jüngst verstorbene Castellani durch seinen
bei der ländlichen Bevölkerung Italiens gesammelten
Schmuck der italienischen Goldschmiedekunst den
mächtigsten Anstoß gegeben, haben die originellen
Stickereien der südslavischen Bäuerinnen unsere moderne
Stickerei ganz wesentlich beeinflußt, haben unsere alten
Tisch- und Handtücher mit den eingestickten einfachen
Borden den Weg in alle Wohnungen und Kreise gefunden,
hat die altfriesische Bauernstube auf der Münchener Aus
stellung 1888 mehr Interesse erweckt, als alle die gold
schimmernden Rokokosalons, so darf man wohl auch mit
einigem Recht der Hoffnung sich hingeben, daß der
Deutsche imstande sei, nach dem noch vorhandenen
Material sich wieder eine Einrichtung zu schaffen, die
den Stempel seiner innersten Eigenart, der Gemütlichkeit,
trage und dadurch von denen aller anderen Nationen,
namentlich der romanischen, sich unterscheide.
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Linz.
(Sitzung vom 14. Februar 1906).
Gemeinderat Beyer referiert über den geplanten
Linzer Realschulbau und teilt mit, daß über An
suchen des Gemeinderates schon voriges Jahr das Mini
sterium für Kultus und Unterricht für den Bau einen
Beitrag von 200.000 K unter der Bedingung zusicherte,
daß der Schulbau nach wesentlich erweiternden Plänen
als man ursprünglich entworfen hatte, durchzuführen sei.
Die Direktion der Realschule habe aber dem Gemeinderat
bekannt gegeben, daß die neuen Pläne den voraussicht
lichen Bedürfnissen entsprechen. Die angestellten Be
rechnungen haben aber auch ergeben, daß der Bau
nicht, wie die Staatsverwaltung meinte, um 430.000 K her
zustellen sei, sondern nach den neuen Plänen mindestens
800,000 K kosten wird, welche Last die Gemeinde nicht
leicht zu ertragen vermag. Es wird daher gebeten, die
Beitragsleistung von Seite des Staates von 200.000 K
auf 300.000 K zu erhöhen, welchem Antrag sämtliche
Gemeinderäte zustimmten und der somit auch ange
nommen wurde. Nach dem Anträge des Gemeinderates
Dr. Pötsch wird den Ansuchen der „Oberöster
reichischen Baugesellschaft“ die Parzellierung bei den
Stockbauergründen bewilligt. Gemeinderat Beyer be
antragt ferner, die Bauarbeiten für den Schulbau am
Römerbetg sofort auszuschreiben und als Endtermin
für die Einreichung der Offerte den 15. März zu bestimmen.
(Angenommen).
Schließlich beantragt Gemeinderat Wolf das vor
liegende Projekt für den Ausbau der städtischen
Sch wimm schule zu genehmigen und die Ausschreibung