Nr. 24.
Oberösterreichische Bauzeitung.
Seite 205.
Mehrerlei Kunstfreunde.
Alle Menschen lieben die Kunst, entweder . als
Schaffende oder als Genießende. Unter den letzteren sind
die Kunstfreunde; die Kunstwerke sind ihre Genußobjekte.
Aber die Freude daran wird nicht bei jedem durch die
gleiche Ursache geweckt, denn gerade der künstlerische
Genuß ist vom Bildungsgrade des Beschauers abhängig.
Viele unserer Tageskritiken über ausgestellte Kunst
werke sind nur für Kenner geschrieben; dem Laien gegen
über müßten ganz andere Dinge betont werden. Dem
guten Kenner, der eine tüchtige Bildung genoß und schon
tausenderlei sah, ist in der Regel der dargestellte Gegen
stand ohne besonderen Wert und Reiz. Br bewundert
die Komposition, den geistigen Gehalt, die Stimmung,
die Technik, die Lösung des Beleuchtungsproblems, das
sich der Künstler stellte, die Farben- und Formen-
gebung u. a. — Der Laie und das Kind werden in der
Regel nur durch den Stoff gefesselt, falls er bekannt ist,
denn er wendet sich an das Gefühl; allenfalls ist es noch
die Art der Darstellung, die ihm das Ganze „wie natürlich“
erscheinen lassen. Insofern nähert sich der Genuß des
Laien dem des Kenners; auch er bewundert.
Als Kaiser Karl V. und Papst Clemens VII. Florenz
belagerten im Jahre 1529, da suchte man die Belagerten
dadurch nachgiebig zu machen, daß man ihre Besitzungen
außerhalb der Bollwerke verwüstete. Dieses Schicksal
brach auch über die Abtei San-Salvi herein — aber es
blieb beim Beginn. Das große Freskogemälde „Christi
Abendmahl“ von Andrea delSarto (geboren 1488 zu Florenz)
vollbrachte dieses Wunder an den plündernden und zer
störenden Landsknechten. „Unverwandt starrten sie das
Kunstwerk an, und nachdem sich Auge und Seele daran
satt getrunken, verließen sie still und erhaben die Abtei.“
Der Schöpfer des Bildes erlebte noch diesen unvergleich
lichen Triumph und die so ergreifende Huldigung; er
starb ein Jahr später.
Kunstverständnis oder -kennerschaft hat diesen Söld
nern so gut gefehlt, wie heute noch dem großen Haufen.
Aber der Stoff war ihnen bekannt genug, dazu der
Kontrast der dargestellten heiligen Handlung mit ihrem
eigenen unfriedlichen Tun: ihr innerstes Empfinden, das
noch nicht ganz verschwunden sein mochte, wurde dadurch
getroffen. Man war übrigens bei aller Sittenroheit jener Zeit
doch sehr kirchenfromm, zumal in Italien. Heilige Scheu
und Beschämung, also durchaus Stimmung von rein
moralischem Geschmack wurde sicherlich bei ihnen, den
Laien, in erster Linie ausgelöst, bei diesem Stoffe und
dieser Gelegenheit.
Unter solchen Umständen wird der naive Beschauer
gepackt, vielleicht gar überrieselt ihn ein Schauer. Der
Kenner hat diese Fähigkeit in der Regel verloren, er ge
nießt nur ästhetisch, er ist allenfalls entzückt, er ist
mehr Kritiker. Dem Laien entsteht vielleicht noch ein
Genuß durch jene Art mehr unbewußter Bewunderung,
die in dem stolzen Bewußtsein wurzelt, daß ein Mensch,
also seinesgleichen, und nicht die Natur, solch Werk
vollbringen konnte. Er ist mit dem echten Kenner hierin
eines Sinnes.
Die dritte Art Kunstfreunde sind die Kunstschwätzer.
Diesen bereitet ein Werk nur dadurch Genuß, insofern
es ihnen Gelegenheit gibt, ihre „Kenntnisse“ auspacken
zu können, die möglicherweise nur aus der satirischen
„Anleitung zur Kunstkennerschaft“ stammen. Sie „be
wundern“ das Kunstwerk mit vielen Worten, aber doch
ohne Ehrfurcht: sie sind „entzückt“ und empfinden doch
nichts von der Weihe, die von ihm ausgeht; sie zerlegen
es nach verschiedenen Gesichtspunkten, wie der Schüler
ein Gedicht, um aus den Teilen einen deutschen Aufsatz
zu machen. — Mit dieser Art wird die künstlerische
Erziehung ihre liebe Not haben.
Viertens die Ignoranten; aber hier sind nicht so sehr
die „Nichtwissenden“ als vielmehr die „Nichtfühlenden“
gemeint. — Ihr Genuß besteht darin, einen Fehler zu
entdecken. Selbst der Fliegenschmutz am Werk würde
ihnen genügen. Mit erbärmlicher Genugtuung freuen sie
sich des aufgefundenen Mangels und merken nicht, daß
sie eigentlich über den ihnen wahlverwandten Punkt
glücklich sind.
Die Hämischen scheinen noch die Erträglichsten zu
sein, ihrer Galle wegen kann man ihnen verzeihen.'
Die Unleidigsten sind die Witzler. — Man kann
schließlich an jedem Ding etwas zu witzeln finden; der
Mitfühlende, der Sinn hat für das ganze Dargebrachte,
verzichtet aber darauf. Nur jener nicht, denn ihn reizt
der Beifall, den seine Katerideen bei denen finden, die
gleichen Geistes mit ihm sind. Die Witzler verbergen
nur ihren mangelnden poetischen Sinn hinter ihren Possen.
Nichts ist ihnen heilig; so sind sie die Störer jeder auf
kommenden besseren Stimmung. Sie gleichen jenen
schlechten Menschen, die die schlimme Gabe haben,
durch ein Scherzwort gegen jemanden Stimmung zu
machen; und wäre das- auch nur auf kurze Zeit, so ist
das schon ein Verlust. — Da diesen Ignoranten das Alte
durch die Länge der Zeit geläufig und gewöhnt ist, so
finden sie natürlich am Neuen die meisten Reibflächen,
an denen sie ihre Kalauer entzünden.
Wie die Kunstschwätzer reden diese Ignoranten nur
aus persönlicher Eitelkeit, vielleicht ist auch ein Stück
Neid mit dazwischen. Beide Arten finden sich vorwiegend
in den gebildeten Berufen, und das ist schmerzlich
zu beklagen. Z. Z.
Lokale Baunotizen.
Tom Städtischen Volksgartensalon. Es ist eine all
gemeine Klage, daß die Ventilation im neuen Linzer
Volksgartensalon vieles zu wünschen übrig läßt und man
daher maßgebenden Orts schon auf Mittel sinnt, um diesen
Ubelstand beseitigen zu können. Dies in Erfahrung
bringend, hat ein Wiener Heiztechniker ein Projekt aus
gearbeitet, in welchem er eine wirksame Lösung der
Ventilierung des Volksgartensalons gefunden haben will
und welches Projekt er demnächst der Stadtgemeinde
Linz zur Prüfung vorlegen wird. Der Projektant glaubt
die Lüftung des Saales durch eine zentrale Heizanlage
nach einem von ihm erfundenen System erreichen zu
können und würde die Umgestaltung der jetzigen Heiz
einrichtung nach seinem Entwürfe keine großen Kosten
verursachen. Wir sind begierig, dieses neue Ventilations
system kennen zu lernen, wissen aber nicht, wo die
Garantie dafür liegt, daß das ganze Experiment nicht
ein verfehltes ist, welches dem schönen Saalbau nur zum
Nachteile gereichen würde.
Gefährliche Konstruktionen. Wie wir erfahren, hat
ein Gemeinderat die Absicht, die Kommission, welche
zur Ausarbeitung der neuen Bauordnung für Linz und
Umgebung berufen ist, dahin aufmerksam zu machen,
daß in manchen Häusern die Mittelmauern auf guß
eisernen Pfeilern aufruhen, was insofern sehr gefährlich