Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 204. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 24. 
handlung der Feuerung gefunden zu haben. Wir wollen 
nicht sagen, daß jedes Öffentliche Gebäude, das große 
Räume besitzt und daher zur Erwärmung einer Zentral- 
Heizanlage bedarf, einen fertigen Maschinisten anstellen 
solle, aber immerhin müßte diese Arbeit von einem Manne 
besorgt werden, der sich in einem Fabriks-Etablissement 
oder anderswo einige Begriffe vom Heizwesen angeeignet 
hat. Auch ein pünktlicher, seiner Pflicht bewußter Mann 
muß der Heizer sein, denn wenn er in der Winterszeit 
statt um 5 Uhr früh erst um 7 Uhr, was leider nicht 
immer konstatiert werden kann, mit dem Anheizen be 
ginnt, so können die Bureau- oder Schulräume um 8 Uhr, 
wenn die Arbeitszeit beginnt, nicht gehörig erwärmt sein, 
und dieser Umstand, der nicht selten in unseren öffent 
lichen Gebäuden, die mit Zentralheizung versehen sind, 
eintritt, ist hauptsächlich die Ursache, weswegen über 
die Zentralheizung geklagt wird. 
Schließlich haben wir noch über die Regulierung 
der Temperaturverhältnisse etwas zu sagen. In jedem 
öffentlichen Gebäude, wo eine neue Zentralheizung an 
gelegt wird, werden zuerst mehrfache Heizproben vor 
genommen und die Handhabung der Regulierung dem 
anwesenden Dienstpersonale mitgeteilt. Wenn also die 
Heizung allerorts zufriedenstellend funktioniert, wenn 
man ferner nach dem heutigen Fortschritt der Heiz 
technik die Heizung sogar nach Graden beliebig stellen 
kann, so ist jede Klage der ungenügenden oder Über 
heizung ausgeschlossen und kann nur auf unrichtiger 
Stellung der Reguliervorrichtung beruhen. 
Nach all den angeführten Gründen glauben wir, daß 
die Gebrechen, die von mehreren Vorständen öffentlicher 
Anstalten den Zentralheizungen zu Last gelegt werden, 
auch bei uns niemals eintreten können, wenn die Be 
dienung der Heizanlage eine richtige ist und. wenn das 
Brennmaterial den vorschriftsmäßigen Heizwert besitzt. 
Durch ein bischen mehr Aufmerksamkeit und Ordnung 
in dieser Sache würde man bald in die Lage kommen, 
die Zentralheizungen nicht als einen Übelstand, sondern 
als eine große Wohltat zu betrachten. Kornlnoffer. 
Die Holzschnitzerei in der Schweiz. 
(Schluß.) 
In vollster Würdigung dieses neuen, lebenskräftigen 
Industriezweiges wurde in Brienz schon vor Jahren eine 
Zeichenschule für angehende Künstler gegründet, die 
teils aus den Opfern des Staates und der Gemeinde, teils 
durch das Schulgeld der Zöglinge unterhalten wird und 
unter der Leitung eines tüchtigen Bildhauers schon die 
herrlichsten Früchte zeigt. Auch wurde in Interlaken ein 
Modellierlehrer angestellt, der einesteils den Zeichen- 
und Modellierunterricht an der dortigen Sekundarschule 
leitet und andernt-eils in der ganzen Umgegend Unter 
richt in diesen Kunstfächern erteilt, so daß nun die Zeit 
nicht mehr fern sein wird, in welcher sich die Holzbild 
hauerei im Oberland zur wirklichen Kunst erhoben haben 
wird. Staat, Schule, Gemeinde tragen gemeinsam die be 
deutende Besoldung dieses Lehrers. Die ökonomische 
Stellung des Schnitzers ist im allgemeinen eine recht 
gute; auch der geringe Arbeiter findet noch eine täg 
liche Einnahme von zwei Franks und der gewandte stellt 
sich auf fünf und mehr Franks. Der Segen dieser Industrie 
zeigt sich denn auch von der Tiefe des Tales bis in die 
obersten Häuschen im Gebirge, am auffallendsten aber 
in ihrem Zentralpunkt Brienz, welcher Ort sich seit einigen 
Jahrzehnten vollständig verändert hat. Schöne neue 
Häuser in ländlichem Stile erheben sich allerwärts, wo 
ehedem niedrige, wetterbraune Häuschen standen. Wo 
aber die Ortschaften schon äußerlich ein so blühendes 
Aussehen annehmen, da muß es auch im Hause, in der 
Familie, in allen sozialen Verhältnissen Licht werden. 
Die Holzskulptur steht nun auf einem sehr soliden 
Boden, den sie durch die glückliche Verbindung der 
Möbelfabrikation mit der eigentlichen Luxusindustrie und 
der daraus entspringenden Mannigfaltigkeit der Erzeug 
nisse betreten hat. Maschinen, teils von Hand, teils durch 
die ewig junge Kraft der schäumenden Waldwasser ge 
trieben, nehmen den Menschen die schwere Arbeit des 
Sägens, Hobelns, Bohrens und Stemmens ab; Modell 
sammlungen und das lebendige Wort des Lehrers zeigen 
dem Arbeiter die Fehler und Mängel seiner Produkte 
und führen ihn bis zur Stufe der Meisterschaft in seinem 
Fache. Und welcher Weg steht dieser Industrie noch offen 
durch Hereinziehung des schwarzen, weißen und rot- 
gefleckten einheimischen Marmors, des Gültsteins, der in 
ungeheurer Masse vorhanden, beim Herausbrechen sehr 
weich und daher leicht zu verarbeiten ist, mit der Zeit aber 
sehr hart, ja durchs Feuer beinahe unzerstörbar wird, des 
Gipses, der Tonerde etc. Kein Wunder, daß sich auch in 
anderen einsamen Hochtälern der Schweiz Regungen zur 
Einführung der Holzbildnerei zeigen, so in Unterwalden 
und Wallis, wo ebenfalls eine große Auswahl des treff 
lichsten Rohmaterials einer Wertveredlung harrt. 
Zu den künstlichen Holzarbeiten, in welchen die 
schweiserischen Fabriken exzellieren, muß man auch die 
Parketterieware rechnen. Tüchtige Wasserkräfte, gute 
Verkehrsmittel und Nähe des Rohmaterials sind die ersten 
Bedingungen zu einer gedeihlichen Entfaltung dieser 
Tätigkeit, da sie auf Massenabsatz durch Maschinenarbeit 
sich gründet. Auch sie hat ihren Hauptsitz im Berner 
Oberland aufgeschlagen und von der Eleganz der dortigen 
Fabrikate geben die reizenden Mosaikbilder der Fuß 
böden in Stadt und Land, die Prachtbauten im Louvre 
und St. Cloud. das rühmlichste Zeugnis. Ein einziges 
Etablissement in Interlaken fertigt jährlich gegen eine 
halbe Million Quadratfuß dieser Arbeiten, welche einem 
Werte von ungefähr vierhundertausend Franks entsprechen. 
Vor fünfzig Jahren wurde von Alt-Großrat Ober zum 
Schlößli in Interlaken die Kinderspielwarenfabrikation 
im Bödeli eingeführt. Unter der Leitung eines tüchtigen 
Fachlehrers wurden 40 bis 50 Knaben zu Spielwareu 
schnitzern herangebildet; das Geschäft berechtigte infolge 
ganz fabriksmäßiger Betreibung und guten Absatzes zu 
den schönsten Hoffnungen, allein sobald die jungen 
Arbeiter sich stark genug fühlten, eigentliche Schnitzereien 
auszuführen, so verließen sie die Anstalt, um in dem 
lohnenden Geschäfte der Holzskulptur zu arbeiten; zudem 
hatte Großrat Ober nicht die Absicht, die Industrie für 
sich selbst auszubeuten; er wollte sie bloß einführen und 
organisieren, um seinen Mitbürgern ein lohnendes Ge 
schäft an die Hand zu geben, aber niemand fand sich, 
der die Leitung desselben übernehmen wollte und ließ 
es der Gründer nach fünfjährigem Bestände wieder ein- 
gehen. Hatten sich auch die Hoffnungen Obers nach 
dieser Seite hin nicht erfüllt, so konnte er doch mit 
freudiger Genugtuung beobachten, wie die Leute, die aus 
seiner Schule hervorgegangen waren, die tüchtigsten 
Künstler des Oberlandes wurden und also seine Be 
strebungen in bedeutendem Maße mitwirkten an der ge 
deihlichen und raschen Entwicklung der Holzskulptur des 
Berner Oberlandes.
	        
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