Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 156. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. ra 
Verhältnisse werden sich ändern; man wird einsehen 
lernen, daß das Kapital, welches man für das Studium 
eines Knabens zu höherer Ausbildung anzuwenden hat, 
in keinem Verhältnisse steht zu den gewärtigenden Er 
rungenschaften einer Beamtenstellung oder dergleichen, 
wo man in vielen Fällen durch eine Reihe von Jahren, 
oftmals durch die ganze Lebenszeit den Sohn ausgiebig 
unterstützen muß, damit er sich in seiner Stellung ohne 
in Schulden zu geraten behaupten kann und es daher 
besser gewesen wäre für ihn und seine Eitern, einen 
Beruf zu ergreifen, in welchem er ohne Hilfsmittel sich 
anständig erhalten kann. Ein Gewerbetreibender. 
Über Badeanstalten und Bäder. 
i. 
Kann man die Geschichte überhaupt als die vor 
nehmste Lehrerin des Menschen betrachten, so ist dies 
vor allem der Fall in der Baukunst. Sie zeigt hier, was 
ein Volk von dem andern erlernte und annahm, wo das 
eine stehen blieb, indem das andere weiterging. 
Zum Baden lud wie von selbst die Natur durch 
Flüsse und das Meer ein, und führte den Menschen schon 
früh auf den Gedanken, diesen Genuß in seine Wohnung 
zu verpflanzen. Schon bei Homer finden wir das Bad 
im Hause als eine gewohnte Sitte. Als Ulysses den 
Palast der Circe betrat, ward ihm zuvörderst das Bad 
zubereitet, nach welchem er mit köstlichem Öle gesalbt 
und mit einem schönen Gewände bekleidet ward. .Auf 
gleiche Weise ward jeder Fremdling, der unter ein gast 
liches Dach einkehrte, zuerst in das reinigende und von 
der Ermüdung der Reise erquickende Bad geführt, welches 
das erste Erfordernis der Bewirtung war. In den fol 
genden Zeiten legte man teils in den Gebäuden eigene 
Badezimmer, teils auch öffentliche Bäder an. 
Wenn aber das Baden selbst bei den ältesten Völkern, 
namentlich des Morgenlandes, im Gebrauch war, finden 
wir die Anlage von künstlichen öffentlichen Bädern 
eigentlich doch erst bei den Griechen, wiewohl sie bei 
diesen keineswegs als selbständige, für sich allein be 
stehende Bauwerke Vorkommen. Sie gehörten wesentlich 
zu den Palästren, jenen Abteilungen eines Gymnasiums, 
wo die Leibesübungen stattfanden. 
Anfangs bediente man sich zum Baden eines nahen 
Flusses und scheint dann, in Ermanglung eines solchen, 
lange Zeit sich mit einem einfachen offenen Schwimm- 
teiche begnügt zu haben, bis endlich förmliche Bade 
anstalten damit verbunden wurden, die jedoch stets nur 
als notwendiges Zubehör der Palästren angesehen wurden. 
Bei den. Römern dagegen trat der Begriff des Bades 
in den Vordergrund und die Thermen gehörten zu 
den eigentümlichsten und großartigsten Anlagen Roms. 
Warme, lauwarme und kalte Bäder wurden in kunst 
reicher Verbindung angelegt; die Säle, für kalte wie für 
warme Bäder, gestalteten sich zu großartigen Schwimm 
teichen, andere dazu gehörige Räume erhielten eine ähn 
liche kolossale Ausdehnung, und die Kunst des Wölbens 
in ihren verschiedenen Weisen fand hiebei die mannig 
faltigste Anwendung. Doch ist hiemit der Begriff der 
Thermen keineswegs abgeschlossen; im Gegenteil war 
in ihnen neben dem Bade, welches allerdings einen der 
Hauptgenüsse im Römerleben ausmachte, alles vereinigt, 
was zur Ergötzlichkeit des Lebens, zum behaglichen 
Müßiggänge dienen konnte, alles, was die Laune des 
Tages an Spielen und Kunststücken mit sich brachte, 
alles, was für Sinn und Auge einen Reiz darbieten 
konnte. Sie wurde von den Herrschern für das Volk 
erbaut und diesem der freie Eintritt zu allen jenen Ge 
nüssen gestattet; sie waren das vorzüglichste Mittel, um 
das Volk, indem es zu den Genüssen der Reichen und 
Vornehmen emporgezogen ward, ganz für den Herrscher 
zu gewinnen und zugleich die edleren Regungen und 
Bestrebungen desselben um so sicherer zu unterdrücken. 
So wurden die Thermen freilich der gerade Gegensatz 
von dem, was die Gymnasien für Griechenland gewesen 
waren. Ihr Name (warme Bäder) ist ohne Zweifel von 
dem der warmen Heilquellen entlehnt, mit denen sich 
(wie heutigen Tags an den Badeorten) die reichsten An 
lagen für den Genuß des Lebens vereinigt hatten, die 
aber nur den Reicheren zugänglich waren. Die all 
gemeinen Zwecke der Thermen machten eine riesige 
Ausdehnung und die Zusammenhäufung der prächtigsten 
Stoffe und Kunstwerke nötig; ihre Ruinen sind zum Teil 
die Fundorte der vorzüglichsten Antiken geworden. Die 
besonderen Zwecke aber waren, je nach der herrschenden 
Mode, sehr verschieden, und so ist es höchst schwierig, 
wenn nicht unmöglich, die Bestimmung der bis jetzt er 
haltenen Räume im einzelnen zu deuten. 
Die ersten Thermen zu Rom wurden durch Agrippa 
üriter Augustus angelegt. — Thermen, von denen sich 
Reste erhalten haben, sind die des Titus und Trajanus 
und des Diocletian. Die beiden letztgenannten waren 
vor allen übrigen durch Größe und Pracht ausgezeichnet. 
Die des Diocletian hatten allein 3000 Badezimmer; der 
Hauptraum derselben ist durch Michel Angelo in die 
Kirche St. Maria Degli Angeli, so wie ein zur Umgebung 
der Thermen gehöriges Rundgebäude in die Capello 
St. Bernardino verwandelt worden. 
Verwandte, doch ungleich weniger bedeutende An 
lagen waren die Nymphäen, Gartenanlagen mit archi 
tektonisch umbauten Quellen und Spielplätzen. Ferner 
ist zu erwähnen, daß außer den Bädern, welche die 
Thermen darboten, in Rom selbst und überall an den 
Orten römischen Verkehres eine Menge öffentlicher Bade 
anstalten befindlich waren, die von Privatpersonen ge 
halten wurden. Beispiele sind die Bäder von Pompeji 
sowie die zu Badenweiler in Deutschland (im oberen 
Breisgau). (Schluß folgt.) 
Für Besucher Roms. 
Zweck dieser Zeilen ist, den Rombesucher auf die 
Schätze aufmerksam zu machen, welche ihm im Museo 
dei scavi Farnesiani offen stehen und kurz den Teil der 
selben zu schildern, welcher den Architekten besonders 
interessiert. Die große Anzahl Wandfresken, welche die 
Wände des Museums bedecken, entstammen einer Reihe 
meistens rechteckiger Zimmer des gefundenen Hauses 
und einem schmäleren, hallenartig überwölbten Gange. 
Die Komposition und Farbengebung entspricht den zu 
Pompeji gefundenen Wanddekorationen. Erstere zeigt 
dasselbe Gerüst perspektivisch gezeichneter leichter phan 
tastischer Architektur, belebt mit Masken, Tiergestalten, 
menschlichen Figuren als Konsolträgern, Akroterien und 
figürliche und landschaftliche Kompositionen umschließend. 
Die Erhaltung der Farbe ist eine wunderbare, dieselbe 
zeigt einen wachsartigen Glanz, der fast dem unserer 
Majolika gleich kommt. 
Die Zeichnung des architektonischen Gerüstes ist 
eine äußerst zarte und feine, die der Masken, Tiergestalten,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.