Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Seite 136. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 16. 
unten hin verlaufende Rinnen erkennen, welche zweifellos 
zur Aufnahme von gewaltig hohen und dicken Mast 
bäumen bestimmt waren, da altägyptische Zeichnungen 
dieser Pylontürme bis auf den heutigen Tag erhalten 
geblieben sind, auf denen man die Mastbäume deutlich 
erkennen kann. 
Diese durch Klammern an der Mauer befestigten 
Bäume trugen an ihrer Spitze bunte Stoffe als Plaggen 
schmuck. In einzelnen Inschriften aus den Zeiten der 
Ptolomäer (323—20 v. Ohr.) werden die beflaggten Mast 
bäume, welche beispielsweise am Tempel Edfu beinahe 
100 Fuß erreichten, in sehr genauer Weise beschrieben, 
wobei sich die Tatsache herausstellt, daß sie nicht ein 
fach nur zur Dekoration großer Passaden dienten, sondern 
daneben noch eine viel wichtigere Aufgabe hatten, denn 
eine der Inschrift lautet : „Dies ist der hohe Pylonbau 
des Gottes von Edfu, am Hauptsitze des leuchtenden 
Horns, Mastbäume befinden sich paarweise an ihrem 
Platze, um das Ungewitter an der Himmelshöhe zu 
schneiden“. ... Und in einer anderen Bauschrift werden 
die Mastbäume an den Türmen mit den Worten be 
schrieben: „Ihre Mastbäume aus dem Aschholze reichen 
bis zum Himmelsgewölbe und sind mit Kupfer des 
Landes beschlagen“. 
Es liegt auf der Hand, daß vier mit Kupfer be 
schlagene, etwa 100 Fuß hohe Mastbäume, aufgestellt 
mit der deutlich ausgesprochenen Absicht, die Unge 
witter zu schneiden, nichts anderes gewesen sein konnten, 
als Blitzableiter in großem Stile. Aber noch eine zweite 
Form von Blitzableitern wird in derselben Inschrift mit 
den Worten beschrieben: „Zwei große Obelisken prangen 
vor ihnen (den Mastbäumen), um das Ungewitter in der 
Himmelshöhe zu schneiden“. Sehr bemerkenswert er 
scheint der Umstand, daß hier als Nebenzweck für die 
Obelisken die Ableitung des elektrischen Funkens, also 
die Funktion als Blitzableiter angegeben wird. 
Bekanntlich laufen nun alle Obelisken an ihrer Spitze 
in eine kleine Pyramide oder das sogenannte Pyramidion 
aus. Nach den Inschriften, die sich auf verschiedenen 
Obelisken eingegraben finden, wurde das Pyramidion 
regelmäßig mit sogenanntem Elektrogolde überzogen, 
das im Sonnenschein meilenweit durch Reflexion strahlte. 
Es ist durch andere Inschriftenfunde sehr wahrscheinlich 
gemacht worden, daß die Spitzen der Obelisken einen 
Überzug aus vergoldetem Kupfer, vielleicht gar aus 
reinem Kupfer trugen, denn ein arabischer Schriftsteller 
erzählt in seiner Beschreibung der damals noch reichlich 
vorhandenen Denkmäler in der Nähe von Kairo, daß 
man auf der Spitze eines Obelisken eine kupferne Kappe 
über dem Pyramidion entdeckt habe, die der zur Zeit 
regierende Kalif herabnehmen ließ, mit der Weisung, sie 
näher zu untersuchen. Es stellte sich sehr bald heraus, 
daß die Kappe nicht, wie man hoffte, aus einem Edel 
metall, sondern aus reinstem Kupfer bestand, das einge 
schmolzen und zur Prägung von Kupfergeld verwendet 
wurde. 
Eine vergoldete Kupferspitze auf einer riesengroßen 
Spitzsäule aus Granit stellte einen Blitzableiter dar, wie 
man ihn sich nicht besser wünschen konnte. War es 
auch nicht der Hauptzweck, den die Aufstellung des 
Obelisken als Blitzableiter vor dem Tempelturme erfüllte, 
so hatten sie doch nebenbei die wichtige Aufgabe, die 
Tempelbauten vor Zerstörung durch Blitzschlag zu 
schützen und die Beobachtung selber, daß der Blitz da 
durch angezogen wurde, mußte sehr bald zur Erkenntnis 
der Anziehungskraft der vergoldeten Metallspitzen auf 
einem sehr hohen Gegenstände, sei es ein Mastbaum, 
bei einem vorkommenden Gewitter fuhren. Diese Blitz 
ableiter im größten Stile, welche je die Welt gesehen, 
„schnitten das Gewitter“ und dienten gleichzeitig zum 
Schutze der zu ihren Füßen liegenden Tempel. — Diese 
Mitteilungen stammen aus einer hochinteressanten 
Studie, welche der berühmte Ägyptologe Heinrich Brugsch 
seinerzeit veröffentlichte. d r. 
Lokale Baunotizen. 
Auszeichnung. Der Kaiser hat dem Baurate des 
Staatsbaudienstes in Oberösterreich, Leopold Petri, 
den Titel und Charakter eines Oberbaurates verliehen. 
Ernennung. Der Minister des Innern hat die Ober- 
Ingenieure Karl Langthaler und Anton Sch edle 
zu Bauräten für den Staatsbaudienst in Oberösterreich 
ernannt. 
Todesfall. Am 1. August hat der Ingenieur der 
Statthalterei in Oberösterreich, Herr Alois Nieder- 
dorfer, durch einen Absturz auf dem Großvenediger 
seinen Tod gefunden. Die treuen Freunde des Verun 
glückten haben es veranlaßt, daß die Leiche auf dem 
Friedhofe zu Neukirchen im Pinzgau zur ewigen Ruhe 
bestattet wurde, wofür ihnen der beste Dank gebührt. 
Die Statthalterei verliert an dem Verstorbenen einen 
tüchtigen und pflichtgetreuen Beamten. 
Ein Gönner unseres Blattes schreibt uns: Jedem 
aufrichtigen Freunde wahren echten Deutschtums wird 
die in den letzten Jahren in den Vordergrund getretene 
Bewegung zugunsten der schönen alten bäuerlichen 
Kunst in Oberösterreich und Salzburg sicherlich im 
tiefsten Innern befriedigen. Ob aber mit den angeregten 
Mitteln gerade viel positive Erfolge erzielt werden, das 
bleibt vorderhand fraglich. Wer den Verhältnissen näher 
steht, der w r eiß, daß der Bauunternehmer, der Maurer 
und Zimmermeister für die Verschandelung unserer 
schönen Landschaft in baulicher Beziehung oft am 
wenigsten verantwortlich ist, da er zumeist mit Bauherren 
zu rechnen hat, die einen unbeugsamen Willen haben. 
Nun ist es leicht gesagt, Bauaufträge abzulehnen, für 
jemand, der keine Konkurrenz zu fürchten hat. Wer aber 
den Bauer in Oberösterreich und im Salzburgischen be 
lehren will, der kann von vornherein zu Hause bleiben. 
So ist der Bauer an der Verunstaltung unserer herrlichen 
Landschaften, die jeder Freund der Schönheit fühlt, zum 
großen Teil selber schuld. Wenn wir auf Mittel sinnen, 
hier eine Änderung herbeizuführen, dann heißt es, lang 
sam aufklärend in bäuerlichen Kreisen zu wirken, denn 
nur von einem immerwährenden Einfluß kann eine all- 
mählige Wandlung in bezug auf Errichtung von besseren 
Bauernhäusern in Oberösterreich und im Salzburgischen 
erwartet werden. 
Richtigstellung. In der letzten Nummer unseres 
Blattes vom 1. August 1906 haben sich bei der Notiz 
„Hotelbau in Gastein“ einige Unrichtigkeiten ergeben, 
die auf falscher Information beruhen und daher richtig 
gestellt werden müssen. Richtig zu stellen in der Notiz 
ist, daß der Hotelbau nicht 6, sondern bloß 3 Stockwerke 
erhält, daß die Ausstattung in demselben an Komfort und 
Eleganz den bereits bestehenden Gasteiner Hotels gleich 
kommen wird, und daß schließlich der Bau noch nicht 
vergeben ist, daher die Oberösterreichische Baugesell 
schaft nicht als ausführendes Unternehmen des Hotel
	        
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