Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Seite 24. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Niv 3. 
stehen mußte. Die Darstellungen auf dieser Wand sind 
zum grösten Teil Jahrmarksbilder. So s. B. auf den Fel¬ 
dern links der Eingangstür ein Mann mit einem Spiel¬ 
tisch, ein Seiltänzer, ein Kasperltheater, ein Leierkasten¬ 
mann in zwei Darstellungen. Über der Tür gewahrt man 
ebenfalls zwei Bilder, einerseits mit einem jungen Paare, 
andererseits mit einem Posthalter, ersteres im Begriff, 
sich auf die Reise zu begeben. Auf den Wandfeldern 
rechts der Tür bemerken wir besonders einen Raucher, 
einen Trinker und einen Hausierer. Die Größe dieser 
Bilder ist verschieden. Von einer Anzahl beträgt dieselbe 
56X86 cm, einige andere sind kleiner und größer. Das 
Lokal muß überhaupt in früherer Zeit diesen bildlichen 
Schmuck in noch viel höherem Maße besessen haben, 
denn auch die Füllungen des einen Fensters, durch wel¬ 
ches man nach dem Platze blickt, sind mit Blumen¬ 
kränzen bemalt. Desgleichen befinden sich auf der an¬ 
fangs genannten Fensterwand im Hintergrund des Zim¬ 
mers einzelne solcher Malereien, z. B. eine Landschaft, 
ein Blumen-, ein Fruchtstück. Auch der erwähnte Stütz¬ 
pfosten trägt eine figürliche Darstellung. 
Auf diese Weise also ist das kleine Lokal in ein 
ganz originelles Gewand gekleidet, das unbedingt jeden 
interessieren wird, der es kennen lernt. Man darf sich 
freilich von der grausamen Unbeholfenheit, womit sich 
die Malereien in Zeichnung und Technik präsentieren, 
nicht abschrecken lassen — worauf es allein ankommt, 
das ist der Gedanke, der einstmals den Auftraggeber 
und den Maler erfüllte, als sie daran gingen, diese De¬ 
koration ins Werk zu setzen. Denn was. die Ausführung 
an sich anbetrifft, so läßt diese freilich sehr viel zu 
wünschen übrig. Die Malereien mögen vielleicht 100 bis 
120 Jahre alt sein; das Kostüm der Geschilderten gibt 
einige Anhaltspunkte zu dieser Annahme. Sich näher zu 
orientieren, war keine Zeit vorhanden, die besitzende 
Familie Klein selbst, die im übrigen die Bilder gegen¬ 
wärtig sehr getreu hütet und ehrt, wußte nur anzugeben, 
daß dieselben noch nie renoviert seien, daß sie bis vor 
ungefähr zehn Jahren völlig unkenntlich gewesen und 
damals abgewaschen wurden. Ein Vorfahr habe sie 
malen lassen. Es kann ja möglich sein, daß diese Male¬ 
reien vielleicht einst, von einem armen Schlucker aus¬ 
geführt wurden, der dafür Wohnung, Speise und Trank 
vom Gastgeber als Bezahlung empfangen —- diesem selbst 
aber werden wir auch in einem solchen Falle unsere 
Sympathien nicht versagen, der so sehr auf die Ver¬ 
schönerung seines Lokales bedacht war, trotz der Klein¬ 
heit und Einfachheit desselben. Noch mehr aber werden 
wir jene Alten achten lernen, wenn wir in den ersten 
Stock des Hauses hinaufsteigen und dort das Wohn¬ 
zimmer der Familie betreten. Wir entdecken in dem¬ 
selben eine etwa zweihundertjährige Stuckdecke, figür¬ 
lich und ornamental, wenn auch sehr unvollkommen, 
doch in einer Fülle komponiert und dazu ein Ölgemälde 
einfassend, wie wir eine solche Dekoration in einem so 
unscheinbaren Gebäude wahrhaftig nicht vermuten wür¬ 
den. Auch die Fachwerkbalken der hohen schmalen 
Giebelfassade, welche gegenwärtig vom Verputz voll¬ 
ständig bedeckt werden, sind, wie mir die Besitzerin 
mitteilte, in Schnitz werk ausgeführt. An dieser Art und 
Weise, nämlich wie man in jeder Beziehung auch bei 
einfachen Verhältnissen die Kunst heranzog und ihr ein 
Tätigkeitsfeld gab, könnte sich unsere Zeit allerdings 
ein Beispiel nehmen. Ich selbst werde mich des ange¬ 
nehmen Zufalles, der mich in jene Räume führte, immer 
mit Freuden erinnern, nicht zum wenigstens auch mit 
Beziehung darauf, daß man in der ,, weißen Taube“, was 
Wohnung und Verpflegung anbetrifft, ganz vortrefflich 
aufgehoben ist. 
Lokale Baunotizen. 
Zur Auspflasterung der Fahrbahn in der Herren¬ 
straße. Wohl in keiner anderen Straße in Linz steht 
die Breite derselben zu dem regen und geräuschvollen 
Verkehr in so schreiendem Mißverhältnis als in der 
Herrenstraße und zwar in der Strecke vom Domherrn¬ 
hof bis zur Promenade. Der Lärm, den das Wagen¬ 
gerassel verursacht, stört den geschäftlichen Verkehr in 
den Läden so erheblich, daß man oft längere Zeit warten 
muß, um sich mit den Kunden verständigen zu können. 
Mit einem gewissen Neid blicken die Geschäftsleute all- 
dort auf die Straßenabteilung in gleicher Straße gegen 
die Bischofstraße zu, die nicht mit St ein Würfel, sondern 
mit Asphalt gepflastert ist, das die Wagen geräuschlos 
passieren läßt und beim Reinigen keinen solchen Staub 
aufwirbelt, der die ausgelegten Waren in den Schau¬ 
kästen in kurzer Zeit unverkäuflich macht. Wie wir ver- 
vernelimen, wollen mehrere Geschäftsinhaberin der Herren¬ 
straße an die Gemeindeverwaltung die Bitte richten, die 
benannte Straße vom Domherrnhof bis zur Promenade 
ebenfalls mit Asphalt pflastern zu lassen, um den ob¬ 
erwähnten Übelständen Abhilfe zu verschaffen, da die¬ 
selben in abträglicher Weise für die Kundenfrequenz 
anfangen sich fühlbar zu machen. 
Brückenbau. Von der Betonbauunternehmung G. A. 
Wayß & Ko. in Wien, Filiale Linz, Volksfeststraße, wurde 
in der Gemeinde Senftenbach im Innkreis über die An- 
tiesen eine neue Brücke gebaut, die in Bezug auf ihre 
Konstruktion als eine Originalität bezeichnet werden 
muß. Die Brücke ist nach dem neuen Bausystem mit 
einer Stützweite von 24 Meter und einer 5 Meter breiten, 
unten gelegenen Fahrbahn, mit horizontaler Konstruktion 
erbaut. Die seitlichen Hauptträger überhöhen die Fahr¬ 
bahn mit 1*5 Meter und haben je neun Öffnungen, wo 
ein Gitter versetzt wird. Dadurch wird zugleich das Ge¬ 
länder gebildet. Die Brücke gewährt einen schönen An¬ 
blick. 
Billige Tischler- und Scliloßerarbeiten. Daß das 
jetzige Submissionsverfahren als ein schädigendes er¬ 
kannt und baldigst beseitigt werden muß, davon mag 
sich die Regierung bei einer im verflossenen Herbste in 
Innsbruck stattgehabten Offertverhandlung, behufs Ver¬ 
gebung der Tischler- und Schloßerarbeiten zu einem 
Staatsgebäude in Tirol, Überzeugung verschafft haben. 
Die auf 20.736 K veranschlagten Tischler- und Schloßer¬ 
arbeiten wurden von einem Salzburger Bauindustrieellen 
mit 40 Perzent Nachlaß erstanden, was in baugewerb¬ 
lichen Kreisen eine große Verstimmung hervorgerufen 
hat. Da soll es den soliden Unternehmer nicht ver¬ 
stimmen, wenn er sieht, daß die Zeit bereits herange¬ 
treten ist, wo sich eine akkreditierte Firma von einem 
Konkurrenzkampf ferne halten muß, weil es Gewerbe 
gibt, die nicht die Höhe ihres Gewinnes, sondern die 
Niedrigkeit des Verlustes zum Maßstabe ihrer Anschläge 
machen. 40 Perzent Nachlaß von 20.736 K, verbleiben 
nicht ganz 12.442 K und dafür will der Ersteher fol¬ 
gende Arbeiten solid und kunstvoll herstellen: 
a) 50 Fenster verschiedenster Größe samt erforderlicher 
Schloß erarbeit;
	        
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