Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Nr. 23. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 199. 
dicken Taglichtern. Sie bekamen für ihre Begleitung 
5 Sous auf die Viertelstunde, wenn sich der Kunde im 
Wagen oder in der Sänfte befand; 3 Sous, wenn er zu 
Fuße ging. Am Gürtel hatten sie eine Sanduhr mit dem 
Wappen der Stadt Paris. 
Wenn man sie engagierte, zündeten sie ihre Lichter 
an, nahmen ihre Taxen entgegen, setzten ihre Sanduhr 
in Gang und dann wurde der Marsch angetreten. Diese 
Einrichtung war noch im Anfänge dieses Jahrhunderts 
in Paris nicht völlig ausgestorben. Größere Fortschritte 
machte die Pariser Beleuchtung durch Nicolas de la 
Reynie, welchen Ludwig XIV. im Jahre 1667 zum Polizei¬ 
direktor (lieutenant-general de police) von Paris ernannte. 
Die Aufgabe, welche der König dem neuen Polizei¬ 
chef stellte, faßte Ludwig selbst in die drei Worte: 
„Reinlichkeit, Helligkeit, Sicherheit“ zusammen. Diese 
Aufgabe zu lösen, war nicht leicht in einer Stadt, in der 
die Straßen bis dahin niemals gereinigt wurden, in der 
es keine irgend wirksame öffentliche Beleuchtung gab 
und in der es von Dieben wimmelte. Auf La Reynies 
Veranlassung wurde schon im Monat September 1667 
ein Edikt wegen der Aufstellung von Laternen in den 
öffentlichen Straßen erlassen. 
Diese Laternen hingen an Stricken, in der Höhe der 
ersten Etage und wurden mit Kerzen versehen. Übrigens 
sollte diese Beleuchtung nur während des Winters vom 
1. November bis 1. März stattfinden. 
Dies genügte den Ansprüchen der Pariser Bürger, 
welche die Vorteile dieser allerdings noch ungenügenden 
Beleuchtung bald würdigten, nicht: sie reichten Bittschrift 
auf Bittschrift ein, um eine das ganze Jahr hindurch fort¬ 
gesetzte Beleuchtung zu erhalten; man berief endlich die 
Notabein der 16 Quartiere, welche damals die Unter¬ 
abteilung der Pariser Stadtverwaltung bildeten, zu¬ 
sammen. Bei der infolge der ausgedehnteren Beleuchtung 
in Aussicht gestellten jährlichen Mehrausgabe sprachen 
sich 10 Quartiere für die Beleuchtung vom 1. Oktober 
bis 1. April, sechs vom 15. Oktober bis 15. März aus 
und wurde ein Edikt vom 23. Mai 1671 erlassen, wonach 
die Beleuchtung vom 20. Oktober bis 31. Mai stattnnden 
sollte. Hiermit war doch ein Mehr von 40 Tagen erreicht. 
Aus dem Jahre 1698 liegt folgende Äußerung eines 
reisenden Engländers über die Pariser Beleuchtung vor: 
„Die Straßen sind hier (Paris) den ganzen Winter 
über erleuchtet, ohne Rücksicht darauf, ob Mondschein 
ist oder nicht, während die Beleuchtung Londons mit 
Rücksicht auf den Mondschein während der Hälfte des 
Monats wegfällt. Die Pariser Laternen hängen in der 
Mitte der Straße in der Höhe von etwa 20 Fuß vom Erd- 
. boden und in einer Entfernung von ungefähr 20 Schritten 
von einander. Sie haben Glasscheiben von etwa 2 Fuß 
Länge und Breite; das Seil, woran sie aufgehängt sind, 
läuft durch ein eisernes Rohr, das in. der Wand des 
nächsten Hauses eingelassen ist und mittelst eines 
Schlüssels geöffnet werden kann. In den Laternen 
brennt man Kerzen, 4 Stück auf das Pfund, welche bis 
Mitternacht ausdauern. Wer die Laternen beschädigt, 
wird mit Galeerenstrafe belegt. 
Aus den Gemeinderats-Sitzungen in Liriz. 
(Sitzung vom 22. November). 
Nach dem Anträge des Gemeinderates Sedlacek 
wird beschlossen, in die städtische Steuer- und Kammer¬ 
kasse, weiter für die Gänge im ersten Stock und für die 
Haupttreppe des Rathauses sowie für die Gänge und 
Treppen im Arrest und in die Wohnungen des Haus¬ 
meisters und Kerkermeisters das elektrische Licht mit 
einem Kostenaufwande von K 416*55 einzuleiten. Die 
Installationsarbeiten werden der Firma Josef Schießl in 
Linz übertragen. 
Gemeinderat Eckl berichtet über ein Ansuchen der 
Oberösterreichischen Baugesellschaft betreffend die Her¬ 
stellung eines Stufenweges von der Sandgasse zur Stock¬ 
bauernstraße. Die Baugesellschaft fragt, ob es ihr gestattet 
sei, den Weg von der Sandgasse zu den in der letzten 
Zeit gebauten Villen auf städtischen Gründen hersteilen 
zu dürfen. Der Referent beantragt: Der Gemeinderat gibt 
die Zustimmung zur Herstellung dieses Stufenweges in 
der Breite von 1*7 Meter durch die Oberösterreichische 
Baugesellschaft und auf deren Kosten und beschließt 
die Übernahme des Weges nach vorgenommener Kol¬ 
laudierung. (Angenommen.) 
Derselbe Referent stellt weiter über ein Ansuchen 
des Johann Bukowansky um Stundung der Trottoir¬ 
herstellung vor seinem Werkstättengebäude, Wiener 
Reichsstraße Nr. 13 L bis 133, den Antrag, die Stundung 
unter der Bedingung zu bewilligen, daß der Gesuchsteller 
den Betrag von K 1100 zugunsten der Stadtgemeinde 
auf seinen Besitz grundbücherlich eintragen läßt. (An¬ 
genommen). 
Gemeinderat Beyer beantragt, die Professionisten- 
arbeiten und Materiallieferungen für den städtischen Haus¬ 
halt in der üblichen Form auszuschreiben und als Einrei¬ 
chungstermin für die Offerte den 9. Dezember festzustellen. 
Lokale Baunotizen. 
Gaswerkseröffnung. Am 26. November, nachmittags 
3 Uhr, wurde das neue städtische Gaswerk in Enns nach 
vorhergegangener Einsegung seitens des Herrn Dechanten 
Falkner feierlichst eröffnet. Wir haben von dieser An¬ 
lage, welche die Firma S. Elster in Wien ausführte, 
schon mehreres berichtet, eine vollständige Publikation 
können wir erst dann folgen lassen, wenn uns die 
Zeichnungen von dem WTerke behufs Herstellung von 
Klischees zu Illustrationen zur Verfügung gestellt werden, 
was demnächst geschehen wird. 
Verhandlung betreffs Umbau des Linzer Staats- 
balinliofes. Über das Projekt für den Umbau des Linzer 
Staatsbahnhofes findet am Montag den 4. Dezember 1. J. 
um 9 Uhr vormittags eine Verhandlung statt. Interessenten 
können das Projekt für diesen Umbau im Amtszimmer 
des Bürgermeisters, Rathaus, I. Stock, bis dahin einsehen. 
Warnung ! Die Herren Hausbesitzer in Linz und 
Umgebung, deren Gebäude mit Holzschindeln eingedeckt 
sind, warnen wir vor den Ankauf einer Schmiere, die 
ein Reisender zum Verkaufe anbietet und die bezwecken 
soll, das Dach feuersicher zu machen. Nach vorgenommener 
chemischer Untersuchung ist diese Mixtur nichts anderes 
als ein verdorbenes Teer, gemischt mit abgestandenem 
Karbolineum, daher für obigen Zweck ganz wertlos. 
19 Millionen Kronen für öffentliche Bauanlagen 
in Linz. Da in unserem letzten Ausweise über die Bau¬ 
tätigkeit in Linz im Jahre 1905 die Bemerkung enthalten 
war, daß weder der Staat, noch die Landesregierung oder 
die Kommunalbehörde im laufenden Jahre in Linz etwas 
bauen ließen, während gerade diese Verwaltungsbehörden 
berufen wären, anläßlich der abzunehmenden Privatbau¬ 
tätigkeit durch die Errichtung neuer öffentlicher Baulich¬ 
t
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.