Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Seite 108. 
Öberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 12. 
bäuden mit Zeichnungen erläutern und beginne mit 
obiger Abbildung einer Scheune. — Es kann nicht meine 
Aufgabe sein, alle verschiedenen Konstruktionen über 
Scheunen hiervorzuführen; die in obiger Zeichnung dar¬ 
gestellte Einteilung ist aber die am meisten gebräuch¬ 
liche und jedenfalls auch die zweckmäßigste. Die Längen- 
und Höhenmaße sind im Grundriß' und im Profil an¬ 
gegeben. In den Front- und Giebelwänden sind ent¬ 
sprechende Ventilationszüge an geordnet. Ebenso in den 
Treppel wänden. Diese Ventilationsziige oder Schächte 
sind in den Wanden derartig konstruiert, daß es z. B. 
von außen unmöglich ist, direkt in den Scheunen¬ 
raum zu sehen, respektive Feuer oder sonstige Gegen¬ 
stände hinein zu werfen. — Die durchgehenden Binde¬ 
balken sind mit den Frontwänden verankert. Im Falle, 
von dem Bauherrn ein fester Bodenraum für etwaige 
besondere Getreidesorten gewünscht wird, so läßt sich 
ein solcher durch Einziehen von Balken leicht herstellen. 
— Die im Profile angebrachten eisernen Konsolen ver¬ 
treten die an dieser Stelle erforderlichen, aber stets 
hinderlichen (punktierten) Streben. 
Über Gasexplosionen. 
Zur Aufklärung für Gaskonsumenten. 
Trotz der unglückseligen Zusammen Wirkung und Ver¬ 
kettung aller denkbaren Mißgriffe und Kopflosigkeiten, 
des bodenlosen Leichtsinnes und unverantwortlicher 
Unterlassungen, wie beispielsweise beim Kingtheater¬ 
brande in Wien, herrscht im großen Publikum noch immer 
die Überzeugung, daß die Katastrophe alldort nicht von 
so entsetzlichen Konsequenzen, von so unersetzlichen 
Verlusten an Menschenleben begleitet gewesen wäre, 
wenn nicht eine Unglückshand das Gas abgedreht und 
dadurch den Theaterbesuchern jede Möglichkeit be¬ 
nommen hätte, sich zu retten respektive den Weg ins 
Freie zu finden. 
Fragt man aber, wie dies geschehen konnte und 
warum auch bei anderen Bränden, wo oft noch vieles 
gerettet werden könnte und gar manches Menschenleben 
nicht zugrunde ginge, wenn nicht das Leuchtgas un¬ 
vernünftigerweise zu früh abgesperrt würde, fragt man 
also, warum dies stets geschieht und sich immer 
wiederholt, so kann man darauf nur die gleichsam 
traditionell vererbte Unwissenheit über die Eigenschaften 
und das Wesen des Leuchtgases, sowie den eigentlichen 
Begriff über Gasexplosion als Grund angeben. Es ist dies 
eine Unwissenheit, gegen die wir noch heute im selben 
Grade anzukämpfen haben, wie es der erste Gasingenieur 
Glegg seinerzeit gegen die Gelehrten der Koyal-Society 
in England tun mußte, als diese der Regierung dringend 
rieten, nur Gasometer von 5000 Kubikfuß zu gestatten, 
worauf Olegg, um die Gelehrten von ihrer unbegründeten 
Furcht hinsichtlich der Explosionsfähigkeit des Gases zu 
überzeugen, einen Arbeiter mit Krampen und Licht rief, 
ein Loch in den Gasometer schlug und mit dem Lichte 
das heftig ausströmende Gas anzündete, das sofort in der 
vollen Größe des Loches herausbrannte, aber durchaus 
nicht explodierte, indem das Leuchtgas — selbst durch 
glühende Röhren geleitet — sich nicht entzünden kann, 
wue es ja auch bei der Fabrikation mit den bis zur 
Kirschrotglut erhitzten Retorten in innigster Berührung 
ist und sich nicht entzündet. 
Um diesbezüglich die Ideen möglichst zu klären und 
den unrichtigen Ansichten über die Gefährlichkeit des 
Gases entgegen zu treten, wollen wir nachstehender Auf¬ 
klärung eines renommierten Ingenieurs für das Be¬ 
leuchtungswesen hier Raum geben. 
Ein explosives Gemenge kann nur dann entstehen, 
wenn sich Leuchtgas vorher mit der Luft in gewissen 
Mengeverhältnissen mischt. Bei einer Mischung von ein 
Volumen Gas auf vier bis fünf Volumen atmosphärischer 
Luft bildet sich noch keine explosive Mischung. Tritt 
jedoch mehr Luft zum Gas hinzu, so wird das Gas ex¬ 
plosiv; bei einem Mischungsverhältnis von ein Volumen 
Gas auf etwa zehn Volumen Luft erreicht die Explodier¬ 
barkeit ihr Maximum, von da nimmt sie wieder ab, und 
bei einem Mischungsverhältnis von ein Volumen Gas auf 
vierzehn Volumen Luft hört sie wieder auf. Bei jeder in 
Gebrauch stehenden Gasleitung findet sich nun das in 
den Röhren und im Gasmesser enthaltene Gas stets ab¬ 
geschlossen von der atmosphärischen Luft und zugleich 
unter einer gewissen Spannung, die ihm von der Gas_ 
fabrik aus mitgeteilt wird und die sich durch die in den 
Straßen liegenden Hauptröhren bis in die einzelnen ab¬ 
zweigenden Privat-Beleuchtungsanlagen fortpflanzt. 
Öffnet man einen Lampenhahn, so strömt bekannt¬ 
lich das Gas jederzeit unter einem gewissen Druck aus 
und ein ähnlicher Druck ist auch im Inneren der ge¬ 
schlossenen Leitungsröhren sowie im Gasmesser überall 
vorhanden. Dieser Druck aber verhindert, daß Luft von 
außen in das Innere einer Rohrleitung eindringen, resp. 
daß in der Rohrleitung oder im Gasometer eine Ver¬ 
mischung des Gases mit atmosphärischer Luft stattfinden 
kann. Und aus diesem Grunde kann im Innern einer in 
Gebrauch stehenden, mit der Straßenleitung in Verbindung 
befindlichen Gasleitung eine Explosion nicht Vorkommen, 
mag die Rohrleitung kalt oder warm sein. 
Strömt Gas aus Rohrleitungen in einem geschlossenen 
Raum aus, so kann sich eine explosive Mischung auch 
in diesem Raume nur dann bilden, wenn das Gas sich 
im unangezündeten Zustande befindet. Wenn aus offen 
gelassenen Hähnen oder aus undichten Stellen einer Rohr¬ 
leitung Gas in ein Lokal ausströmt, so kann eine Mischung 
von Gas und Luft in diesem Lokal entstehen, die beim 
Hinzubringen eines Lichtes explodiert. Glücklicherweise 
gibt sich jede Ausströmung alsbald zu erkennen und wird 
der Geruch, lange bevor eine explosionsfähige Mischung 
sich bildet, ein so intensiver, daß kaum ein Mensch sich 
in einer solchen Atmosphäre aufhalten kann. 
Wenn das Publikum die einfache Vorsicht gebrauchen 
würde, solche Räume, in denen ein solcher Gasgeruch 
sich bemerkbar macht, niemals mit brennendem Lichte 
zu betreten, auch Röhrenleitungen, in denen man eine 
undichte Stelle vermutet, niemals durch Ableuchten mit 
brennendem Lichte zu untersuchen, sondern, wenn man 
in solchen Fällen einfach die Fenster öffnen und das 
Lokal lüften würde, bis zur Untersuchung ein Sach¬ 
verständiger herbeigeholt ist, so würden Gasexplosionen 
zu den Unmöglichkeiten gehören. 
Bei Feuersbrünsten tritt wohl niemals der Fall ein, 
daß Gas unangezündet im geschlossenen Raume aus¬ 
strömt. Beim Ausbrechen eines Feuers ist entweder eine 
größere oder eine geringere Anzahl Flammen angezündet 
oder es ist die ganze Leitung geschlossen. Im ersteren 
Falle brennen die Flammen ruhig fort, im letzteren Falle 
strömt überhaupt kein Gas aus. Erst, wenn entweder 
durch Abschmelzen der Röhren oder durch äußere Be¬ 
schädigung weite Öffnungen in den Röhren entstehen, 
kann mehr Gas ausströmen. Dann ist aber der Brand
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.