Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Seite 156. 
OB BROST K R R EIÜHISOHE BAUZEITUNG. 
Nr. 20. 
worden. Die durch die Beamten gemachten Beobachtungen 
sind graphisch zur Anschauung gebracht. 
München hat eine „Ortspolizeiliche Vorschrift von 
1891 zur Verhütung von Gesundheitsgefährdung und 
Belästigung durch Rauch und übelriechende Gase“. 
Ausgestellt sind Zeichnungen von Feuerungsanlagen 
mit Rauchverminderungs - Einrichtungen verschiedener 
Systeme. Auf graphischen Tafeln ist die Tätigkeit der 
Münchener Rauch- und Russpolizei ersichtlich. Ausser¬ 
dem hängen statistische Tafeln über die Zunahme der 
Kesselanlagen, Rauchverminderungs-Einrichtungen, Plan¬ 
rostfeuerungen aus und Tafeln mit Daten über die Kohlen¬ 
einfuhr Münchens. 
Wir haben hier in der Hauptsache nur den gewerb¬ 
lichen Teil der Ausstellung der Städteausstellung in 
kurzen Zügen behandelt und besonders den baukera¬ 
mischen Betrieben eingehendere Betrachtung gewidmet. 
Selten noch hat eine Fachausstellung einen ähn¬ 
lichen allgemeinen Erfolg errungen. Und das geschah 
wider alles Erwarten. Das Interesse des einheimischen 
und fremden Publikums hat sich für diese hochinteressante 
schöne Ausstellung bis zum Schlüsse erhalten. 
Ausgrabungen in Bosnien. 
Ueber die grossen Ausgrabungen an dem grossen 
Pfahlbau von Dolnja Dolina am rechten Saveufer, 13 
Kilometer unterhalb Bosnisch-Gradiska, hat der Leiter 
Kustos Dr. Truhelka einen ausführlichen Bericht in 
der Serajevoer Museumszeitschrift und einen solchen in 
deutscher Sprache im „Globus“ veröffentlicht. Es heisst 
da: Die bisherigen Ausgrabungen von Dolnja Dolina 
enthüllten in anschaulichster Weise das Lebensbild der 
Pfahlbauer. Mitten in einem fischreichen Flusse woh¬ 
nend, waren sie vor allem vorzügliche Schiffer und 
Fischer. Für ihre Schiffbaukunst gibt uns ein sprechendes 
Zeugnis ein unter dem Roste eines Hauses in einer Tiefe 
von 9 Meter ausgegrabener, aus einem Eichenstamm 
geschnitzter Kahn von zierlichsten Dimensionen und 
sorgfältiger Ausführung. Die Bergung dieses Kahnes 
war mit den grössten Schwierigkeiten verbunden, da sie 
zu einer Zeit erfolgte, wo die Save, im schnellen Steigen 
begriffen, den zum Schutze der Ausgrabungen aufge¬ 
führten Damm zu überfluten begann und nicht minder 
mühsam war das Konservieren des durch und durch 
morschen Holzes. Diese Umstände, sowie die Seltenheit 
derartiger Funde geben diesem Stücke einen hervor¬ 
ragenden Wert. Für den Fischereibetrieb der Pfahl¬ 
bauer geben Fischangeln aus Bronze, ähnlich den 
heutigen, Harpunen aus Knochen, zahllose Netzsenker 
aus Ton, sowie Schwimmscheiben aus Eichenrinde 
Zeugnis. Fischerei war aber nicht die ausschliessliche 
Beschäftigung der einstigen Bewohner des Pfahldorfes, 
denn sie befassten sich auch mit Landwirtschaft. Fast 
in jedem ausgegrabenen Hause fand man verkohlte Vor¬ 
räte von Früchten, besonders Hirse, Weizen, Gerste und 
Bohnen. Als Werkzeug beim Bestellen des Feldes 
dienten aus starken Hirschhornästen angefertigte Hauen 
verschiedener .Form. Als Zuchttiere besass man in grossen 
Mengen das Schwein, Rind, seltener Schafe und Ziegen ; 
als vortreffliches Jagdwild galt der Hirsch, dessen wert¬ 
volles Geweih zu allen möglichen Werkzeugen, Geräten, 
ja selbst Schmucksachen verarbeitet wurde. Teils rohe, 
teils bearbeitete Werkstücke aus diesem Material bilden 
einen ansehnlichen Teil der ausgegrabenen Funde. Sel¬ 
tener war die Jagd auf Rehe und Biber, aber dass von 
glücklichen Jägern auch Auerochsen erlegt wurden, be¬ 
weisen mehrere Schädel- und Knochenfragmente, die in 
den untersten Fundschichten entdeckt wurden. In grossem 
Masstabe wurde von den Pfahlbauern von Dolnja Dolina 
die Tonindustrie betrieben. Zahllose Gefässe und Scherben, 
viele darunter in halbfertigem Zustande, geben von dieser 
Tätigkeit Zeugnis. Neben einem der blossgelegten Häuser 
wurde sogar ein Brennofen entdeckt, in dem sich sogar eine 
grosse Anzahl prismatischer Senkgewichte befinden, von 
denen ein Teil (35 Stück) gargebrannt ist, während der 
Rest, nur halbgar, an der Luft zerfiel. Dieser Ofen be¬ 
weist, dass die Pfahlbauer in vollster Tätigkeit durch 
irgend eine Katastrophe aus ihren Wohnungen ver¬ 
trieben, die angefangene Arbeit ruhen lassen mussten, 
um nur das zu retten, wras ihnen am wertvollsten war. 
Webe- und Senkgewichte wurden fast in jedem Wohn- 
raum gefunden und sie sowie zahllose, oft überaus reich 
mit Spiralen verzierte Spinnwirtel, Tonspulen und Knäuel- 
kerne beweisen, dass die Weiber dieser Pfahlbauern gute 
Hausmütter waren und den grössten Teil ihrer Zeit am 
Spinnrocken oder Webstuhl zubrachten. Dass diese Ur¬ 
einwohner des Savetales es verstanden, ihr Leben auch 
im Hause behaglich einzurichten, beweist der Zimmer¬ 
ofen, welchen sie auf besondere Weise herstellten. Ueber 
ein aus Brettern aufgeführtes Gerüst wurde eine ent¬ 
sprechende dicke Lage Lehm gestrichen und an der 
Aussenseite mit Reihen von mäanderartigen Ornamenten 
verziert. Im Innern war ein Rost angebracht, der aus 
einer siebartig durchlöcherten Tonplatte bestand und 
eine rationelle Ausnutzung der Heizkraft ermöglichte. 
War die Lehmverkleidung genügend trocken, so wurde 
durch vorsichtiges Feuern das innere Gerüst verbrannt 
und der Ofen stand gebrauchsfähig da. Es ist dies er¬ 
wähnenswert, weil man bisher annahm, dass der Zimmer¬ 
ofen eine römische Erfindung wäre und seine Entstehung 
bald mit dem Hypocaustum, bald mit dem römischen 
Töpferofen in Verbindung gebracht wurde, während die 
Ausgrabungen von Dolnja Dolina den Nachweis erbringen, 
dass die illyrischen oder besser keltoillyrischen Barbaren 
des Savetales bereits Oefen bauten, die mit einem Aschen¬ 
roste versehen waren. C h. 
Unsere Knaben dem ^ deutschen Gewerbe. 
Mit Bangen fragt sich so manches Elternpfaar: „Was 
soll der Junge werden? Er hat die Jahre her wacker 
gelernt und ein schönes Zeugnis erhalten. Wie schade, 
dass wir nicht vermögender sind, das gäbe einmal einen 
tüchtigen Studenten 1“ Und je länger sie nachdenken, 
desto besser scheint ihnen die Zukunft ihres Sohnes 
gesichert, wenn sie sich selbst die grössten Opfer, ja 
man kann in vielen Fällen oft ganz ruhig behaupten, die 
grössten Entbehrungen auferlegen, um aus dem Sohne 
einen studierten Herrn zu machen. Es hat sich, Gott 
sei’s geklagt, gerade in den letzten zwanzig Jahren eine 
förmliche „Studierwut“ der mittleren Kreise bemächtigt, 
die mit zu den traurigsten Modekrankheiten gehört. 
Schon wenn der A-B-C-Schütze den ersten Klassenzettel 
mit lauter Einsern der beglückten Mutter jubelnd ent¬ 
gegenhält, kann man in 90 von 100 Fällen den freudigen 
Ausruf hören: „Du bist mein Herzensjunge, Du musst 
studieren!“ Und der Junge hört dies mit Wohlgefallen. 
Bleibt der Junge brav, so bildet er sich in den späteren 
Schuljahren unter der Führung der Lehrer wohl oft ein 
anderes Urteil über die Schönheit der Stände, immer 
aber wird ihn der einmal rege gewordene Eigendünkel,
	        
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