Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Seite 140. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 18. 
im inneren Teile der Stadt, mit den Ergebnissen der 
Zählung des Verkehrs, auf den wichtigeren Strassen der 
Stadt zahlengemäss und graphisch dargestellt. Eine be¬ 
sondere Sorgfalt wird für dieses Gebiet der Stadtein¬ 
richtungen von der vorzüglich verwalteten Stadt Dresden 
gewidmet und steht der ganze Verwaltungsapparat und 
technische Dienst dieser Stadt an erster Stelle in Deutsch¬ 
land. Ein jeder, der Dresden länger kennt oder zum 
erstenmale besucht, muss dies bestätigen, mag er noch 
so sehr vom Lokalpatriotismus befangen sein. Die Ver¬ 
waltung hat auch keine Kosten gescheut, um diese 
Arbeiten charakteristisch in der Ausstellung zu illustrieren. 
So wurde in der Strassenbaugruppe ein umfangreicher 
Anschauungsbau errichtet, der eine Strassenstrecke mit 
verschiedenen Fahr- und Fussbahn-Befestigungen, mit 
der Anordnung im Querschnitt, ihre Entwässerungs¬ 
anlagen und die Verteilung der Versorgungsleitungen 
zeigt. In einer Gruppe aufgestellt finden wir die in 
Dresden verwendeten Strassenbaustoffe und ersehen, dass 
hier beinahe alle Stoffe verwendet und versucht werden. 
In der Halle VI sind die Strassenquerschnitte mit den 
verschiedenen Befestigungsweisen der Fahr- und Fuss- 
bahnen, der Stadtplan mit den verschiedenen Befestigungs¬ 
arbeiten der Fahr- und Fussbalmen, der Stadtplan mit 
den verschiedenen Befestigungsarten, Preislisten für Tief¬ 
bauarbeiten zur Ausstellung gelangt. In dieser Gruppe 
sind noch Chemnitz, Darmstadt, Dessau, Düsseldorf, 
Frankfurt a. M., Halle a. S., Hannover, Königsberg, 
Leipzig, Magdeburg, Stuttgart und Strassburg. Es wurden 
zweckdienliche Stadtpläne mit Darstellungen der Be¬ 
festigungsarten, von Leipzig eine graphische Darstellung 
des Umfanges der verschiedenen Pflasterarten wie der 
Herstellungskosten, Unterhaltung und Reinigung zur 
Ausstellung gebracht. 
Man wird bald in jedem grösseren Gemeinwesen 
den Ruf nach Strassenbahnen hören, denn sie sind zu 
einem unerlässlichen Faktor unserer Zeit geworden und 
haben den Tiefbau in ganz neue Bahnen gelenkt! Wir 
halten es für überflüssig, eine Statistik der deutschen 
Strassen aller Art zu veröffentlichen. Man kann da sagen: 
Waggone sprechen Zahlen 1 In allen Städten regen sich 
geschäftige Hände, um alte Strassenbahnen zu verlängern, 
neue zu errichten, um die grossen Städte mit auch ab¬ 
seits gelegenen Städtchen zu verbinden, in jeder Richtung 
dem Verkehr neue Mittel zu bieten. So haben mittel¬ 
grosse Städte wie Augsburg eine Strassenbahn von 
14 Kilometer Länge, die dadurch an Interesse gewinnt, 
dass sie eine 10°/oige Steigung auf 66 Meter Länge besitzt. 
Mit der Hoch- und Untergrundbahn geht Berlin allen 
deutschen Städten voran, die bekanntlich im Vorjahre 
von Siemens & Halske dem Betriebe übergeben wurde. 
Sie ist in Modellen, Wasserfarbenbildern, Photographien 
u. a. im Raum 55 ausgestellt und bietet ein getreues 
Bild der ganzen hochinteressanten Bauanlage der Hoch- 
und Untergrundbahn, der Haltestellen, Ueberbrückungen, 
Kraftwerke. Unter den Ausstellungsobjekten der Strassen¬ 
bahn Breslaus ist die Luftdruckbremse der Wagen be¬ 
merkenswert, wie die Schutzvorrichtung der Wagen. Sie 
ist als eine Handhabe für die vom Ueberfahren Be¬ 
drohten bestimmt und besteht bloss aus zwei federnden 
Rundstäben, welche an der Stirnseite der Motorwagen 
horizontal angebracht sind. Elberfeld ist die erste Stadt 
Deutschlands, in der für allgemeine Verkehrszwecke eine 
Schwebebahn grossen Stils erbaut wurde. Acht Licht¬ 
bilder führen uns Momente aus dem Betriebe dieser 
Bahn vor, die für ihre Geleise zum Teil den Luftraum 
der die Stadt der Länge nach durchziehenden Wupper, 
zum Teil den über der Hauptstrasse Elberfeld—Sonn¬ 
born benützt. Zu bemerken sind die doppelpoligen Ober¬ 
leitungen der Königsberger Strassenbahn, die zum ersten- 
inale mit Weichen und Kreuzungen ausgeführt wurde. 
Recht praktisch ist auch die Vorrichtung zum Befahren 
der grossen Klappbrücken. Es geschieht dies mittels 
Schwung, da sich wegen der grossen Spannweite der 
Klappbrücken, die Oeffnungen bis 30 Meter besitzen, die 
sonst übliche Konstruktion der Ueberführung der Ober¬ 
leitung mittels Achslager nicht durchführen lässt. Leipzig 
bietet neben den allgemeinen Plänen des Strassenbahn- 
netzes Pflastersteine und Holzpflasterklötze aus ver¬ 
schiedenen Strassen. Wohl jedem, der Leipzig in der 
letfzten Zeit besucht hat, wird aus Erfahrung bekannt 
sein, dass die berühmte Messtadt das dichteste Strassen- 
bahnnetz unter allen Städten Deutschlands besitzt. Be¬ 
dauerlich ist, dass die unter Nr. 1781 geplante graphische 
Darstellung über den Strassenbahnverkehr in den deutschen 
Städten nicht zustande gekommen ist. Sicher waren es 
nicht die grossen Städte, die mit der Einsendung ihrer 
Ausweise diese Darstellung verhindert haben. 
Wie bemerkt, hat der Tiefbau, insbesondere der 
Strassenbau, durch die allgemeine Einführung des elektri¬ 
schen Strassenbalinbetriebes eine vollkommene Wandlung 
erfahren. Kaum 3 Prozent der Strassenbahnen Deutsch¬ 
lands sind Eigentum der Gemeinden, sondern werden 
von Privatunternehmern und Aktiengesellschaften be¬ 
trieben. Es treten daher stets zwei Faktoren in den 
Wettbewerb ein und kann da trotz des Grundeigentums 
und der Oberhoheit der Gemeinden nicht immer eine 
völlige Uebereinstimmung herrschen. Man kann nun 
nicht sagen, dass beim Strassenbau der Städte die beste 
Festlegung und Einrammung der Strassenbahngeleise 
erreicht worden wäre. 
Im allgemeinen sei in Kürze bemerkt, dass der 
Wettkampf zwischen den üblichen, bei uns verwendeten 
Strassenbaustoffen noch längst nicht abgeschlossen ist 
und auch die Strassenbahngesellschaften kein Endurteil 
abgegeben haben. Die Zeit des elektrischen Strassenbahn- 
verkehrs ist auch viel zu kurz, um bei den verschiedenen 
Befestigungstoffen systematisch den Abnützungskoef¬ 
fizienten feststellen zu können. Ob gewachsener Stein, 
Tonpflaster, die vielgenannten Strassenklinker, Holz¬ 
pflaster, Asphalt, Kunststeine, Schlackensteine, Beton, 
Makadam oder Schotterpackung die Vorherrschaft in 
diesem oder jenem Falle, je nach dem Strassenzwecke 
erlangen werden, steht abzuwarten. So habe ich ge¬ 
funden, dass sich das Dresdener System der Schotter¬ 
strassen der Vororte, die nur wenig befahren werden, 
bestens bewährt hat. Die Strassen trocknen auch nach 
starken Regengüssen sehr rasch auf, Schlammbildung 
fehlt und auch die Staubentwickelung ist in der als 
„windig“ bekannten Striesenvorstadt sehr gering. Auch 
empfehlen sich diese Strassenbauten wegen ihrer Billig¬ 
keit. Der Unterbau ist tief, besteht aus einem Packlager 
von Grobschotter aus Granit, Basalt, auf welchem das 
aus festem, zähem Gestein gleichmässig würfelige 
Schottermaterial aufgetragen, bedeckt und mit Dampf¬ 
walzen festgerammt wird. Dampfwalzen wurden noch 
vor einem Jahrzehnt aus England eingeführt. Heute be¬ 
fassen sich bereits sechs inländische Fabriken mit dem 
Bau dieser unerlässlichen Strassenbaumaschinen. Derartige 
alles ebnende Gleichquetschen mittlerer Grösse sind von
	        
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