Volltext: VIII. Jahrgang, 1903 (VIII. JG., 1903)

Seite 130. 
OBÜJRÖSTERRICICH1SOHE•' BAUZ HÜTUNG. 
Nr. 17. 
Ursprung verdankt. Bisher hatte; man fast ausschliesslich 
die Strassendecke möglichst hart konstruiert und auf 
eine elastische Unterbettung gelegt. Man kam zur Ein¬ 
sicht, dass gerade das Umgekehrte, nämlich eine solide 
Unterlage mit einer elastischen, glatten, fugenlosen, un¬ 
durchdringlichen Decke notwendig sei. Material, welches 
diesen Anforderungen vollkommen entsprach und gleich¬ 
zeitig auf Dauerhaftigkeit Anspruch machen konnte, war 
nicht allgemein bekannt.,Es wurden daher zugeschnittene 
Holzwürfel, die Fugen mit Pech vergossen, auf eine 
Betonunterlage gelegt. Man besass mm eine glatte, 
elastische (daher geräuschlose) Deckeallerdings nicht 
fugenlos, noch auch absolut undurchdringlich, und in 
Bezug auf Dauerhaftigkeit liess dieselbe viel zu wünschen 
übrig. 
In der Nähe eines kleines Dorfes mit Namen Travers, 
wenige Kilometer entfernt von der bekannten Stadt 
Neuchätel in der französischen Schweiz, romantisch in 
einem sehr langen, schmalen, von hohen Bergen begrenzten, 
von der Reuse durchflossenen Tale gelegen, hatte im 
Jahre 1712 der in Bern ansässige griechische Arzt Eirinis 
ein mächtiges Asphaltsteinlager entdeckt, das erste, 
welches überhaupt in Europa aufgefunden wurde. Die 
Ausbeutung blieb aber wenig erfolgreich, man verwendete 
den Asphalt als Kitt oder Mörtel bei Abdeckungen und 
Isolierungen, es wurde auch aus demselben ein Oel ge¬ 
wonnen, welches als ; Medikament Verwendung fand. 
Technische Bedeutung erlangte dieses Asphaltlager erst 
etwa 1830, indem man zunächst Trottoire in Form von 
Gussasphalt mit Material aus Val de Travers zu belegen 
begann, und den Franzosen gebührt die Anerkennung, 
zuerst hiemit, sowie auch mit der weiteren Ausnützung 
dieses wichtigen Strassenbaumaterials vorangegangen 
zu sein. 
Fahrwege aus koipprimiertem Asphalt wurden zuerst 
vom Schweizer Ingenieur Meriam im Jahre 1849 im Val 
de Travers ausgeführt. Bei dem Betrieb der Asphalt¬ 
steinbrüche (welche, beiläufig gesagt, erst viel später in 
Tiefbau mit regelrechtem bergmännischen Betrieb um¬ 
gestaltet wurden) hatte; er die Bemerkung gemacht, dass 
das in der Nähe der Werke auf den Chausseen herum¬ 
liegende lose Asphaltgeröll sich durch die Fuhrwerke zu 
einer elastischen Decke komprimiert hatte. Meriam er¬ 
kannte die Wichtigkeit dieser Beobachtung und wusste 
sie praktisch für die Strassenbautechnik zu verwerten, 
er liess den Asphaltstein erhitzen und im heissen Zu¬ 
stande als Pulverschichte einfach auf eine der durch 
das Traverstal führenden Chausseen aufwalzen. Wir 
haben also hier die nachweisbare Geburtsstätte und das 
Geburtsjahr der modernen Asphaltstrasse. Im Jahre 1854 
wurde in Paris in der Rue Bergere vor dem Conservatoire 
de Musique die erste Stampfasphaltstrasse (auf Beton) 
gelegt. 1855 legte man das erste Stampfasphalttrottoir 
und zwar in der grossen Halle des Nordbahnhofes (Gare 
du Nord) in Paris. 
Nachdem nun in kurzen Umrissen die Entstehung 
der Asphaltstrasse dargetan, wollen wir auf die wichtigsten 
Momente näher eingehen, welche heutzutage bei der 
Projektierung von. Strassenpflasterungen ausschlag¬ 
gebend sind. 
Das Profil der Asphaltstrassen ist ein ungemein 
günstiges für den Verkehr. Fahrstrassen im Allgemeinen 
erhalten eine Parabelform und hängt die Wölbungshöhe 
von der Breite der Strasse ab. Es treten in speziellen 
Fällen auch Momente auf, welche es erheischen, dass 
von den Normalprofilen abgewichen vgbrden muss, z. B. 
bei Kreuzungen, ungleichen Trottoirniveaus etc., doch 
hierüber wollen wir in dieser kurzen Abfassung hinweg¬ 
gehen. In Frankreich wurde viele Jahre hindurch und wird- 
auch heute noch die bekannte Formel des verstorbenen 
Chefingenieurs der Stadt Paris, M. Allard, angewandt: 
wo f= Wölbung (Scheitelhöhe des Bogens), 
s = Breite der ;Fahrbahn zwischen den beiden Rand¬ 
steinen, 
c — Koeffizient (für. Asphalt = 0012). 
Darnach würde die Normalwölbung einer 10 Meter 
102 
breiten Fahrbahn 0 012 =: 0T33 „Meter in der 
Mitte sein. Man hät aber schon seit längerer Zeit in 
vielen Städten das Profil erfahrungsgemäss noch flacher 
gehalten. Je grösser das Längsgefälle, desto flacher 
muss die Wölbung sein, eine Notwendigkeit, die häufig 
übersehen wird. Die Formel des hervorragenden amerika¬ 
nischen städtischen Ingenieurs Andrew Rosewater für 
die Wölbung von Asphaltstrassen mit verschiedenen Ge¬ 
fällen wird in Amerika vielfach angewandt: 
wo f = Wölbungshöhe in engl. Fuss, 
s = Breite der Fahrbahn zwischen den Randsteinen, 
i = Gefälleperzent. 
Hieraus ist folgende Tabelle kalkuliert": 
’ Breite der Fahrbahn 
zw, den Randsteinen 
Wölbungshöhe (Asphaltstrassen) 
Längsgefälle 
englische Fuss 
Horiz. 
l°/o 
2°/„ 
o 
CO 
20 
-•30 
-•27 
-•23 
-•20 
25 
—•33 
- -38 
-•29 
—•25 
30 
-•45 
-•40 
-•35 
-•30 
35 
—•53 
-•47 
—•41 
-•35 
40 
-•60 
— •54 
—•47 
—•40 
45 
-•68 
-•60 
—•53 
- *45 
50 
—•75 
-*67 
—•59 
-•50 
55 
-•83 
-•73 
-•64 
—•55 
60 
-•90 
-•80 
-•70 
-•60 
Eine Asphaltstrasse lässt sich äusserst flach kon¬ 
struieren, weil ein geringes Gefälle zur raschen Selbst¬ 
entwässerung genügt, daher gestaltet sich der Verkehr 
auch äusserst sicher über die ganze Breite der Strasse, 
selbst bis dicht an die Rinnsale, was z. B. bei der grossen 
Wölbung einer Steinstrasse nicht der Fall ist, denn auf 
dieser ist es für ein schnellfahrendes Fuhrwerk geradezu 
gefährlich, sich von der mittleren Hälfte verdrängen zu 
lassen. Ausser in Paris wird die parabolische Form für 
Asphaltstrassen jetzt nur noch selten angewandt, es ge¬ 
nügt, dass man vom Scheitel, welcher einfach ein wenig 
abgerundet wird, zwei geradlinie Seitengefälle konstruiert 
und den Rinnsalen ein Extragefälle gibt, und zwar in 
einer Breite von etwa 0’50 Meter. In der Regel genügt 
für die Strasse ein Seitengefälle von P50/0 und etwa 
2 °/0 für das Rinnsal. Was das Längsgefälle anbetrifft, so 
wird 1:60 als das Maximum angesehen, bis zu welchem 
ein Ausgleiten der Pferde nicht zu befürchten ist. Kommen 
grössere Steigungen vor, so legt man ein anderes Pflaster 
(Fugenpflaster) bis zu dem Punkt, wo die Steigung über¬ 
wunden ist. 
Die Dauerhaftigkeit einer Stampfasphaltstrasse, 
unter der Voraussetzung, dass dieselbe mit einem erst-
	        
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