Volltext: VII. Jahrgang, 1902 (VII. JG., 1902)

Seite 2. 
Nr. 1. 
OBER ÖS TER RE 1C HI S GH E BAUZEITUNG. 
theils mit Gas, theils mit elektrischem Licht, während 
die Stockwerke durchgehends mit elektrischem Lichte 
erhellt werden. Wenn es später thunlicli sein wird, 
werden alle Räume im Hause Yereinszwecken zu dienen 
haben. An dem einen Bauplatze gegen die Gemeinde¬ 
strasse zu, wurde ein mit Kastanienbäumen bepflanzter 
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I. Stock. 
Gastgarten angelegt, welcher Raum für circa 500 Be¬ 
sucher bietet. Von guter Geschmacksrichtung zeigt auch 
die Ausbildung der Fagade des Hauses, welche die 
II. Stock. 
deutsche Renaissance würdig repräsentiert. Auf Anord¬ 
nung der neuen Direction der „Oberösterreichischen Bau¬ 
gesellschaft“ kam durch den Anstrich von kräftigen und 
hellen Farben, namentlich durch das „Junggrün“ des 
Giebeldaches über dem Erkerbaue, Leben in das ganze 
Aeussere, was bei jedem kunstverständigen Beschauer 
Wohlgefallen erregen muss. Für die solide Ausführung 
des Baues spricht, schon das Renommee der genannten 
Gesellschaft. ' d. r. 
Die Kunst „billig zu bauen“. 
„Das Bauen ist eine Lust — doch was es kost’, hab 
ich nicht gewusst“, so heisst ein alter Wahrer Spruch, 
und gar manchem . ist es heiss geworden, die dicken 
Baurechnungen ins Reine zu bringen, nachdem der sonst" 
schon theure KostenVoranschlag reichlich;/ überschritten 
war. Wenn wir in Folgendem das Cäpitel „billig zu 
bauen“ etwas beleuchten, so geschieht dies zunächst im 
Interesse derjenigen unserer Leser, welche entsprechend 
der. grassierenden Kleinwohnungs-Calamität ebenso der 
Meinung sind, dass es höchste Zeit wäre, nach dieser 
Richtung hin mit „thatsächlichen Werken“ vorzugehen. 
Dass das „Billigbauen“ keine grössere, Kunst ist als 
das Bauen überhaupt, braucht wohl nicht besonders er¬ 
örtert zu werden, i es kommt bei ersterem vornehmlich 
darauf an, das richtige Baumaterial hiefür zu wählen 
und die Arbeiten derart anzuordnen, dass bei diesen 
beiden Hauptsachen wirkliche Ersparnisse erzielt werden. 
Die altbekannte Behauptung, „dass nichts mehr zu 
ersparen sei“, ist nicht stichhältig, wie wir im Laufe 
dieses Aufsatzes gleich beweisen werden. Der Wider¬ 
stand des conservativsten aller Gewerbe, des Bau¬ 
gewerbes, liegt irgend wo anders, es ist das „Vorurtheil“ 
gegen jede Neuerung, die in unserer Zeit auftritt, und 
der Mangel an kräftiger Eigeninitiative. Daher kommt 
es auch, dass man so oft hören muss, „so lange ich die 
Sache nicht mehrfach gesehen habe, so lange ■kann ich 
mich nicht zu deren Benützung entschliessen“, oder „ich 
will lieber ab warten, bis mein Concurrent die Sache 
probiert u.'s. w.“ -— Die Beweggründe zu einem solchen 
Abwarten sind mehr als durchsichtig und unserer rasch¬ 
fliehenden Zeit unwürdig, wo alles eilt und eilen muss, 
wenn kein Stillstand eintreten soll. Was einst unsere 
alten Maurer mit dem einfachen Kalk an den gross- 
. artigsten und solidesten Bauwerken zu Stande brachten 
und damit Festigkeiten erreichten, die kaum mehr höher 
gewünscht werden konnten, das bringen unsere heutigen 
Werkleute nur noch mit Cement zuwege und das nicht 
einmal sicher, wie man sich genugsam selbst an den 
Neubauten überzeugen kann. Da ist weder von einer 
Ersparnis noch von einem Fortschritt zu schreiben, ja 
selbst die einfachste Oementarbeit erfordert heute einen 
Specialarbeiter, der theurer bezahlt wird als der gewöhn¬ 
liche Maurer, der früher doch mit dem ebenfalls viel 
billigeren Kalkmörtel häufig besseres lieferte. 
Es gäbe Beispiele dieser Art noch manche; wenn 
man sie alle nennen wollte, wäre mancher faule Punkt 
aufzudecken. Merkwürdig dabei ist es offenbar, dass 
der Oonsum des Cementes geradezu in den letzten Jahr¬ 
zehnten an Verschwendung grenzte, während man doch 
nichts Gediegenes an derlei Arbeiten sieht, seltene Fälle 
ausgenommen. Ist beim Bindemittel schon solch ein Auf¬ 
wand im Schwünge, wie gross ist er erst am Baustein? 
Da kommt es vor, dass l£u Staats- oder sonst besseren 
Bauten die Bausteine hundert Meilen weit hergefahren 
werden, weil Brauchbares nicht näher zu haben sei! 
Derartige Fälle sind überaus bezeichnend und da sie 
zahlreich Vorkommen, so ist dies jedenfalls ein Beweis 
von sogenannter Vorsicht der respectiven Bauleiter oder
	        
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