Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 122. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEIT UNO. 
Nr. 16. 
würde man zur Anlage eines kleinen Familienhauses 
sammt Gärtchen benöthigen, was K 6000 ausmacht, und 
die Herstellung des zweistöckigen Gebäudes sammt 
Ausstattung per K 20.000 berechnet, gibt zusammen 
K 26.000, welche Summe doch mindestens mit 5°/o ver¬ 
zinst werden müsste, wodurch sich die jährliche Miete 
oder der Pachtbetrag auf K 1300 stellen würde. Nun 
fragen wir, wie viel es in Linz Wohnparteien gibt, die 
einen Jahreszins von K 1300, mit den Nebengebüren 
K 1400, ertragen können. Wir glauben, nicht viele, da 
hiezu ein jährliches Einkommen von mindestens K 6000 
nöthig ist und solch situierte Familien zumeist schon 
bereits ihre Zinshäuser besitzen, daher sich in weitere 
Speculationen nicht einlassen können oder wollen. 
Da Familienhäuser in der Regel nur auf mehr¬ 
jährige Pachtzeit vermietet werden, so ist dies ein Um¬ 
stand, der es einem grossen Theil unseres Beamten- 
publicums schon der öfteren Versetzung halber unmöglich 
machen würde, Wohnung in einem Familienhause 
zu nehmen. Aus diesen wenigen angeführten Gründen 
glauben wir nachgewiesen zu haben, dass bei uns ver¬ 
mietbare F a m i 1 i e n h ä u s evr sich nicht rentieren dürften 
und man erst dann rechnen kann, dass sich dieselben 
einbürgern könnten, wenn in erster Linie die Zweck¬ 
mässigkeit, für die verschiedenen Gewohnheiten und 
Verrichtungen des täglichen Lebens eigene, von 
einander ab g*fc sonderte Räumlichkeiten zu 
haben, als nothwendig befunden wird. 
Dann wird sich das Capital auch dem Baue von 
Familienhäusern widmen, weil diese dann einen 
praktischen und Ökonomischen Wert besitzen. 
Ed. Kornhöffer. 
Ueber die Schäden des jetzigen Submissions¬ 
wesens. 
Von A. Hoffmann. 
Der Zweck der submissionsweisen Vergebung von 
Arbeiten ist der, dieselben möglichst zu dem wahren 
Werte zu verdingen. 
Die Submission will so die Preise auf einer an¬ 
gemessenen Höhe oder Tiefe erhalten, der Preissteigerung 
durch Monopolisierung sowohl als der Preisdrückung 
durch leichtfertiges Unterbieten, um die Arbeit um jeden 
Preis zu erlangen, entgegenzuarbeiten. Das ist ein wirt¬ 
schaftlich sehr richtiger und wichtiger Standpunkt. Der 
fachmännisch gebildete Ausschreiber einer solchen Sub¬ 
mission, sei er Privattechniker oder Vertreter einer 
Behörde, ist meist in der Lage, genau den wahren Wert, 
d. h. die Richtigkeit einer Offerte, zu beurtheilen, ob 
dieselbe zu hoch oder gewissenlos niedrig ist. Das Sub¬ 
missions-Ausschreiben bewahrt vor Verschwendung 
öffentlicher Gelder zu Gunsten eines einzelnen, ebenso 
wie vor dem unheilvollen Raubsystem unreeller Speku¬ 
lanten, die durch wissentlich falsche und zu niedere 
Preisabgabe ihre ehrlicheren Collegen nicht nur direct, 
sondern auch unzählige Handwerker in weiterer Folge 
beim schliesslichen und unausbleiblichen Zusammenbruch 
aufs äusserste schädigen. 
Die Submission hat aber auch noch den weiteren 
Zweck, bei neuen und eigenartigen und besonders grossen 
Arbeiten, für die Anhaltspunkte noch nicht vorliegen, 
solche bis zu gewissem Grade zu schaffen. Es ergeben 
sich dann Mittelpreise und es wird von vornherein er¬ 
möglicht, solch neue Aufgaben auf dem Gebiete der 
Lieferungen ein gesundes Grossunternehmerthum zu 
schaffen, das durch Ausstattung mit hervorragenden 
Mitteln die Preise der Concurrenz beeinflusst, und so 
ökonomische Fortschritte anbahnen hilft. 
Diese Heranbildung von Grossunternehmerfirmen, so 
wichtig sie für die Entwicklung und den Fortschritt des 
Bauwesens sind, hat allerdings auch eine Schattenseite: 
Das Herabdrücken mindergrosser und capitalkräftiger 
Firmen zu einem gewissen Abhängigkeits-Verhältnis, 
ähnlich wie dasjenige der kleinen Handwerker zum 
Grossbetriebe der Fabriken; das ist die Decimierung des 
guten und soliden mittleren Handwerkerstandes 1 
Dieses Herabdrücken wird allerdings nur zu Zeiten 
eintreten, wenn die Bauausführungen grossen Stils spar¬ 
sam werden; wenn der Grossunternehmer gezwungen 
wird, um sein in Gerüsten, Geräten und Betriebs¬ 
maschinen angelegtes Capital und Arbeitskräfte nicht 
unverzinslich brach liegen zu lassen, sich also auch 
kleineren Unternehmungen zuzuwenden und so dem 
kleinen Unternehmer schwere Concurrenz zu bereiten. 
In solchem Falle können Grossunternehmungen 
geradezu zu einem schweren wirtschaftlichen Schaden 
werden, umso verhängnisvoller, je schlechter die Zeiten 
und je tiefer die wirtschaftliche Depression nach guten 
Jahren hinabsinkt. Das muss aber mit in den Kauf 
genommen werden mit dem Vortheile, den das Gross¬ 
unternehmertum wirtschaftlich bietet, insofern es sich 
um reelle Firmen handelt. 
Völlig anders aber liegt die Sache, wenn Gross¬ 
unternehmungen emporwuchern, deren Leiter es ver¬ 
standen haben, durch marktschreierische Reclame und 
unlauteres Gebahren oder durch sogenannte Hinterthüren- 
politik und Schleichwege sich Grossunternehmungen zur 
Ausführung zu ergattern, zu Preisen, die von vornherein 
den Todeskeim in sich tragen. So werden Lieferungen 
ä tout prix übernommen, nur um mit Lieferungen im 
Gange zu bleiben, und die Unterbilanz der vorher¬ 
gehenden durch den Credit für die neue zu decken. 
Die schliessliche Folge ist der Riesenconcurs, wobei 
eine Unzahl von Lieferanten und kleineren Handwerkern 
mit ins Verderben gerissen werden. Solche Unter¬ 
nehmungen sind ein Krebsschaden und die Unterstützung 
derselben durch Uebertragung von Lieferungen ein Ver¬ 
brechen gegen die Entwicklung gesunder Verhältnisse. 
Daher sollte es die Pflicht der ausschreibenden Behörden 
sein, gegen solche Unternehmer, soweit es irgend an¬ 
gängig, Front zu machen und ihnen unter keinen Um¬ 
ständen den Zuschlag zu ertheilen. 
Aber wie erkennt die ausschreibende Behörde, ob 
ein derartiges Unternehmen ein faules oder gesundes 
ist; das ist gewiss schwierig, obwohl es gewisse Merk¬ 
male gibt, die ich weiterhin charakterisieren werde. Das 
niedrige Angebot der Submissionsofferte allein ist nicht 
der Masstab hiefür, dazu sind die Verhältnisse zu 
compliciert. Der Fall ist wohl denkbar, dass eine junge 
Firma, die sich heraufarbeiten will, mit einem sehr be¬ 
scheidenen Verdienste zufrieden sein will und durch 
Rührigkeit, Fleiss und Intelligenz, auch gute Disposition 
des Ineinandergreifens der Arbeiten, durch billige Ein¬ 
käufe oder praktische Anordnungen und ähnliches für 
einen billigen Preis die gleiche Güte der Lieferung er¬ 
zielen kann als die eines Mehr fordernden gewesen sein 
würde. Auch kann eine Grossfirma, die ihre Geräthe und 
Arbeitskräfte nicht brach liegen lassen kann, auf den 
angemessenen Verdienst verzichten, oder sie ist im Besitze
	        
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