Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

VI. Jahrgang, Nr. 16. 
Linz, 15. August 1901. 
§ 
Öberösterreichische Banzeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“. 
Redaction und Administration: LINZ, Mozartstrasse 28. — Herausgeber und Verleger: EDUARD KORNHOFFER, 
Man pränumeriert auf die ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
I ganzjährig mit K 20. - ^ t ganzjährig mit . K 16 
für die 
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halbjährig . 
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Erscheint am 1. und 15. 
jedes Monat. 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Mozartstrasse 28, ferner bei 
allen grösseren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reclamationen und Beschwerden direct an uns erbeten. 
Inhalt. Erbauung von Familienliäusern in Linz. — Ueber die 
Schäden des jetzigen Submissionswesens. — Die Verwendung von Theer- 
cement Dachpix. — Mitteilungen vom Bautechnisehen Bureau Lemke. — 
Merkwürdige Brandursachen. — Local-Baunotizen. — Berichte über neue 
Erfindungen. — Aus der Fachliteratur. — Briefkasten. — Angesuchte 
Baulicenzen in Linz. — Anmeldungen für Wasserbezug aus dem städtischen 
Wasserwerke. — Inserate. 
Erbauung von Familienhäusern in Linz. 
Von einem hiesigen Privatbeamten erhalten wir 
folgende Zeilen zur Aufnahme in unser Blatt: 
„So erfreulich die Wahrnehmung ist, dass die Landes¬ 
hauptstadt Linz schon eine stattliche Anzahl moderner 
Zinshäuser aufweisen kann, so beklagenswert ist die 
Thatsache, dass noch von keiner Seite eine Anregung 
geschah, unser bauendes Publicum für die Errichtung 
von Familienhäusern, wie selbe im Auslande schon 
längst eingebürgert sind, statt für die Errichtung von 
Zinskasernen zu stimmen. 
Wenn ein Fremder zur Zinszeit unsere Landeshaupt¬ 
stadt besucht, wird er erstaunt sein über den starken 
Wohnungswechsel, der sich hier vollzieht, und dessen 
Grund nur in dem Zusammenwohnen mehrerer Parteien 
in ein und demselben Hause zu finden ist. Nicht nur in 
Frankreich, England, Holland, Belgien, ja selbst in 
Deutschland hat man es schon längst erkannt, dass die 
beste und billigste Wohnung nur in einem Familienhause 
gefunden werden kann, weshalb man dort alljährlich 
ganze Strassenzüge entstehen sieht, wo solche Wohn¬ 
gebäude zur Anlage gebracht werden. Auch unser 
Publicum würde die grossen Vortheile, die einFamilien- 
haus bietet, bald herausgefunden haben, nur müsste 
namentlich die F a c h p resse die Anregung hiezu geben, 
dass das gewinnsuchende Capital sich eher dem Baue 
von Familienhäusern als den von Zinshäusern 
zuwendet.“ 
Auf diese Aufforderung haben wir folgende Be¬ 
merkung zu machen. 
Um für die Errichtung von Familienhäusern zu 
stimmen, müsste man erst ins Klare gekommen sein, ob 
sich die Gewohnheiten des täglichen Lebens derart bei 
uns umändern Hessen, damit das Familienhaus sich 
eifibürgern könne. Bekanntlich herrscht in einem Fa¬ 
milienhause das im bürgerlichen Leben so wichtige 
Princip der Ordnung, denn in einem solchen Hause 
sucht man eben die verschiedenen Lebensgewohnheiten, 
die täglichen Verrichtungen möglichst von einander 
zu trennen und ihnen in verschiedenen Gemächern 
zu obliegen. 
Diese Auffassung der Hauswirtschaft liegt aber den 
Bewohnern des hiesigen Zinshauses ferne. Es ist in 
Linz nicht selten die bunteste Unterbringung von Möbeln 
in den Zimmern zu treffen, so dass man eigentlich nicht 
weiss, ob man sich in einem Salon, Speise- oder Schlaf¬ 
zimmer befindet. Woraus bestehen unter den gewöhn¬ 
lichen Verhältnissen die meisten der dem mittleren Bürger¬ 
stande angehörigen Zinswohnungen? Aus zwei grösseren 
und einem kleineren Gassenzimmer, einer Küche und 
manchmal aus einem Vorzimmer. Das ist viel zu wenig, 
um an ein bequemes und anständiges Wohnen auch nur 
denken zu können. 
Nimmt man z. B. eine Familie von nur vier Personen, 
also Eltern, Sohn und Tochter, dazu einen Dienstboten 
— so ist es unter solchen Umständen fast unmöglich, 
den Salon vollständig von dem Speisezimmer zu unter¬ 
scheiden; die übrigen Zimmer werden alle Betten auf¬ 
nehmen müssen, was dieselben sowohl als Schlaf-, wie 
als Wohn- und Toilettezimmer charakterisiert. Dies sind 
drei Arten von Gemächern, die man dagegen in einem 
Familienhause gerne vereinzelt, mindestens vom 
Salon gehörig absondert. Die Dienerschaft wird ferner 
bei uns gewöhnlich in dem Vorzimmer oder in der 
Küche untergebracht, was weder als reinlich noch als 
anständig befunden werden kann. 
In einem ordentlichen Familien hause dagegen 
macht sich das Bedürfnis nach viel mehr Wohnlocalitäten 
geltend, und zwar wird verlangt ein Empfangszimmer, 
Salon und Speisezimmer, Wirtschaftszimmer, Frauen¬ 
cabinet, Herrenarbeitszimmer, Kinderzimmer, Schlaf¬ 
zimmer, Badecabinet, Küche und Speisekammer, also 
mindestens 11 bis 12 Piecen ausser den Keller- und 
Bodenräumen. — Die Unterbringung der Dienstboten 
geschieht aus Sicherheits- und Reinlichkeits-Rücksichten 
unter dem Dache. Abgesehen von der Zweckmässigkeit 
in der Eintheilung der Localitäten, liegt die Aufgabe 
der Kunst bei einem Familienhause auch in der 
Ausstattung der Räume und in der Wahl der Möbel. 
Was die letzteren anbelangt, so findet man in hiesigen 
Bürgerskreisen zufolge des häufigen Wohnungswechsels 
nur Möbel von minderer Beschaffenheit, während in 
einem Familien hause des langen Verbleibens halber 
auf Einrichtungsstücke ein grosser Wert gelegt wird. 
Und nun wollen wir untersuchen, ob auch vom 
finanziellen Standpunkte aus es möglich und rentabel 
wäre, in Linz vermietbare Familienhäuser zu 
erbauen. 
Gesetzt den Fall, es fände sich ein Grundcomplex 
im Rayon der Stadt, beispielsweise auf den Südbahnhof¬ 
gründen zu K 40 per Quadratklafter; 150 Quadratklafter
	        
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