Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 58. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 8. 
Schaffung, da die Maschinenfabriken entsprechende 
Zahlungsbedingungen gewähren, während der Bauunter¬ 
nehmer heutigen Tages schon während der Bauausführung 
gewöhnlich den grössten Theil seiner Accordsumme 
verlangt. 
Der weitere Umstand, dass Fabriken sich immer mehr 
an schon bestehenden Industrieplätzen etablieren, anstatt 
auf dem Lande, hat auch seine Bedeutung ; die Terrains 
sind theuer, und die Arbeitskräfte werden rar, also müssen 
bessere Löhne bezahlt werden. Schon wiederholt hat 
mancher Fabrikant erklärt, er würde viel lieber an dem 
oder jenem Platze auf dem Lande sein Werk angelegt 
haben, das Vorhaben sei aber daran gescheitert, weil 
kein entsprechendes Baumaterial in dieser Gegend auf¬ 
zutreiben war, die Bauten also viel zu theuer gekommen 
sein würden u. s. w. Das ist diejenige Seite der Sache, 
welcher künftig die Aufmerksamkeit geschenkt werden 
muss, nicht nur für beabsichtigte Bauten auf dem Lande, 
nein auch für alle Neuanlagen in der Stadt oder deren 
Bereich. Man mag eine Fabrik noch so einfach anlegen, 
und alle überflüssigen Zutaten an den Gebäuden weg¬ 
lassen — sie ist doch verhältnismässig zu theuer, weil 
im Vergleich zü den ingeniösen Werkmaschinen das 
blosse Dach und Fach mit seiner kahlen Nüchternheit 
zu viel vom Anlagefonds in Anspruch nimmt. Es soll 
also darauf hingewiesen sein, dass man an den Bauten 
mindestens ein Drittel sparen kann, nicht nur in der 
Stadt, sondern auch auf dem Lande, und da gerade erst 
recht. Man weiss genugsam, dass bereits in allen Ländern 
mit diesen Sparbauten begonnen ist und zwar mit Erfolg. 
Diese beziehen sich übrigens nicht nur auf Fabriken, 
sondern auch auf andere Profananlagen, wie grosse 
Speicher, Hotels u. s. w. Wenn beispielsweise in der 
Stadt 1 Cubikmeter Mauer werk aus Backstein über 
Terrain angenommen 15 Mark kosten soll, so kann man 
diese Mauermasse in gleich solidem Conglomerat schon 
zu 10 Mark haben; soll der Preis auf dem Lande wegen 
Mangel an Ziegeleien (wegen der Zufuhren) noch grösser 
sein, so kann die Reduction der Kosten noch erheblicher 
werden, weil zu brauchbarem Conglomerat fast aus¬ 
nahmslos das Rohmaterial am Platze gefunden werden 
dürfte. Es sind schon viele Beispiele an solchen Bauten 
(im Auslande wenigstens) vorhanden, und da dürfte die 
Frage wohl zu erwägen sein, ob im deutschen Gebiet 
dergleichen nicht ebensogut möglich wäre. 
Allerdings ist es leider eine bekannte Thatsache, 
dass eine gute Sache erst auswärts ein halbes Jahrhundert 
angewandt worden sein muss, bis sie im deutschen Bau¬ 
gewerbe festen Fuss zu fassen beginnt; allein mit dem 
20. Jahrhundert, nachdem nunmehr in Paris an den 
grossartigen Bauten die Vereinfachung und Verbilligung 
vorgeführt ist, könnte schliesslich doch ein Funken der 
Erkennung, die „Nachahmung“ entfachen! Beiläufig 
darf sich auch der Fabrikant, welcher schnell, solid und 
billig bauen will, nie und nimmer lediglich auf den 
Unternehmer verlassen, eigenes Eingreifen und direct 
zur Geltung zu bringende Initiative würden manche 
Fortschritte zeitigen, die im anderen Falle nie zur Ent¬ 
wicklung kämen. Nicht mit Unrecht haben grössere 
Fabrik-Etablissements schon längst ihr eigenes Bau¬ 
bureau uud ihre eigenen Leute, um alles, was sie an 
Neu- und Umbauten brauchen, in eigener Regie aus¬ 
führen zu können. Es gibt solche Werke, die selbst 
die nöthigen Backsteine brennen; wenn man da auf die 
Möglichkeit hinweist, bedeutende Ersparnisse erzielen zu 
können, so kann man gleichzeitig bemerken, dass zum 
Oonglomeratbau so gut wie keine Vorbereitung (wie 
z. B. das Backsteinbrennen u. dgl.) nötig ist. 
Dieser Umstand in Verbindung mit der Thatsache, 
dass zum Conglomeratbereiten jeder gewöhnliche Tag¬ 
löhner genügt und man die streitsüchtigen Maurer ent¬ 
behren kann, dürfte genügen, baulustige Fabrikanten 
auf die Sache aufmerksam zu machen. Nicht alles, was 
theuer, jist nothwendiger Weise deswegen auch gut, es 
gibt viele gute Materialien, die sehr billig sind und nur 
def* Hebung und Verwendung harren. 
Bei dieser Gelegenheit sei auch noch einer anderen 
Seite dieser neuen Bauart gedacht, das ist die absolut 
massive Weise, die sich nicht nur auf das Umfassungs¬ 
mauerwerk und die Scheidewände erstreckt, sondern 
ebenso auf Decken und Dächer. Bekanntlich kommt 
man endlich, wenn auch langsam zur Erkenntnis, dass 
das Universal-Baumittel „Eisen“ den Anforderungen 
nicht entspricht, die man bezüglich der Feuersicherheit 
an dasselbe stellen muss; so muss man suchen, dasselbe 
aus solchen Bauten, die thatsächlich solid und gegen 
Feuer gewappnet sein sollen, soviel als möglich aus¬ 
zumerzen. Die gewalzten eisernen Balken müssen auf 
ein Minimum reduciert werden, womöglich ganz ausser 
Betracht kommen, geradeso wie die eisernen Säulen. 
Können lesztere nicht umgangen werden und der Fabrik¬ 
betrieb ist ein feuergefährlicher, so hat wenigstens eine 
Umhüllung derselben stattzufinden. Diese Bauart ist 
wiederum ebenfalls nichts neues, denn es sind schon 
grossartige Anlagen nach derselben ausgeführt, wenn 
auch gerade nicht in Deutschland. 
Wenn man das Facit aus obigen kurzen Hinweisen 
zieht, so ergibt dasselbe nicht nur die Möglichkeit, 
sondern die nachzuweisende Thatsache, dass in allen 
Bauten, besonders aber gerade bei Industriebauwerken, 
noch grosse Ersparnisse erzielt werden vermögen, wenn 
man sich nur etwas eigene Initiative angelegen sein 
lässt, um das nachzuahmen, was andere uns gezeigt 
haben; dazu bedarf es keiner Kunst oder Wissenschaft. 
Wagner. 
Die elektrische Traction mit hoher Spannung 
auf Vollbahnen. 
(Von Colo man v. Rand6.) 
III. 
Die Folgerung, welche aus den Ergebnissen dieser 
Versuche gezogen wird, ist die, dass eine Begrenzung 
der Spannungen mit Rücksicht auf deren Lebensgefährlich¬ 
keit keineswegs begründet wäre, dagegen stimmt das 
Gutachten aller drei Experten in dem Punkte überein, 
dass gegen die Gefahren der hochgespannten Ströme 
sowohl das Betriebspersonal, als auch die Passagiere 
durch zweckentsprechende Gonstruction und richtige 
Ausführung geschützt werden müssen und können. 
Das Misstrauen des grossen Publicums und bis zu 
einem gewissen Grade selbst der Fachleute gegenüber 
der Elektricität und insbesondere gegenüber der lebens¬ 
gefährlichen Elektricität, muss auf die Rätselhaftigkeit 
des Blitzschlages und auf die vollkommene Unberechen¬ 
barkeit seines Weges zurückgeführt werden. 
Gewissermassen dieser Naturerscheinung ähnliche, 
ebenso rätselhafte Erscheinungen treten manchmal auf, 
wenn zufolge eines Isolationsfehlers der Strom durch 
schwachleitende Gegenstände, wie z. B. feuchtes Holz 
oder feuchte Mauern seinen Weg nimmt.
	        
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