Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 36. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 5. 
Auslande verhindert wird, sondern auch darin, dass durch 
dieselbe der Ausbau und die Verwertung für industrielle 
Zwecke von solchen Wasserkräften ermöglicht wird, für 
welche sonst ein Kraftconsum zu industriellen Zwecken 
nicht in dem Masse hätte gesichert werden können, 
welches den Ausbau derselben motiviert erscheinen liesse, 
während dadurch, dass für die betreffende Wasserkraft 
in der Eisenbahn ein sicherer Grossconsument entsteht, 
der Ausbau rentabel wird und derUeberschuss an Energie 
wohlfeil für industrielle Zwecke zur Verfügung gestellt 
werden kann. 
Insbesondere die Idee der Verwertung des in den 
Wasserkräften brachliegenden Nationalcapitals war es, 
welche die italienische Regierung bewog, noch im Jahre 
1897 die beiden grossen Eisenbahn-Gesellschaften des 
Landes, nämlich die Societä italiana per le strade ferrate 
Meridionali und die Strade ferrate del Mediterraneo auf¬ 
zufordern, sie mögen die Frage der Umgestaltung der 
Bahntraction auf elektrischen Betrieb einem gründlichen 
Studium unterziehen, um dann in Bezug auf, nach dieser 
Richtung hin durchzuführende grossangelegte Versuche 
ihre Vorschläge unterbreiten zu können. 
Es handelte sich demnach in diesem Falle keines¬ 
wegs darum, durch Anwendung der elektrischen Traction 
auf einzelnen, regeren Verkehr aufweisenden kurzen 
Strecken einen tramwayartigen Verkehr probeweise ins 
Leben zu rufen, so wie dies in Amerika und neuestens 
auch in Frankreich erfolgt ist, noch darum, auf einer 
geraden Strecke versuchsweise Züge bei Geschwindig¬ 
keiten von 150 oder 200 Kilometer verkehren zu lassen, 
sondern es ist die Aufgabe gestellt worden, dass ein 
elektrisches Tractionssystem ausgearbeitet werde, welches 
geeignet sei, im Allgemeinen die heutige Dampftraction 
auf Vollbahnen zu ersetzen. 
Bei dem ersten, in grossem Masstabe durchgeführten 
Versuche wurde wohl die Anzahl der Züge auf der be- 
zeichneten Strecke vergrössert und deren Capacität ver¬ 
mindert, wodurch ein dem tramwayartigen Verkehr zu¬ 
neigender Fahrplan geschaffen wurde, doch auch hier 
mussten bereits beim Anschlüsse an die übrigen Eisen¬ 
bahnlinien die Anforderungen der ordentlichen Vollbahnen 
voll berücksichtigt, und das System derart ausgearbeitet 
werden, dass dasselbe auch auf internationalen Verkehrs¬ 
linien entspreche. 
Die eine der vorerwähnten Eisenbahn-Gesellschaften, 
die Societä italiana per le strade ferrate Meridionali hatte 
ihrerseits die Budapester Firma Ganz & Oomp. eingeladen, 
die Frage im Einvernehmen mit ihr zu studieren. 
Wie aus den. oben angeführten Beispielen hervorgeht, 
wurde die Frage der elektrischen Traction theils durch 
die naheliegende Idee der Verwertung grosser Wasser¬ 
kräfte, theils durch die Nothwendigkeit, bestehenden 
Uebelständen abzuhelfen, zur Reife gebracht und wenn 
auch die Ambition der Elektrotechniker nicht als Stimulus 
gewirkt hätte, dieses für die Wissenschaft so interessante, 
für das praktische Leben so wertvolle Problem zu einer 
günstigen Lösung zu bringen, so hätte man der sich 
immer mehr und mehr in den Vordergrund drängenden 
Frage ohnehin nicht mehr ausweichen können. 
Die Frage der elektrischen Traction von Eisenbahnen, 
von dem Gesichtspunkte des Elektrotechnikers betrachtet, 
ist nichts anderes, als ein' specieller Fall der elektrischen 
Kraftübertragung. Als technisches Problem wird dieselbe 
durch zwei Factoren bestimmt: durch die Entfernung und 
durch die zu übertragende Energie. 
Wenn wir nun nach diesen beiden bestimmten 
Factoren die seit längerem bekannte elektrische Traction 
von Trambahnen mit jener von Vollbahnen vergleichen, 
findeu wir einen bedeutenden Abstand zwischen beiden: 
In Bezug auf Entfernung stehen 10—20 Kilometer beim 
Trambahnbetrieb mehreren 100 Kilometern beim Voll¬ 
bahnbetriebe gegenüber und in Bezug auf den Kraft¬ 
bedarf sind an Stelle der beim Trambahnbetriebe er¬ 
forderlichen 20—30 Pferdekräfte mehrere hundert Pferde¬ 
kräfte per Zug der Vollbahnen in Betracht zu ziehen. 
Für industrielle Kraftübertragung auf grosse Ent¬ 
fernungen ist schon seit längerer Zeit wegen der Einfach¬ 
heit der Wechselstrom-Motoren und wegen der Leichtig¬ 
keit, mit der man Wechselstrom-Motoren für hohe Span¬ 
nungen bauen kann, dem Wechselstrom der unbedingte 
Vorzug über den Gleichstrom eingeräumt worden. Heute 
z. B. denkt niemand mehr daran, grössere Kraftüber¬ 
tragungen mittelst fünfhundertvoltigem Gleichstrom aus¬ 
zuführen. 
Seltsam genug ist es, dass der Wechselstrom für 
Tractionszwecke bisher nur vereinzelt, und eine höhere 
Spannung als 750 Volt überhaupt nicht zur Verwendung 
gelangt ist. Die Ursache dieses Umstandes dürfte ausser 
der Lebensgefährlichkeit der hohen Spannung hauptsäch¬ 
lich darin zu suchen sein, dass man bisher auf längeren 
Hauptlinien, wenn sie vermittelst elektrischer Traction 
betrieben werden sollten, meistens, wenn auch mit 
schweren Zügen, doch nur einen tramwayartigen Verkehr 
abwickelte. Es war demnach möglich, auch längere 
Linien in der Weise mit Strom zu versorgen, dass man 
für kurze Streckentheile je eine separate und unab¬ 
hängige Stromerzeugungs-Centrale errichtete. Solche 
Centralen aber, welche gleichviel, ob sie nun durch 
Dampfkraft, oder anstatt durch Dampfmaschinen mittelst 
Motoren angetrieben werden, die aus einer gemeinschaft¬ 
lichen grossen Centrale mit hochgespanntem Wechsel¬ 
strom gespeist sind, verleihen der Anlage dennoch den 
Charakter einzelner, in sich geschlossener, von einander 
unabhängigen Streckentheile. 
(Schluss folgt.) 
Local-Baunotizen. 
Verein der Baumeister in Oberosterreich. Zufolge 
der überaus ungünstigen Witterung in den verflossenen 
Tagen sah sich die Obmannschaft des „Vereines der Bau¬ 
meister in Oberösterreich“ veranlasst, die Abhaltung der 
angezeigten Jahres-Versammlung für den 17. Februar d. J. 
abzusagen, und dieselbe für den 10. März anzuordnen, 
was allen geehrten Herren Vereinsmitgliedern mittelst 
Correspondenz-Karten mitgetheilt wurde. 
Neubau. Ecke der Schubert- und Bürgerstrasse 
lässt sich der hiesige Hausbesitzer Herr Emanuel Stern 
ein zweistöckiges Wohnhaus erbauen, dessen Herstellung 
der Baumeister Herr Josef Ertl aus Breitbrunn bei 
Hörsching übernommen hat. 
* Maurermeister-Prüfung. Herr Josef Moser, lang¬ 
jähriger Baupolier bei Herrn Stadtbaumeister ' F r a n z 
Arbeshuber in Steyr, hat vorigen Monats im Bau¬ 
departement der k. k. Statthalterei in Linz die Maurer¬ 
meister-Prüfung mit guten Erfolg abgelegt. 
Wasser- und Brückenbauten. Der Staats Voranschlag 
für 1901 setzt für Wasserbauten in Oberösterreich 
1,137.805 Kronen ein, und zwar für Bauten an folgenden 
Flüssen: Donau 328.000, Inn 190.000, Salzach 40.000,
	        
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