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ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUN G.
Nr. 4.
Strom nach der einen Seite fortgetrieben und endlich
ausgeschieden. Es geschieht dies in einer grossen
hölzernen Kufe, in welcher ein Rahmen mit Blei belegt,
einen doppelten Boden darstellt und mit dem positiven
Pol eines Dynamo verbunden ist. Ueber die weiten
Dehnungen dieses Rahmens, welcher durch hydraulische
Schraubengewinde in verticaler Richtung bewegt werden
kann, werden die zu behandelnden Hölzer aufgeschlichtet ;
darüber werden viereckige Kisten von geringer Höhe,
deren Boden durch Filz und Leinwand gebildet ist, ge¬
stellt, welche, mit Wasser gefüllt, gleichsam poröse Ge-
fässe darstellen. Durch eine Bleigarnitur werden diese
Wasserbehälter mit dem negativen Pole der Elektricitäts-
quelle verbunden. Die Kufe wird hierauf mit dem flüssigen
chemischen Präparate gefüllt, welches, allmählich in das
Holz eindringend, daraus den Saft verdrängen, beziehungs¬
weise ersetzen soll. Die- Präparate sind verschiedener
Natur und können ihrer Zusammensetzung nach ent¬
weder antiseptisch oder feuerbeständig oder auch beides
zugleich sein. Das in der Kufe geschlichtete Holz wird
mit der chemischen Flüssigkeit nicht vollständig bedeckt,
so dass zwischen deren Oberfläche und dem Filzboden
der Wasserbehälter ein Zwischenraum von einigen Centi-
metern bleibt. Vermittelst eines DampfstromeSj welcher
durch am Boden der grossen Kufe angebrachte Serpentin¬
rohre läuft, wird die chemische Flüssigkeit constant in
einer Temperatur von 30 bis 40 Grad erhalten. Der
elektrische Strom durchzieht nun die ganze Dicke der
Hölzer zwischen dem mit Blei umkleideten Rahmen, über
dem sie aufgeschlichtet sind, und den auf ihnen stehenden
porösen Wasserbehältern. Unter der Wirkung des Stromes
vollzieht sich nun in den Hölzern gewissermassen eine
Endos mose, indem das chemische Präparat in die Holz¬
poren eingesaugt wird und den natürlichen Saft verdrängt,
welcher auf der Oberfläche der chemischen Flüssigkeit
in die Erscheinung tritt. Die Operation vollzieht sich in
wenigen Stunden und sodann ist die Imprägnierung eine
vollkommene. Man lässt die so behandelten Werkhölzer
während einiger Tage in freier Luft abtropfen und voll¬
endet deren Trocknung dann in Kammern mit gradierten
Temperaturen. Unmittelbar nach dem Verlassen der
Kammern kann das Holz verarbeitet werden.
„La Nature“, welche auch eine Zeichnung des
Apparates enthält, versichert, Kästen, Thürerl, Olaviere
etc. in Augenschein genommen zu haben; welche seit
einem Jahre, aus auf dem beschriebenen Wege alt ge¬
machten Holze hergestellt, keine Spur von Ausdehnung
oder Zusammenziehung aufweisen, und bemerkt, dass
die Klangfülle bei Clavieren erhöht erscheine.
Der Pariser Preis solcher Behandlung des Holzes
beläuft sich auf 3 bis 4 Francs für den „Ster“ (1 m3).
Dies ist ein gar hoher Satz, welchen höchstens die
Kunsttischlerei und die Instrumenten-Fabrication tragen
könnte.
Allein die Imprägnierungsanstalt in den „Magasins1
Generaux“ von Auberviliiers arbeitet unter den denkbar
ungünstigsten Pariser Verhältnissen, hinsichtlich der Ge¬
stehungskosten der elektrischen Energie sowohl, als der
Handarbeit. In unseren Landen, wo es an Wasserkraft
in der Nähe von reichen Waldbeständen keinen Mangel
gibt, würden sich Imprägnierungsanstalten mit verhältnis¬
mässig geringen Kosten begründen lassen, welche der
Industrie auch zu sehr billigen Preisen Holz zu allso-
gleicher Verarbeitung unter Garantie liefern könnten,
umsomehr als die Installation des Apparates eine ver¬
hältnismässig so einfache ist, dass sie allerorts leicht
bewerkstelligt werden könnte. Die Anlage nächst den
Abholzungsstellen aber empfiehlt sich schon dadurch,
dass frisch gefällte Stämme auf dem elektrischen Wege
leichter zu altern sind,, als solche, bei welchen der Saft
durch längeres Liegen schon mehr oder minder ein¬
getrocknet ist.
Elektrische Beleuchtung von Eisenbahnwagen.
Das grosse Eisenbahnunglück, welches am 8. No¬
vember 1900 bei Offenbach eintrat und so viele Menschen¬
leben forderte, hat in allen nur irgendwie betheiligten
Kreisen eine ganze Flut von Verhütungsvorschlägen
hervorgerufen, deren bemerkenswertester jener ist, dass
man die. Bahnwagen statt mit Fettgas (oder gar mit
einer Mischung von Fett- .und Acetylengas) elektrisch
beleuchten solle. An und für sich hat dieser Vorschlag
seine Berechtigung, wenn man die Entstehung des grossen
Waggonbrandes in Betracht zieht. Zwei Züge stiessen
auf einander, die Gasbehälter wurden zertrümmert, das
Gas strömte aus und entzündete sich am Feuer der
Locomotive, worauf die Wagen in Brand geriethen und fast
niemand mehr dem Flammentode entgieng. Zu letzterem
Unheile trug wohl neben den sehr bedenklichen Aus-
und Eingangseinrichtungen in den sogenannten D-Zügen
der Umstand auch bei, das verschiedene Personen durch
die Einathmung des in grossen Mengen überall ein¬
strömenden Leuchtgases betäubt wurden und ausser
Stande waren, irgend einen Fluchtversuch zu unter¬
nehmen.
Das spricht natürlich sehr zu Gunsten der elektrischen
Beleuchtungsanlagen, bei welchen solche Begleiterschei¬
nungen von Eisenbahn-Katastrophen ausgeschlossen sind.
Durch einen längeren Aufsatz in der Zeitschrift „Die
Elektricität“ erfahren wir, dass bei verschiedenen Bahn-
verwaltungen die elektrische Beleuchtung bereits ein¬
geführt, dass dieselbe am sichersten durch Accumulatoren-
betrieb durchführbar sei und dass die deutsche Reichs¬
postverwaltung, ebenso jene von Bayern und Württemberg,
alle ihre Wagen elektrisch, mittels Accumulatorenbetrieb
beleuchten. Ebenso erfahren wir, dass der Kostenpunkt,
gegenüber der Gasbeleuchtung, wenn nicht billiger, so
doch nur ebenso hoch sich belaufe.
Dies berichtete der Ingenieur Dr. Büttner in einer
am 27. November 1900 zu Berlin stattgehabten Sitzung
des elektrotechnischen Vereines und fügte hinzu, dass
auf allen Bahnen etwa 8000 Wagen elektrisch, dann
etwa 75.000 Wagen und 3000 Locomotiven mit Fettgas
beleuchtet seien. In dieser Sitzung berichtete der Vor¬
sitzende Staatssecretär von Podbielski, dass die Reichs¬
post seit 1892 ihre Eisenbahnwagen elektrisch beleuchtet;
man sei damit sehr zufrieden und sei auch noch niemals
etwas passiert. -
Es möge jedoch hier gestattet sein, immerhin einige
Bedenken gegen die Einführung dieser Beleuchtungsart
in den Bahnwagen vorzuführen. Bedenken wurden zwar
schon in der beregten Versammlung laut, indem der an¬
wesende Baurath Wiehert vom Eisenbahnministerium
ausführte, dass es für jetzt nicht rathsam erscheine, das
vorhandene System der Fettgasbeleuchtung durch elek¬
trische Beleuchtung zu ersetzen und zwar unter anderem
deshalb, weil, was Sicherheit betreffe, durch Gas noch
kaum ein Unglück herbeigeführt worden sei. Dem