Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

Seite 28. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUN G. 
Nr. 4. 
Strom nach der einen Seite fortgetrieben und endlich 
ausgeschieden. Es geschieht dies in einer grossen 
hölzernen Kufe, in welcher ein Rahmen mit Blei belegt, 
einen doppelten Boden darstellt und mit dem positiven 
Pol eines Dynamo verbunden ist. Ueber die weiten 
Dehnungen dieses Rahmens, welcher durch hydraulische 
Schraubengewinde in verticaler Richtung bewegt werden 
kann, werden die zu behandelnden Hölzer aufgeschlichtet ; 
darüber werden viereckige Kisten von geringer Höhe, 
deren Boden durch Filz und Leinwand gebildet ist, ge¬ 
stellt, welche, mit Wasser gefüllt, gleichsam poröse Ge- 
fässe darstellen. Durch eine Bleigarnitur werden diese 
Wasserbehälter mit dem negativen Pole der Elektricitäts- 
quelle verbunden. Die Kufe wird hierauf mit dem flüssigen 
chemischen Präparate gefüllt, welches, allmählich in das 
Holz eindringend, daraus den Saft verdrängen, beziehungs¬ 
weise ersetzen soll. Die- Präparate sind verschiedener 
Natur und können ihrer Zusammensetzung nach ent¬ 
weder antiseptisch oder feuerbeständig oder auch beides 
zugleich sein. Das in der Kufe geschlichtete Holz wird 
mit der chemischen Flüssigkeit nicht vollständig bedeckt, 
so dass zwischen deren Oberfläche und dem Filzboden 
der Wasserbehälter ein Zwischenraum von einigen Centi- 
metern bleibt. Vermittelst eines DampfstromeSj welcher 
durch am Boden der grossen Kufe angebrachte Serpentin¬ 
rohre läuft, wird die chemische Flüssigkeit constant in 
einer Temperatur von 30 bis 40 Grad erhalten. Der 
elektrische Strom durchzieht nun die ganze Dicke der 
Hölzer zwischen dem mit Blei umkleideten Rahmen, über 
dem sie aufgeschlichtet sind, und den auf ihnen stehenden 
porösen Wasserbehältern. Unter der Wirkung des Stromes 
vollzieht sich nun in den Hölzern gewissermassen eine 
Endos mose, indem das chemische Präparat in die Holz¬ 
poren eingesaugt wird und den natürlichen Saft verdrängt, 
welcher auf der Oberfläche der chemischen Flüssigkeit 
in die Erscheinung tritt. Die Operation vollzieht sich in 
wenigen Stunden und sodann ist die Imprägnierung eine 
vollkommene. Man lässt die so behandelten Werkhölzer 
während einiger Tage in freier Luft abtropfen und voll¬ 
endet deren Trocknung dann in Kammern mit gradierten 
Temperaturen. Unmittelbar nach dem Verlassen der 
Kammern kann das Holz verarbeitet werden. 
„La Nature“, welche auch eine Zeichnung des 
Apparates enthält, versichert, Kästen, Thürerl, Olaviere 
etc. in Augenschein genommen zu haben; welche seit 
einem Jahre, aus auf dem beschriebenen Wege alt ge¬ 
machten Holze hergestellt, keine Spur von Ausdehnung 
oder Zusammenziehung aufweisen, und bemerkt, dass 
die Klangfülle bei Clavieren erhöht erscheine. 
Der Pariser Preis solcher Behandlung des Holzes 
beläuft sich auf 3 bis 4 Francs für den „Ster“ (1 m3). 
Dies ist ein gar hoher Satz, welchen höchstens die 
Kunsttischlerei und die Instrumenten-Fabrication tragen 
könnte. 
Allein die Imprägnierungsanstalt in den „Magasins1 
Generaux“ von Auberviliiers arbeitet unter den denkbar 
ungünstigsten Pariser Verhältnissen, hinsichtlich der Ge¬ 
stehungskosten der elektrischen Energie sowohl, als der 
Handarbeit. In unseren Landen, wo es an Wasserkraft 
in der Nähe von reichen Waldbeständen keinen Mangel 
gibt, würden sich Imprägnierungsanstalten mit verhältnis¬ 
mässig geringen Kosten begründen lassen, welche der 
Industrie auch zu sehr billigen Preisen Holz zu allso- 
gleicher Verarbeitung unter Garantie liefern könnten, 
umsomehr als die Installation des Apparates eine ver¬ 
hältnismässig so einfache ist, dass sie allerorts leicht 
bewerkstelligt werden könnte. Die Anlage nächst den 
Abholzungsstellen aber empfiehlt sich schon dadurch, 
dass frisch gefällte Stämme auf dem elektrischen Wege 
leichter zu altern sind,, als solche, bei welchen der Saft 
durch längeres Liegen schon mehr oder minder ein¬ 
getrocknet ist. 
Elektrische Beleuchtung von Eisenbahnwagen. 
Das grosse Eisenbahnunglück, welches am 8. No¬ 
vember 1900 bei Offenbach eintrat und so viele Menschen¬ 
leben forderte, hat in allen nur irgendwie betheiligten 
Kreisen eine ganze Flut von Verhütungsvorschlägen 
hervorgerufen, deren bemerkenswertester jener ist, dass 
man die. Bahnwagen statt mit Fettgas (oder gar mit 
einer Mischung von Fett- .und Acetylengas) elektrisch 
beleuchten solle. An und für sich hat dieser Vorschlag 
seine Berechtigung, wenn man die Entstehung des grossen 
Waggonbrandes in Betracht zieht. Zwei Züge stiessen 
auf einander, die Gasbehälter wurden zertrümmert, das 
Gas strömte aus und entzündete sich am Feuer der 
Locomotive, worauf die Wagen in Brand geriethen und fast 
niemand mehr dem Flammentode entgieng. Zu letzterem 
Unheile trug wohl neben den sehr bedenklichen Aus- 
und Eingangseinrichtungen in den sogenannten D-Zügen 
der Umstand auch bei, das verschiedene Personen durch 
die Einathmung des in grossen Mengen überall ein¬ 
strömenden Leuchtgases betäubt wurden und ausser 
Stande waren, irgend einen Fluchtversuch zu unter¬ 
nehmen. 
Das spricht natürlich sehr zu Gunsten der elektrischen 
Beleuchtungsanlagen, bei welchen solche Begleiterschei¬ 
nungen von Eisenbahn-Katastrophen ausgeschlossen sind. 
Durch einen längeren Aufsatz in der Zeitschrift „Die 
Elektricität“ erfahren wir, dass bei verschiedenen Bahn- 
verwaltungen die elektrische Beleuchtung bereits ein¬ 
geführt, dass dieselbe am sichersten durch Accumulatoren- 
betrieb durchführbar sei und dass die deutsche Reichs¬ 
postverwaltung, ebenso jene von Bayern und Württemberg, 
alle ihre Wagen elektrisch, mittels Accumulatorenbetrieb 
beleuchten. Ebenso erfahren wir, dass der Kostenpunkt, 
gegenüber der Gasbeleuchtung, wenn nicht billiger, so 
doch nur ebenso hoch sich belaufe. 
Dies berichtete der Ingenieur Dr. Büttner in einer 
am 27. November 1900 zu Berlin stattgehabten Sitzung 
des elektrotechnischen Vereines und fügte hinzu, dass 
auf allen Bahnen etwa 8000 Wagen elektrisch, dann 
etwa 75.000 Wagen und 3000 Locomotiven mit Fettgas 
beleuchtet seien. In dieser Sitzung berichtete der Vor¬ 
sitzende Staatssecretär von Podbielski, dass die Reichs¬ 
post seit 1892 ihre Eisenbahnwagen elektrisch beleuchtet; 
man sei damit sehr zufrieden und sei auch noch niemals 
etwas passiert. - 
Es möge jedoch hier gestattet sein, immerhin einige 
Bedenken gegen die Einführung dieser Beleuchtungsart 
in den Bahnwagen vorzuführen. Bedenken wurden zwar 
schon in der beregten Versammlung laut, indem der an¬ 
wesende Baurath Wiehert vom Eisenbahnministerium 
ausführte, dass es für jetzt nicht rathsam erscheine, das 
vorhandene System der Fettgasbeleuchtung durch elek¬ 
trische Beleuchtung zu ersetzen und zwar unter anderem 
deshalb, weil, was Sicherheit betreffe, durch Gas noch 
kaum ein Unglück herbeigeführt worden sei. Dem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.