Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

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OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 21. 
Kugelform. Ihre Oberfläche zeigt zuweilen Vegetation, 
ist öfters bebaut oder trägt gar Baum wuchs, während 
sie sonst kahl zu sein pflegt, oder ist wohl gar von 
einem allzu geschäftlichen Pflug in das Ackerfeld ein¬ 
bezogen worden. Je nach Umständen sind dann die 
Tumuli mehr oder weniger in ursprünglicher Form er¬ 
halten geblieben, wobei auch das Materiale in Anbetracht 
kommt, welches hier Sand, dort Erde ist, und anderswo, 
wie z. B. um Jericho in Palästina, aus ordnungslos zu¬ 
sammengeworfenen Bruchsteinen, oder — wie die Cru- 
ciatentumu 1 i, die Kreuzfahrergräber, im Innern 
von Dalmatien — aus sculpturierten Hausteinen besteht. 
Die vielen bisher durch Abtragung, Einschnitt oder 
Aushub eröffneten Erdmonumente dieser Art haben 
bezüglich ihres Inhaltes die mannigfaltigsten Resultate 
zutage gefördert und während sich in den einen gar 
nichts oder nur schwache Aschenspuren vorfanden, 
lieferten andere hochinteressante Funde in reichlicher, 
mitunter (wie die einschlägigen Objecte auf Cypern und 
im Jordanthale) auch in bereichender Menge. 
Im grossen und ganzen sind die Mysterien der 
Tumuli noch nicht gänzlich aufgeklärt. Soviel kann 
man jedoch mit ziemlicher Gewissheit annehmen, dass 
nicht nur die historischen Völker der Phönicier, 
Indier, Griechen und Lateiner, sondern auch 
einestheils deren Vorfahren semitischen, arischen, pelas- 
gischen, keltischen etc. Stammes, andererseits deren 
Nachfolger an solchen Schöpfungen betheiligt waren. So 
zeigen die buddhistischen Scupas, Top es und D a g o p s 
— halbkugelförmige oder blasenartige Grabhügel der 
Inder — eine gewisse Aehnlichkeit mit den in Europa 
bekannten Tumuli, in verschiedenen Ländern auch 
„Mügeln“, „Heidengräber“, „Hünengräber“ ge¬ 
nannt. — Auch die sogenannten „megalithischen 
Denkmale“ mit ihren Dolmen, Chromlechs und 
Menhirs, wie solche in Deutschland, Frankreich, Eng¬ 
land, Skandinavien, auf der Pyrenäenhalbinsel, in Griechen¬ 
land, auf der Krim, auf Corsica und Sardinien, neuestens 
im nördlichen Afrika und in Peru entdeckt wurden, ge¬ 
hören hieher. Ob alle die urgeschichtlichen Denkmale 
eigenthümlichster Art unter einander, und welchen Zu¬ 
sammenhang sie hatten, das bildet noch für lange hinaus 
den Gegenstand einer des Menschen würdigen Forschung; 
einer Forschung, die auch auf heimischem öster¬ 
reichischen Boden eifrige und gelehrte Vertreter 
gefunden hat. 
Bäder und Heilstättenbauten. 
iv. 
Einer grossen Blüte und Entwicklung, einer be¬ 
deutenden Vollendung in einer technischen, wissen¬ 
schaftlichen oder Culturfrage folgt zumeist ein Stocken, 
eine Pause, ein Niedergang und Stillstand. Oft ver¬ 
schwinden ganz spurlos gewisse epochale Errungen¬ 
schaften und gehören nur der Geschichte an. So war es 
auch mit den Bädern und Heilstätten des classischen 
Alterthums, die gleichzeitig mit dem grossen Römerreiche 
vernichtet wurden. 
Es sank das oströmische, das weströmische Reich 
folgte. Der grosse Länderbesitz in Europa, Asien und 
Afrika ward von anderen Herren unterworfen. Neue 
Völker erschienen auf der Weltbühne, um die alten zu 
verdrängen. Sie besassen weder Geld noch Gut, waren 
Wandervölker, die sich erst einen Platz, einen dauernden 
Wohnsitz erkämpfen mussten. Oultur, Wissenschaften 
und Künste waren ihnen fremd. Sie kannten keine ver¬ 
feinerten Lebensgewohnheiten und waren ihre Ansprüche 
an Nahrung und Kleidung auf das bescheidenste Mass 
beschränkt. All die Völker, welche Rom und die römischen 
Provinzen eroberten, hatten weder Sinn noch Verständnis 
für die Schönheiten des Städtebaues, für Werke der 
Architektur und Kunst. Der angeborene Zerstörungssinn 
liess sie Tempel, Paläste und andere öffentliche Gebäude 
niederbrechen, hatten doch all die Prachtbauten für diese 
Barbaren gar keinen Zweck. Mit Verwunderung blickten 
sie auf die Bäderbauten, auf Einrichtungen, von deren 
Bestehen oder Nutzen sie bisher keine Ahnung hatten. 
Es ist wohl als sicher anzunehmen, dass diese tapferen 
EroberungsVölker nur ein sehr geringes Verständnis für 
den Wert von Bädern hatten. Sie badeten wahrscheinlich 
überhaupt nicht. Ihre primitive Kleidung aus Fellen oder 
Häuten, die bescheidene Metallrüstung liess kaum darauf 
schliessen, dass ein besonderes Reinigungs- und Bade¬ 
bedürfnis vorhanden gewesen wäre. Eine eigentliche 
Wäsche kannte man noch nicht, und der wackere Streiter 
stak wie eingenäht in seinem Naturkleide, das erst bei 
völliger Abnützung gewechselt wurde. Um das Ungeziefer 
abzuhalten, salbte man Lenden und Glieder mit Oel 
oder Fett. 
Die Nachfolger der Römer waren daher nicht ge¬ 
eignet und berufen, die Tradition der glänzenden Bäder 
des classischen Alterthums, der Imperatorenzeit, zu er¬ 
fassen und zu erhalten. Kommende Zeiten und Völker 
hatten für all das weder Sinn, Verständnis oder Bedarf. 
Niemand benutzte die Bäder. Das halbwegs Wertbare, 
Metalle u. a. wurde geraubt und verarbeitet und die 
Gebäude verfielen immer mehr der Verwahrlosung. Das 
alte Rom sank in Schutt. Aus den Ruinen entstand das 
päpstliche Rom, welches gegen alle Heidenbauten des 
Alterthumes wüthete und alles erreichbare Abbruch¬ 
material zu Kirchenbauten verwendete. An Bäderbauten 
für das Volk dachte überhaupt kein Papst. Das Bade¬ 
bedürfnis schien vollkommen erloschen zu sein. 
Auch im Städtebau des beginnenden Mittelalters ist 
der Bau öffentlicher Bäder ganz unbekannt. Selbst in 
den in verschiedene Herrschergebiete zerrissenen italie¬ 
nischen Ländern, die von Tyrannen und Usurpatoren 
regiert wurden, ist diese alte Cultureinrichtung der 
römischen Vorfahren verschollen und vergessen. Man 
findet wohl in Biographien einzelner Regenten ober¬ 
italischer Länder erwähnt, dass der Herzog oder Fürst 
in dem neuen Schlossbau ein Zimmer für Badezwecke 
bestimmte. 
Dasselbe gilt auch von anderen Ländern Europas, 
wie Frankreich, England, Italien, Spanien. Grosse öffent¬ 
liche Bäder sind bis in das 14. Jahrhundert eine ganz 
unbekannte Einrichtung und hat man sich wohl nur auf 
Abwaschungen im Hause, in Flüssen oder Schwimm¬ 
übungen in der See beschränkt. 
Einen neuen Impuls gab den Bäderbauten der Moha- 
medanismus, der in Arabien seine Wiege fand. Der 
Islam war es, der eine Wiedergeburt für diese wichtige 
hygienische Einrichtung brachte, die nicht ohne Ein¬ 
wirkung auf die Völker des Abendlandes blieb. Die 
grossen Bäder und Heilstätten der Römer waren in der 
Hauptsache allgemein culturelle und gesundheitliche Ein¬ 
richtungen, in denen auch dem Vergnügen ein weiter 
Raum gewidmet war. Anders verhielt es sich mit den 
Bekennern des Propheten. Hier war der Gebrauch von
	        
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