Volltext: VI. Jahrgang, 1901 (VI. JG., 1901)

VI. Jahrgang, Nr. 21. 
Linz, 1. November 1901. 
Öberösterreichische Banzeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“. 
Redaction und Administration: LINZ, Mozartstrasse 28. — Herausgeber und Verleger: EDUARD KORNHOFFER. 
Man pränumeriert auf die OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
ganzjährig mit K 20.— ^ f ganzjährig mit . K 16 
f ganzjährig mit a 20.— „ t 
für die I halbjährig . . ., 10.— _für ] halbjährig . 
Provinz | Vjerteijährig . „ 5.— 000 l vierteljährig 
Erscheint am 1. und 15. 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem büligsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Mozartstrasse 28, ferner bei 
allen grösseren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reclamationen und Beschwerden direct an uns erbeten. 
Inhalt. Zur Geschichte der Gräber und Grabdenkmäler. — Bäder 
und*Heilstättenbauten. — Aus den Gemeinderaths-Sitzungen in Linz. — 
Local-Baunotizen. — Briefkasten. — Ausweis über die Umschreibung von 
Immobilien in Linz. — Angesuchte Baulicenzen in Linz. — Anmeldungen 
für Wasserbezug aus dem städtischen Wasserwerke. — Offene Stelle. — 
Inserate. 
Zur Geschichte der Gräber und Grabdenkmäler. 
Anlässlich des heutigen und morgigen Gräberbesuches 
auf unseren Friedhöfen und der Ausschmückung von 
Denkmälern an den Ruhestätten der V erstorbenen dürfte 
nachstehender Artikel, von dem bekannten Kunsthistoriker 
Dr. M. Weiser geschrieben, unseren Lesern von Inter¬ 
esse sein. 
Der Verfasser schreibt: 
Von allen auf uns gekommenen Denkmälern längst 
entschwundener Zeiten und Völker sind es zumeist die 
Grabdenkmäler, deren Alter am weitesten zurückreicht. 
Die Erforschung-ihres Inhaltes, der Art und Weise ihres 
Aufbaues, der Ausschmückungen und weiteren Beigaben 
derselben — Dinge, welche einen genauen Schluss auf 
Sitten und Gebräuche, Oulturgrad, Kunstsinn und Kunst¬ 
fertigkeit, sowie auf die religiösen Ansichten der betref¬ 
fenden Generation des Menschengeschlechtes zulassen — 
bilden heutzutage einen wesentlichen Theil jener jungen 
Wissenschaft, der Antropologie, die es sich zur Aufgabe 
gemacht, die Naturgeschichte des Menschen za ergänzen, 
indem sie die Verhältnisse und Zustände desselben auch 
in vor- und urgeschiehtlicher Zeit zu ergründen trachtet, 
einer Zeit, welche viel zu ferne liegt, um durch münd¬ 
liche oder schriftliche Ueberlieferung erreicht werden 
zu können. 
An das Ende des menschlichen Lebens knüpfte die 
Baukunst ihren Anfang und versuchte, geleitet von den 
jeweiligen Begriffen und Ansichten über Ehrwürdigkeit 
und Schönheit, ihre ersten Kräfte an der Herstellung 
und Schmückung der Todtenstätten. Die Geschichte der 
Gräber und Grabdenkmäler gebietet über einen reichen 
und mannigfaltigen Stoff, den ihr alle Zeiten, Völker 
und Länder der alten wie der neuen Welt entgegen¬ 
bringen. 
Sie- weiss aber nicht nur von den himmelanstre¬ 
benden Pyramiden der Äegypter, von den kolossalen 
Königsgräbern der Perser, von den unterirdi¬ 
schen Grabgewölben der Etrusker,, den Colum- 
barien und Mausoleen der prachtliebenden Römer 
oder vön den schaurigen Katakomben. zu erzählen, 
welche in Mittel- und Unteritalien den verfolgten ersten 
Christen als Ruhestätten in und nach dem Leben galten; 
— sie berichtet auch von den bescheidensten, einfachsten 
Formen der Grabdenkmale, von schmucklosen Erd¬ 
hügeln (Tumuli), die zu den ältesten Monumenten 
zählen, welche der Gräbercultus kennt und auf welche 
des Römerdichters Wort passende Anwendung findet: 
„Exegi monumentum aere perrenius“ (Ein Denkmal habe- 
ich errichtet, dauernder als Erz). Zahlreiche Schöpfungen 
der Pharaonen liegen bereits in Schutt und Trümmer, 
von den wenigen Pyramiden, die den Einflüssen des 
Wetters, des Wüstensandes und — der vandalisierenden 
Habsucht der „gebildeten Völker“ des Abendlandes oder 
der Beduinen bisher widerstanden, wird bald dasselbe 
gesagt werden können, — als verhältnismässig nur we¬ 
nige von jenen unscheinbaren Denkmalen aus Erde 
haben ihre Existenz eingebüsst; dort wo es geschah, 
forderte meist der Pflug oder das Dampfrad dieses Opfer. 
Uralt ist die Wahl der Erdhügel- oder Tumulusform zu 
Begräbniszwecken, und wenn wir heutzutage die letzte 
Ruhestätte unserer Theuren mit Erdhügeln versehen, 
so thun wir dasselbe nur in bescheidenerer Weise und 
mit geringerem Aufwande von Material, was vor 3000 
Jahren die assyrische Weltherrscherin Semiramis ~that, 
als sie ihrem Gemahle einen „künstlichen Berg“ errichtete, 
dessen Höhe auf nicht weniger als 5000 Fuss angegeben 
wird, der also dem niederösterreichischen Schneeberg 
(6000 Fuss) beinahe gleichkam. Homer lässt die grössten 
seiner Helden, so den Patrokles und den trojanischen 
Hektor, nach vorheriger Verbrennung in Hügel¬ 
gräbern beisetzen. Wenn uns Plutarch erzählt, dass 
Alexander der Grosse, nachdem er mit seinen Ge¬ 
nossen nackt um den Grabhügel des Achilles ge¬ 
laufen, die Gr ab sä ule salbte und bekränzte, so lässt 
sich zugleich hieraus entnehmen, dass eine weitere monu¬ 
mentale Verzierung der Tumuli, deren sieh eine grosse 
Zahl nicht bloss in Palästina, Phönicien, Klein¬ 
asien, in der europäischen Tür Lei, sondern auch in 
den verschiedenen Kronländern Oesterreich-Ungarns vor¬ 
findet, nicht principiell ausgeschlossen war. 
In manchen Ländern, so z. B. in den Ebenen der 
Balkanhalbinsel, finden sich derartige Tumuli in einer 
Massenhaftigkeit wie kaum irgendwo. — Bald stehen sie 
einzeln, bald in Gruppen zusammen; hier krönen sie 
einen Hügelkamm, dort ragen sie' weithin sichtbar aus 
der Ebene. 
Die gruppenständigen Hügelgräber zeigen mitunter 
eine Symmetrie in ihrer Anlage, in der Mehrzahl der 
Fälle aber nicht. Wie der Grösse, so der Form nach 
gibt es die mannigfaltigsten Abstufungen von winzigen 
Hügelchen bis zum ansehnlichen künstlichen Berg, 
von der Kegelstutz- und Spitzkegel- bis zur
	        
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