Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

Seite 82. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 11. 
wahrscheinlich einen Kalküberschuss als Silicat ab, wo¬ 
durch die hydraulischen Eigenschaften vernichtet werden, 
obgleich die procentische Zusammensetzung des Ganzen 
gleichbleibt. Bei der plötzlichen Abschreckung der feurig¬ 
flüssigen Schlacke durch kaltes Wasser ist jedoch keine 
Zeit für die Zersetzung des Hydraulits vorhanden und 
das letztere bleibt unverändert. Bemerkenswert ist, dass 
Zulkowski durch seine Studien beziehungsweise durch 
deren Ergebnisse sich zu der Annahme berechtigt hält, 
dass der Portland-Cement ein Gemenge eines schlacken¬ 
artigen Hydraulits mit jenem Kalke sei, der nach dem 
Brennen unverbunden übrig geblieben ist. Tetmajer 
meint, dass Vorgänge wie beim Granulieren der Hoch¬ 
ofenschlacke auch in der Natur vorgekommen sein mögen, 
dass also die natürlichen Hydraulite (Trass, Santorinerde, 
Puzzuolanerde) als vulcanische Auswurfsmassen ihre 
Hydraulicität einer plötzlichen Abkühlung durch Regen 
oder durch das Wasser der angrenzenden Meere ver¬ 
danken. 
Es ist nicht meine Aufgabe und vor allem nicht der 
Zweck dieser Abhandlung, die grössere oder geringere 
Berechtigung der einen oder anderen Theorie zu erörtern 
— uns genügt aus ihnen die Thatsache herauszulesen, 
dass wir es bei der Erzeugung des Schlackencementes 
nicht mit chemischen Processen zu thun haben, die als 
neuartig in der Cementfabrikation bezeichnet werden 
müssen, sondern mit Vorgängen, die sich im grossen 
Ganzen bei jeder Cementerzeugung abspielen, beziehungs¬ 
weise schon vorhergehend in der Natur abgespielt haben. 
Wir haben sonach keine Ursache, dem Schlackencemente 
wie einem ganz fremdartigen Producte gegenüber zu 
stehen. 
Die Art der Granulierung der Hochofenschlacke ist 
nicht unwichtig; jedenfalls muss die Schlacke in möglich 
kurzer Zeit zur Erstarrung gebracht werden; es sind da¬ 
her nothwendig: Hohe Anfangstemperatur, grosse Dünn¬ 
flüssigkeit der Schlacke, kurze Schlackentrift und niedrige 
Temperatur des Wassers. Die in Erstarrung begriffenen 
Schlacken der Hochöfen mit offener Brust geben einen 
minderwertigen Schlackensand. Den besten Sand liefern 
die Schlacken vom grauen Giessereiroheisen, sowie die 
Schlacken der blau zugestellten Hochöfen, in welchen 
dieselben ansteigen, also unter höherem Drucke aus- 
fliessen.*) 
Besonders wichtig ist natürlich die chemische Zu¬ 
sammensetzung der Schlacken. Dieselben müssen hoch- 
basische Metasilicate sein. Tetmajer ist der Ansicht, dass 
Hochofenschlacke, bei welcher das Verhältnis des Kalkes 
zur Kieselsäure au^ 1*0 herabsinkt, zur Erzeugung 
von Gement nicht mehr zu gebrauchen ist. Das Verhältnis 
von Thonerde zur Kieselerde scheint ebenfalls nicht ohne 
Einfluss zu sein; Tetmajer glaubt aus seinen Versuchen 
folgern zu können, dass die Tendenz zur Schwindrissig¬ 
keit des Schlackencementes mit wachsendem Verhältnis 
der Thonerde zur Kieselsäure ebenfalls wächst und das 
günstigste Verhältnis dieser Schlaekenbestandtheile bei 
0-45 bis O50 liegen dürfte; er bemerkt aber hinzu — und 
wir heben diesen Ausspruch, dessen Richtigkeit unsere 
persönlichen Erfahrungen bewiesen haben, ganz besonders 
hervor — „dass ein sicherer Schluss, eine zahlenmässige 
Darlegung dieser Verhältnisse aus dem Grunde nicht 
möglich ist, weil Temperaturverhältnisse der Schlacke 
*) Vgl. die citierten -Abhandlungen Tetmajers und Zulkowskis. 
in Verbindung mit der Art des Granulierens, ferner: die 
Art der weiteren Aufbereitung die aus der chemischen 
Zusammensetzung sich ergebenden Singularitäten zu ver¬ 
decken imstande sind“. 
Es kommt also für die Eigenschaften des Schlacken¬ 
cementes in ganz besonderem Grade die Art seiner Her¬ 
stellung in Betracht und darum ist es vollständig unzu¬ 
lässig, von. Schlackencement im allgemeinen zu sprechen 
— man darf den Cement nicht von seiner Marke trennen. 
Wenn Fachleute — und der Fall steht leider nicht ver¬ 
einzelt da :— unter Hinweis darauf, dass sie mit dem, 
„was man in Deutschland Schlackencement nennt“, 
schlechte Erfahrungen gemacht haben, Schlackencement 
überhaupt als minderwertig bezeichnen, so begehen sie 
einen grossen Fehler, der nicht nur im Hinblick auf die 
heimische Industrie, sondern namentlich im Hinblick auf 
die Entwicklung der Cementtechnik im allgemeinen zu 
beklagen ist. 
Die Schlackeneemcntfabrik in Königshof. 
Die Fabrik liegt in unmittelbarer Nähe der Oarl- 
Emil-Hütte der böhmischen Montangesellschaft in 
Königshof bei Beraun in Böhmen, woselbst sich mehrere 
Hochöfen.und eine Thomashütte befinden. Die Oarl-Emil- 
Hütte liefert $en Schlackensand, der auf einem besonderen 
Geleise der Oementfabrik zugeführt und daselbst an zweck¬ 
entsprechender Stelle abgelagert wird. Von hier gelangt 
der Sand in die Darre, aus dieser in die Mühlen und 
schliesslich in den Mischraum. Der Kalkstein, aus den 
Kalkbrüchen in Koneprus gewonnen, wird mit Locomotiv- 
zügen in die Fabrik gefördert und hier zu Kalk gebrannt. 
Seine Verwandlung in Kalkhydrat erfolgt in einem be¬ 
sonderen Gebäude, das neben einem ausgedehnten Lager¬ 
räume auch eine Abtheilung für die Durchsiebung des 
Hydrates enthält. Von hier aus wird das Hydrat auf 
kürzestem Wege dem Mischraum zugeführt. Der hier 
fertiggestellte Schlackencement kommt in das Magazin, 
von wo aus seine Verpackung und Verladung bewirkt 
werden kann. Der gesammte Betrieb der Fabrik erfolgt 
durch Dampfkraft, die Beleuchtung durch Elektricität. 
Der Selbstthätigkeit der Vorrichtungen ist ein grosse** 
Spielraum gelassen. 
Die einzelnen- Arbeitsräume sind zweckmässig an¬ 
geordnet. Kein Material macht einen unnützen Weg. 
Ebenso sind alle Räumlichkeiten zweckentsprechend an¬ 
geordnet, wenn sie auch derzeit den gesteigerten An¬ 
forderungen an die Leistungsfähigkeit der Fabrik nicht 
mehr durchaus genügen. Um diesen Uebelstand zu be¬ 
heben, ist gegenwärtig eine Umstaltung und Erweiterung 
der Anlage im Zuge. 
a) Der Königshofer Schlackencement. 
Die Hochöfen der Carl-Emil-Hütte werden mit Eisen¬ 
erzen aus Nucitz beschickt. 
Die Granulierung der graulichen Hochofenschlacke 
erfolgt in der Weise, dass die den Hochofen verlassende, 
feurig-flüssige Schlacke mit grossen Mengen kalten Wassers 
abgeschreckt wird, wodurch sie eine sandartige, klein¬ 
körnige Beschaffenheit und hervorragende hydraulische 
Eigenschaften erhält. 
Nach dem Granulieren erfolgt noch im Gebiete der 
Hütte die Sortierung der Schlacken. Nur die besten für 
die Cementbereitung vorzüglich geeigneten Sorten werden 
auf schmalspurigen Geleisen der Fabrik zur Weiterbe¬ 
reitung zugeführt.
	        
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