Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

Seite 162. ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITÜNG. Nr, 21. 
eingeschlossen, das ja doch, wie die Geschichte bis 
in die neuesten Zeiten uns zeigt, vor der Zerstörung 
und Entweihung nicht schützt. 
So viel über den angeblich schönsten Friedhof 
der Welt, der nur in einem Lande wie Amerika, wo 
die minimalsten Grundpreise bestehen, und keine Opfer 
gescheut werden, etwas Absonderliches zu schaffen, er¬ 
richtet werden konnte. Wollte man bei uns eine solche 
Anlage machen, so würde man sehr viel Geld, aber noch 
viel mehr Vorurtheile und Liebhabereien zu opfern 
haben, und doch das gewünschte Ziel nicht erreichen. 
Dass aber zur Planverfassung einer neuen Friedhof¬ 
anlage in Linz auch ein tüchtiger Landschafts¬ 
gärtner beigezogen werden muss, wird Jedem ein¬ 
leuchten, der vorstehende Zeilen gelesen hat, und sich 
für die bald auftretende Friedhoffrage interessiert. 
Kornhoff er. 
Beschlüsse des vierten österreichischen 
Ingenieur- und Architektentages. 
In den Tagen vom 1. bis 7. October 1. J. war in 
Wien der vierte österreichische Ingenieur- und Archi¬ 
tektentag versammelt, an welchem Ingenieure und 
Architekten aus ganz Oesterreich theilnahmen. Es wurden 
folgende Beschlüsse gefasst: 
1. Schutz der Standes!)ezeichnuiig „Ingenieur“. 
(Berichterstatter: Herr ,k. k. Baurath Franz Rit. v. Krenn.) 
1. Der vierte österreichische Ingenieur- und Arohi- 
tektentag spricht sein lebhaftes Bedauern aus, dass der 
von dem dritten österreichischen Ingenieur- und Archi¬ 
tektentage bereits vor neun Jahren ausgesprochene 
Wunsch nach Schutz der Standesbezeichnungen „Inge¬ 
nieur“ und „Architekt“ noch immer keine Erfüllung 
gefunden hat. 
2. Er anerkennt das in den letzten Jahren zutage 
getretene Bestreben der Regierung, den Wünschen der 
akademisch gebildeten Techniker in dieser Beziehung 
durch Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Berech¬ 
tigung zur Führung des Titels „Ingenieur“ entgegen¬ 
zukommen. 
3. Der vierte österreichische Ingenieur- und Archi¬ 
tektentag ist der Ansicht, dass der von der hohen Re¬ 
gierung am 3. November 1899 eingebrachte Gesetzentwurf 
den berechtigten Wünschen der Absolventen der tech¬ 
nischen Hochschulen und der Bergakademien der im 
Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder nur 
dann entsprechen würde, wenn in denselben noch eine 
Bestimmung betreffend die Bescheinigung über die Be¬ 
rechtigung zur Führung des Titels „Ingenieur“ auf¬ 
genommen wird, und dass dessen unveränderte Annahme 
allein die österreichische Technikerschaft befriedigen 
kann. 
2. Doctortitel. 
(Berichterstatter: Herr k. k. Baurath Franz Rit. v. Krenn.) 
In Erwägung, dass die österreichischen technischen 
Hochschulen und Bergakademien auf vollkommen gleicher 
Stufe mit den österreichischen Universitäten, sowie mit 
den technischen Hochschulen und Universitäten des 
Deutschen Reiches stehen, findet es der vierte öster¬ 
reichische Ingenieur- und Architektentag für dringend 
geboten, dass den technischen Hochschulen und Berg¬ 
akademien Oesterreichs das Recht zuzuerkennen sei, 
Doctoren zu promovieren. 
3. Stellung der Techniker im öffentlichen Baudienste. 
(Berichterstatter: Herr Baurath Hans Müller.) 
1. Der vierte österreichische Ingenieur- und Archi¬ 
tekteilt ag erachtet die baldigste Schaffung eines Ministe¬ 
riums für öffentliche Arbeiten im allgemeinen Interesse 
für nothwendig. 
2. Diesem Ministerium sollen die gegenwärtig in 
mehreren Centralstellen bestehenden und weiters zu er¬ 
richtenden technischen Abtheilungen unterstellt werden. 
3. In jedem Kronlande ist mindestens eine Baudirection 
für den staatlichen Hochbau, Strassenbau und Wasserbau, 
sowie für die Handhabung der staatlichen Aufsicht über 
alle anderen öffentlichen und Privatbauten zu errichten. 
Dieser Direction sind auch Maschinen-Ingenieure, Elektro¬ 
techniker und technische Chemiker zuzuvreisen. Die Bau- 
directionen sind dem Ministerium für öffentliche Arbeiten, 
die zu schaffenden Baubezirksämter den Baudirectionen 
zu unterordnen. 
4. Zur Leitung der vorgenannten technischen Be¬ 
hörden und ihrer Abtheilungen sind nur akademisch ge¬ 
bildete Ingenieure zu berufen. 
5. Insolange die Bildung des Ministeriums für öffent¬ 
liche Arbeiten noch nicht durchgeführt ist, sind Ueber- 
gangsbestimmungen zu treffen, durch welche den be¬ 
stehenden technischen Abtheilungen und Aemtern eine 
volle Selbständigkeit in technischen Fragen eingeräumt 
und denselben die massgebende Einflussnahme in Personal- 
Angelegenheiten der Staatstechniker sichergestellt wird. 
6. Während der Uebergangszeit ist eine entsprechende 
Vermehrung der technische Stellen in den höheren Rangs-. 
olassen der technischen Staatsbeamten zu veranlassen. 
7. 'Der vierte österreichische Ingenieur- und Archi¬ 
tektentag hält es ferner für dringend geboten, dass alle 
jene Beamtenstellen im Dienste der Länder, der Ge¬ 
meinden, öffentlichen Fohde und der 'zur öffentlichen 
Rechnungslegung verpflichteten Unternehmungen, welche 
technisches Wissen und Können erfordern, in gleicher 
Weise wie im staatlichen Baudienste- in Hinkunft ausr 
nahmslos mit akademisch gebildeten Ingenieuren besetzt 
und diese Ingenieure mit deil in gleichem Range stehenden 
Beamten anderer Hochschulbildung als vollkommen gleich¬ 
berechtigt anerkannt werden. 
4. Stellung der Techniker im Eisenhahndienste. 
(Berichterstatter-. Herr beh. aut. Oivilingenieur E. A. Ziffer.) 
1. Der vierte österreichische Ingenieur- und Archi¬ 
tektentag erachtet die gegenwärtige Organisation des 
k. k. Eisenbahn-Ministeriums hinsichtlich des technischen 
Verwaltungsgebietes aus dem Grunde nicht für zweck¬ 
mässig, weil dieselbe alle technischen Angelegenheiten 
des Eisenbahnwesens in eine Section vereinigt. 
Dadurch wird der an der Spitze dieser Section 
stehenden Persönlichkeit die Beherrschung aller ein¬ 
schlägigen Fachgebiete zugemuthet, welche bei der 
Mannigfaltigkeit und der Ausdehnung der Eisenbahn¬ 
technik unmöglich vorausgesetzt werden kann. 
Es wären daher an Stelle der jetzt bestehenden 
einzigen technischen Section, abgesehen von der von 
einem Techniker geleiteten Generalinspection der öster¬ 
reichischen Eisenbahnen, eine technische Präsidial- 
Abtheilung und mindestens vier technische Sectionen 
mit der entsprechenden Anzahl von Abtheilungen zu er¬ 
richten, u. zw. 
a) für Bau ünd Erhaltung der Bahn und deren fixer 
Ausrüstung (mit Einschluss einer Abtheilung für
	        
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