Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

Seite 156. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAU ZEIT UH G. 
Nr. 20. 
finden sich auch in der Sultan Valide-Moschee in Con- 
stantinopel ebenfalls Haare des Propheten, die am Tage 
des Beiramfestes von dem jeweiligen Grosssultan geküsst 
werden müssen. Ein muselmännischer Reliquiencultus! 
Ein Stück orientalischer Architektur sind auch die 
käfigartigen Läden in den Bazaren, in denen nimmermüde 
bezahlte Händler ihre Waren anpreisen. Namensfirmen 
fehlen, dafür prangt in goldenen oder grünen Buchstaben 
ein frommer Spruch, als „0 Gott, o Erschliesser des Er¬ 
werbs, o Allernährer“ u. a. m. Wie Storchennester er¬ 
scheinen die Wohnhäuser der Dahomeyleute. Auf einem 
Gerüste, das nur aus vier langen Stangen besteht, klebt 
die Hütte, einem grossen Vogelneste ähnlicher als einer 
menschlichen Behausung. Eine wackelige Binsenleiter 
führt zu diesem eigenthümlichen Wohnraum hinauf. Die 
Vornehmen wohnen zu ebener. Erde in Hütten mit Spitz¬ 
dächern, die wie grosse Pilze aussehen. Eine eigentliche 
Einrichtung von Möbeln besteht nicht, auch die Zahl der 
Gebrauchsgegenstände dieses Negerstammes ist sehr be¬ 
schränkt. 
Imposant ist das algierische Haus eines Vornehmen, 
eine wahre Citadelle, die manchem Ansturm zu trotzen 
vermag. In der Mitte der arabischen Stadt erhebt sich 
der Tempel des Tanzes, in welchem den ganzen Nach¬ 
mittag Tanzvorstellungen der Einheimischen abgehalten 
werden. Eine Reihe von Gebäuden ist Schaustellungen 
und Vergnügungen gewidmet. 
Als ein Fort zeigt sich der nationale Bau Guineas, 
der von eingebornen Milizen bewacht wird. Innerhalb 
der Mauern sind zwei Häuser, eigentlich landesübliche 
Rundthürme aufgebaut, die durch eine Gallerie von 
Stockwerkshöhe verbunden sind. Die trichterförmigen, 
oben mit Rauchabzug versehenen Dächer sind mit Schilf¬ 
rohr gedeckt. Selbstredend darf auch der Fetisch¬ 
tempel nicht fehlen. Das einfache Häuschen, das den 
Gott beherbergt, liegt im Baumwäldchen versteckt. 
Gleichfalls hinter Mauern befindet sich die Demon¬ 
stration der Bauten von Dahomey. Am Eingangsthore 
erhebt sich der Opferthurm des Gottes Behanzin. Ein 
einfacher lichtloser Vierecksthurm, der nur durch ein 
plumpes Rohr dach auffällt. Die Gebäude sind stockhoch, 
haben an allen Seiten Baikone mit Geländern in Art 
unserer Gebirgshäuser. Das grosse Regierungsg'ebäude 
hat Colonnaden und enthält eine grosse mit primitiven 
Fresken geschmückte Halle für Ausstellungszwecke. Wir 
finden hier alles Wissenswerte über diese Colonie, zu¬ 
meist geographische und ethnographische Objecte, die 
von General Goods zusammengestellt wurden. 
Eine ganz neue Welt eröffnet sich im Weiterschreiten. 
Aus dem dunklen Erdtheil, dessen sich die Golonien 
gieriger Staaten Europas bemächtigt haben, gelangt man 
zu den architektonisch wirkungsvollen Bauten des fran¬ 
zösischen Asiens. Den Haupteffect der francoindischen 
Bauten bildet das Regierungsgebäude, eine zierliche 
Pagode aus dem neu-brahminischen Zeitalter. In anderen 
Gebäuden sind nach den Regierungsbezirken Pondy- 
chery, Canderwagor, Mähe, Karikal Boden-, 
Gewerbe- und Industrieprodücte ausgestellt. In mehreren. 
Werkstätten werden Gewerbe demonstriert. In einem 
Theater mit 7Q0 Plätzen werden von Hindus Vorstellungen 
veranstaltet. Ein reich bemalt und vergoldetes Gebäude 
aus Holz dient der indischen Restauration. Auch fehlt 
die Hindugasse nicht mit Läden und Händlern, die 
mit ihren exorbitanten Preisen kaum von anderen Privaten 
übertroffen werden. 
Die weiter aufwärts gelegenen Bauten Indo China, 
Tonkin, Cambodge haben über zwei Millionen Francs 
gekostet. Auf der Nachbildung des Prom-Benh erhebt 
sich die Pagode des Königs von Cambodge. Dieser 
Bau wird von einem mächtigen Glockenthurm überragt. 
Hier ist auch Gott Buddha in einer Ausführung von 
sechs Meter Höhe zu sehen. In landesüblichen Hütten 
werden von Eingebornen Gewerbebetriebe ausgeübt, und 
verdienen besonders die feinsten Seidengewebe Erwähnung. 
Unter der Pagodr? befindet sich eine grosse Halle mit 
fünf Dioramen des Malers Dumoulin, die indische Land¬ 
schaften und Scenen aus dem Volksleben vorführen. Ein 
anderes Gebäude ist die Reproduction der malerischen 
Pagode in Oholon. 
Interessant ist der grosse Bau Tonkins, ein länd¬ 
licher Herrensitz mit breiter Terrasse, eine Copie des 
Palais Ca-Lao-Hanoi. Neben den ausgestellten Landes¬ 
erzeugnissen verdient eine' eingerichtete Ecliule alle An¬ 
erkennung. Auch Lehrer und Schüler fehlen nicht. Ein 
wegen seiner meisterhaften Holzschnitzereien bewunderns¬ 
werter Bau enthält die Forstausstellung der französischen 
Golonien. Dieses niedliche Bauwerk wurde in Anam her¬ 
gestellt und in Paris aufgestellt. 
Ueberraschend schön und von einem grossen Formen¬ 
reichthum ist das 0 ambödgetheater, eine Nachahmung 
der berühmten Pagode von Hangkor. Aufgeführt 
werden indische Liederspiele und Ballette. Selbstredend 
fehlt nicht ein Cafe — mit indischen Getränken. 
Berichte über neue Erfindungen. 
Aufgestellt durch das Patent- und technische Bureau 
von A. Rohrbach & Co. in Berlin NW. 6, Marienstrasse 28, 
Erfurt und Casse 1. 
Auf eine Vorrichtung zum Trocknen von Decken 
von Bauwerken hat die Firma „Bauhygiene“ G. m. b. H. 
in Berlin den Gebrauchsmusterschutz erworben. Die Vor¬ 
richtung dient zur unmittelbaren Beheizung der Decken 
von Bauwerken zwecks beschleunigter Trockenlegung 
derselben. Die Vorrichtung besteht aus einem fahrbaren, 
geeignet construierten Heizkörper, von welchem sich 
eine in ihrer Höhe einstellbare und bis in die Decken¬ 
gegend ragende Heizgasleitung erhebt,, deren Mündung 
mit einem Strahlenbrecher zur Vertheilung der Heizgase 
versehen ist. Um nach Möglichkeit die seitliche Wärme¬ 
ausstrahlung. zu verhüten, soll der Heizkörper und die 
Heizgasleitung mit einer .Wärmeschutzmasse bekleidet 
sein. Der Heizkörper ist mit einer Haube versehen, von 
welcher die aus zerlegbaren Stücken bestehende Heiz¬ 
gasleitung bis in die Nähe der zu bearbeitenden Decke 
ragt. Bolzen etc. stellen eine feste Verbindung der ein¬ 
zelnen Leitüngsstücke her. Von dem Trichter wird auf 
Stützen der Strahlenbrecher getragen, welcher die Ver¬ 
theilung der Heizgase bewirkt. 
Auf Massivdecke aus keilförmigen, abwechselnd 
mit der zur Aufnahme von Bandeisen geschlitzten 
Breitseite schichtenweise nach oben und unten ver¬ 
legten Steinen hat Herr Christian Olbertz in Werden 
den Gebrauchsmusterschutz erhalten. Bei Anlage der 
Decke soll in erster Linie das kostspielige Einschalen 
wegfallen, was dadurch erzielt wird, dass die Decken¬ 
steine rittlings auf ein 40 mm hohes Bandeisen gesetzt 
werden und in den durch ihre verjüngende Form nach 
oben hinterlassenen Raum dieselben umgedreht eingelegt 
werden und in Verbandsform hängen bleiben. Alsdann 
soll zur grösseren Widerstandsfähigkeit ebenfalls ein
	        
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