Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

Seite 140 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 18. 
andere und erfordern mithin mindestens allgemeine Kennt¬ 
nisse der oben erwähnten verschiedenen Anlagen. 
Will man für eine bestimmte Kesselgrösse oder für 
eine gegebene Anzahl Quadratmeter wasserberührte Heiz¬ 
fläche einen Schornstein construieren, so muss der Con- 
structeur wissen, wie viel lichte Weite bei einer gewissen 
Höhe der Schornstein haben muss, wobei ausser der 
Heiz- oder Rostfläche auch noch die localen Verhältnisse 
mitsprechen. Ferner ist in Erwägung zu ziehen, welches 
Brennmaterial zur Verfügung steht, und ferner, ob der 
Schornstein so zu construieren ist, dass später weitere 
Kessel oder eine grössere Anzahl Quadratmeter Heiz¬ 
fläche angehängt werden könnten. 
Es ist ein weitverbreiteter Irrthum, schreibt der Givil- 
Ingenieur Rudolf Witte in Osnabrück in der „Deutschen 
Bauhütte“, wenn man glaubt, man könnte einem Schorn¬ 
stein nur zu wenig, nicht aber zu viel obere Lichtweite 
geben; ich habe Fälle gehabt, wo der schlechte Zug 
sich nur allein auf die zu grosse obere Lichtweite des 
Schornsteins und geringe Höhe zurückführen liess. In 
diesem Falle erhöhte ich den Schornstein um einige Meter, 
minderte die Lichtweite thunlichst herab, und der Uebel- 
stand war beseitigt. 
Will man später statt 1 Stück 3 oder 4 weitere Feuer¬ 
ungen anhängen, so ordnet man zweckmässig um den 
Kamin herum einen sogenannten Mischkanal an, welcher 
den Zweck hat, die den verschiedenen Feuerstellen mit 
ungleich hohen Temperaturen entströmenden Gase vor¬ 
zumischen und sie dann erst in stets gleichmässiger 
Weise an den eigentlichen Schornstein abzugeben. Han¬ 
delt es sich dagegen um die Anhängung von mehr als 
6 Feuerstellen (Kesseln), so kann man den Mischkanal 
nicht verwenden, sondern muss einen Längscanal hinter 
den Kesseln anlegen und diesen dann durch zwei Mün¬ 
dungen mit dem Schornstein verbinden. 
Bei Ziegeleianlagen kann man durch richtige An-j 
Ordnung der Lage des Maschinenhauses zum Ofen in den 
meisten Fällen sehr gut mit einem Kamin auskommen. 
Der Zug desselben wird durch Einführen einer weiteren 
Feuerung in zweckentsprechender Form nur verbessert, 
indem die Temperatur der Gase im Kamin eine höhere 
wird und die Saugwirkung eines Schornsteins dann ihren 
höchsten Effect erreicht, wenn die absolute Temperatur 
im Innern doppelt so gross ist, wie die absolute äussere 
Temperatur. Bei der Anlage von Kalkwerken empfehle 
ich für jeden Kalkofen einen separaten Kamin, da es 
gerade beim Brennen von Kalk ungemein auf guten, 
leicht regulierbaren Zug ankommt. Man wird einwenden, 
der Zutritt der Gase zum Schornstein könne leicht durch 
Schieber reguliert werden. Dieses mag wohl bei Kessel¬ 
anlagen im grossen und ganzen zutreffend sein. Bei 
Schornsteinen für Kalk-Ringöfen, Martinwerken u. s. 'w. 
ist es aber nicht zutreffend, da bei mehr oder minder 
geschlossenem Schieber überhaupt zu wenig Wärme in 
den Kamin gelangt und die Saugwirkung desselben da¬ 
durch auf ein Minimum herabgedrückt wird. 
Geht es nicht an, für jeden Ofen einen Schornstein 
zu bauen, dann soll man wenigstens den Kamin möglichst 
weit von dem Austritt der Gase aus dem Ofen anlegen, 
da dann wenigstens in den langen Zuführungscanälen 
ein Ausgleich der Temperaturen stattfindet. Auch soll 
man nie die Aufführung einer Zunge in Mindesthöhe von 
10 Meter vergessen; bemerken möchte ich noch, dass 
Kalk-Ringöfen-Schornsteine eines grossen oberen Quer¬ 
schnittes benöthigen, um die Kohlensäure, welche beim 
Brennen von Kalk in grossen Mengen frei wird, rationell 
ab führen zu können. 
Gonstruction runder Schornsteine. 
Die Tiefe der Fundamente richtet sich nicht allein 
nach der Bodenbeschaffenheit, sondern auch nach der 
Höhe der eingeführten Füchse unter Terrain. Unter den 
Füchsen ist mindestens ein Absatz in einer Stärke von 
600—1000 Millimeter vorzusehen. Für die meisten Schorn¬ 
steine wird eine Fundamenttiefe von 1600—1800 Milli¬ 
meter genügen. Die Breite der Absätze richtet sich 
nach der Belastung aus Eigengewicht und Winddruck. 
Letztere beiden zusammen (Werte) kann man bei gutem 
Boden im ungünstigen Falle auf 3—4 Kilogramm pro 
Quadratcentimeter annehmen. Zugspannungen im Funda¬ 
ment dürfen nur ganz minimal sein und ist auf alle Fälle 
zu empfehlen, so zu construieren, dass man Zugspannungen 
im Fundament überhaupt nicht hat. Ist der Baugrund 
sehr schlecht, so muss man ihn tragfähig machen und 
je nachdem Schwellen oder Pfahlrost oder beides zu¬ 
sammen verwenden. Benutzt man den Pfahlrost, um den 
Druck durch eine schlechte Bodenschicht hindurch auf 
festen Boden zu übertragen, so hat man die Pfähle lang 
zu nehmen; will man jedoch mittels des Pfahlrostes nur 
den Boden dichter machen, so genügt es, recht viele 
dicke kurze Pfähle zu verwenden. Ueber den Pfahlrost 
legt man aus praktischen Gründen am besten eine Beton¬ 
schichte von 1000—1500 Millimeter Stärke. Die Verwen¬ 
dung von Bruchsteinen zu Schornsteinfundamenten sollte 
überhaupt verboten sein, da es praktisch unmöglich ist, 
daraus ein wirklich tragfähiges Mau er werk herzustellen. 
Die Einführungslöcher für die Füchse sollte man 
mindestens in einer Anzahl von zwei wählen, besser 
aber drei oder vier, da dann der Druck der Säule auf 
das Fundament ein gleichmässiger wird. Die Gewölbe 
der Füchse sollen mindestens aus drei Rollen bestehen. 
Die Höhe der Absätze wird nach Schichtmass eingetheilt. 
Runde Bögen im Grundrisse sind nach Möglichkeit zu 
umgehen, da letztere, wenn nicht aus Formsteinen, 
praktisch schwer ausführbar sind. 
Am billigsten und am meisten widerstandsfähig sind 
runde Säulen. Bevor man bei der Gonstruction eine 
Säule in einzelne Absätze zerlegt, ist es gut, sich ein 
Massendiagramm mit Kurve anzutragen, um danach dann 
die Höhe der Absätze zu bestimmen; durch diese Auf¬ 
tragung vermeidet man einerseits unnöthiges Mauerwerk, 
andererseits weiss man sofort daraus, wo der gefährliche 
Querschnitt liegt. Erlaubt sind im gefährlichsten Quer¬ 
schnitt Zugspannungen bis zu 2L/2 Kilogramm pro Qua¬ 
dratcentimeter, bei gutem, verlängerten Oementmörtel 
Druckspannungen bis zu 10 Kilogramm pro Quadrat¬ 
centimeter. Bei Säulendurchmessern von unter 2000 bis 
2500 Millimeter aussen ist es zweckmässig, radial ge¬ 
formte Steine zu verwenden. 
Um einen guten Kamin zu bekommen, soll man 
darauf Acht geben, dass jeder einzelne Stein, sei er nun 
Radial- oder Normalstein, für sich mit voller Schnittfuge 
und l1/2 bis 2 Centimeter tiefer Ansichtsfuge vermauert 
wird; die Ansichtsfuge ist in ihrer ganzen Tiefe mit 
gutem Portland-Cement glatt vollzufugen. Um einer¬ 
seits die Stabilität nicht herabzumindern und andererseits 
die Temperatur nicht herabzudrücken, empfehle ich auch, 
nicht zu schwache Wandungen im oberen Theile der 
Säule zu wählen, insbesondere niemals den oberen Absatz 
unter 150 Millimeter stark zu machen.
	        
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