Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Seite 92. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 12. 
durch die neuartige geschmackvolle Disposition in das 
wohlverdiente helle Tageslicht treten durften. 
Für die herrlichen Bronzestatuen und Büsten der 
römischen Kaiser in der links vom Eingänge angelegten 
Bronzeabteilung hat wohl, mit einziger Ausnahme, 
vielleicht des Kapitolinischen Museums kaum noch eine 
zweite Sammlung gleiche Werte aufzuweisen. Den Ger¬ 
manenbüsten, die gleichfalls hier ihren Platz gefunden, 
hat sich auch der blinde Sänger Homer zugesellt, wie 
wohl zu seiner würdevollen Schlichtheit das neue Piedestal 
nur schwer eine angemessene Stimmung aufkommen lässt. 
Einen besonders festlichen Charakter haben die 
Architekten unverkennbar dem ersten Stockwerk ver¬ 
liehen, um die Wirkung der hier untergebrachten antiken 
Wandgemälde desto nachhaltiger zur vollen Entfaltung 
gelangen zu lassen. In der Tat tragen denn auch diese 
mit Tonnengewölben gedeckten hohen und hellen Räume, 
denen auf graublauer Bemalung die keineswegs auf¬ 
dringliche Ornamentik pompejanischen Stils noch besonders 
erfreulich zu statten kommt, sehr wesentlich dazu bei, 
dass man an der eigenartigen Pracht der Fresken, die 
nach den gleichen Prinzipien wie die Skulpturen des 
Erdgeschosses angeordnet sind, ungeteilte und genuss¬ 
reiche Freude empfindet. Hat doch auch hier wiederum 
verständnisvolle Einsicht alle Ueberfüllung mit Glüek zu 
vermeiden gewusst, so dass ein jedes der grösseren Stücke 
in seiner einheitlichen Gesamtwirkung unbeeinträchtigt 
bleibt. 
Im rechten Flügel des zweiten Stockwerkes sind die 
kleineren Bronzen, die Goldgeräte, Gläser, Vasen, Kameen 
und Medaillen zu einer ausserordentlichen reizvollen 
Sonderabteilung vereinigt. Ganz unwillkürlich fühlt sich 
der Beschauer hier zu einer Vergleichung des Einst mit 
dem Jetzt hingezogen und dies um so nachdrücklicher, 
als sich gerade hier mehr denn irgend sonstwo das in¬ 
timste Kleinleben der Alten dem sinnenden Auge enthüllt 
—. nicht zum wenigsten dank der unvergleichlichen 
Meisterschaft, mit der hier eine kundige Hand eben 
diesem der ganzen Neuanlage Zweck und Bedeutung in 
sich fassenden Kernpunkte Rechnung getragen hat. 
Gegenüber, im linken Flügel, ist die Pinakothek 
untergebracht, zugleich mit des Museums bescheidenem 
Bestände an modernen Plastiken, Bronzen und Gegen¬ 
ständen kunstgewerblicher Art. Hier die Wände mit 
hellgrünem Tuch auszuschlagen, kann wohl kaum als 
missglückte Idee verurteilt werden. Denn mag auch 
diese Farbe vielleicht nicht für jedes einzelne Bild die 
geeignetste Folie abgeben, so gebührt ihr doch immer¬ 
hin schon aus dem einen nicht ganz unwesentlichen 
Grunde der Vorzug, weil Grün unbestritten die einzige 
wohltuende Fläche ist, auf der das durch die wilde regel¬ 
lose Buntheit der verschiedenen Gemälde ermüdete und 
nicht selten verwirrte Auge des Beschauers willkommene 
Ruhe und neue, erfrischende und belebende Reinigung 
zu finden vermag. In weiser Ausnützung der in dem 
Gebäude vorhandenen räumlichen Fülle hat man die 
Bilder hier in einer Reihe aufgehängt. Für die hiedurch 
geschaffenen grösseren unbelebten Flächen gibt es aber 
wiederum ausser Grün wohl kein zweites Grundthema, in 
welchem sich die ganze reiche Skala der Farbentöne reiner 
in harmonischem Einklänge zu sammeln vermöchte. — 
— Noch ist nicht alles vollendet. Noch harrt das Ganze 
der letzten segnenden Weihe. Gleichwohl wendet man 
sich nur ungern und nicht ohne ein Gefühl ehrfürchtiger 
Gehobenheit von diesem merkwürdigen Monumente, das 
gleich einem edlen Gefässe den zartesten Niederschlag 
einer feingeistigen Kultur in sich schliesst. Sind uns 
doch die alten Griechen und Römer für Kunstpflege und 
ästhetischen Kunstgenuss bleibendes, noch unerreichtes 
Vorbild. Wenn daher auch der Eifer begreiflich er¬ 
scheinen mag, mit dem man aller Orten die Werke der 
Alten zu sammeln und mit bewusster Einsicht zu gemessen 
sich müht, so wirkt doch gerade hier bei dem nahe¬ 
liegenden Vergleiche mit dem geistvoll neugeordneten 
Museum zu Neapel die überwiegende Mehrzahl der gegen¬ 
wärtigen Kunstsammlungen durchwegs nur mehr wie 
grosse, wenn auch vielleicht kostbare Stapelplätze, die 
zwar oft bis zum First mit Erzeugnissen der alten Kultur 
angefüllt sind, den Beschauer aber ohne Wärme und von 
dem diesen Wirken innewohnenden Geiste unberührt 
lassen. Ihnen gegenüber ein seltenes, zur Nacheiferung 
machtvoll befeuerndes Dokument der hehren Aufgaben, 
die in der individuellen Ausgestaltung der meisten Kunst¬ 
museen vollgereift und doch noch ungelöst des befruch¬ 
tenden Geistes berufener Innenarchitekten harren und von 
diesen um der Anbahnung eines verfeinerten, veredelnden 
und daher für Gegenwart wie Zukunft gewinnreichen 
Genusses der Antike willen zum Ziele geführt werden 
müssen — solches ist der erhabene Ruhmartikel des 
Museo Nazionale, durch dessen Räume nun der belebende 
Odem derer weht, die in ihren Schöpfungen selbst sich 
der Unsterblichkeit Unterpfand gesichert haben. 
Hygiene der Schulgebäude. 
Gemeinsame Leitsätze der Referenten Professor Dr. R. Blasius 
und Stadtbaumeister 0 s t e r 1 o h-Braunschweig für den Ersten 
Internationalen Kongress für Schulhygiene in Nürnberg 
(4. bis 9. April 1904). 
(Schluss.) 
Die Brüstung der Fenster ist wenigstens 1 Meter, 
besser aber P20 bis 1*30 Meter hoch anzunehmen. 
Das Rahmenwerk der Fenster ist möglichst schmal 
herzustellen. Die unteren Flügel der Fenster müssen 
leicht zu öffnen und in jeder Stellung festzustellen sein. 
Im oberen Teile der Fenster sind Kippflügel anzubringen. 
Doppel- und Winterfenster sind nicht zu empfehlen, 
da sie die Erhellung und natürliche Lüftung der Schul¬ 
zimmer beeinträchtigen. 
Zum Schutze gegen die direkten Sonnenstrahlen 
sind innen Zugvorhänge aus weisser, dichter Leinwand 
anzubringen. In besonderen Fällen wird eine Beschattung 
der Fenster durch aussen angebrachte Zugjalousien aus 
schmalen Brettchen oder durchscheinendem Stoffe er¬ 
forderlich sein. 
Vorteilhaft für die Kühlhaltung der nach Süden ge¬ 
legenen Klassenzimmer ist auch eine Anpflanzung von 
— nur im Sommer grünenden — Klettergewächsen. 
Oberlicht ist für die in das oberste Geschoss zu 
legenden Zeichen- oder Handarbeitsklassen als zweck¬ 
mässig zu bezeichnen. 
3. Abendbeleuchtung. Die etwa erforderliche 
künstliche Beleuchtung der Schulzimmer ist so einzu¬ 
richten, dass auf jedem Platze eine genügende und 
gleichmässige Erhellung, ohne Blendung und Bildung 
von Schlagschatten, stattfindet. 
Die indirekte elektrische Beleuchtung entspricht 
diesen Forderungen am besten und hat gegenüber der 
Gasbeleuchtung noch den Vorzug, dass dieselbe keine 
Verschlechterung der Luft durch Oxydationsprodukte
	        
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