Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Seite 68. 
Oberösterreichische Bauzeitung, 
Nr. 9. 
verschiedensten Richtungen hin eintretenden Grössen¬ 
ausdehnungen der Bestandteile gegen einander grosse 
Pressungen verursachen müssen. 
Wie schädlich in einem solchen Palle plötzliche 
Abkühlungen, etwa durch die gegen das Aeussere ge¬ 
richteten Strahlen einer Feuerspritze, wirken, dürfte 
allgemein bekannt sein. Ueber die Feuersicherheit der 
verschiedenen Steinarten sind unter anderem in Amerika, 
in welchem Lande die Errichtung feuersicherer (oder 
vielfach sogenannter feuersicherer) Gebäude aller Art 
zahlreich stattfindet, vielfache Versuche angestellt worden. 
Auf die Art dieser Versuche soll nicht näher ein¬ 
gegangen, sondern nur die Ergebnisse derselben angegeben 
werden. Hiernach muss Sandstein in Bezug auf die Feuer¬ 
sicherheit dem Granit, Marmor und Kalkstein als über¬ 
legen bezeichnet werden. Die letztere Steingattung 
zeigt bei hohen Temperaturen Neigung, zu kalcinieren. 
Gleichzeitig haben diese Experimente jedoch auch 
ergeben, dass die verschiedenen Sandsteinarten ein 
äusserst ungleiches Verhalten im Feuer zeigen. Während 
einzelne Sandsteine hinsichtlich ihrer Festigkeit durch 
die Hitze nur wenig beeinträchtigt wurden, erwiesen sich 
andere im hohen Masse geschwächt, bei manchen genügte 
ein Schlag mit dem Hammer, um sie in kleine Teile zu 
zerlegen, andere Hessen sich mit den Fingern zerreiben 
und zwei Arten waren zu reinen Sandhaufen geworden. 
Im ganzen genommen sind Granit, Syenit, Basalt 
und verwandte Steinarten am ungeeignetsten, der Ein¬ 
wirkung des Feuers zu widerstehen. 
Fester Kalkstein und Dolomit sind besser als Granit 
oder Syenit, in die erste Reihe müssen jedoch feinkörnige 
feste Arten von Sandstein gestellt werden, diese haben 
sich am zuverlässigsten erwiesen. 
Wie „alte Meisterbilder" gemacht werden. 
Bekenntnisse eines Bilderfälschers, die bei der Be¬ 
deutung dieses „Handwerks“ im modernen Kunsthandel 
Beachtung verdienen, gibt Ronald Graham in einem an 
Material reichen Artikel über Bilderfälscher und ihre 
Methoden, den er im „Strand Magazine“ veröffentlicht, 
wieder. Er lernte den Mann — er nennt ihn „Mr. Adolphe“ 
— bei einem Kunsthändler in London kennen; er ist 
jetzt in einem weniger fragwürdigen Berufe tätig. 
„Mr. Adolphes“ Laufbahn als Bilderfälscher ist geradezu 
typisch. Er fing als armer Kunststudent in Brüssel an; 
im Jahre 1879 hatte er genug Geld erspart, um nach 
Paris zu gehen. Dort besuchte er ein bekanntes Atelier 
und plagte sich vom Morgen bis zum Abend, um mit 
21 Jahren zu entdecken, dass er nie ein rechter Maler 
werden würde. „Ich schickte keine Gemälde in den 
•Salon, weil ich nie etwas Originelles zu schaffen verstand. 
Kopieren konnte ich dagegen so gut wie jeder andere, 
während meine Kompositionsversuche bei meinen Kame¬ 
raden wahre Lachsalven verursachten. Ich hatte absolut 
keine Erfindung, obgleich ich nichts lieber tat, als malen. 
Durch Kopieren im Louvre konnte ich zwei bis drei 
Jahre meinen Lebensunterhalt erwerben. Oft bekam ich 
nur 15 Franks für die Kopie, Farbe und Leinwand ab¬ 
gerechnet; das höchste, was ich je erhielt, waren 
100 Franks. Eines Tages trug mir ein Fremder, der sich 
für meine Arbeit interessierte, auf, eine Heilige Familie 
von Tintoretto für 50 Franks für ihn zu malen. Am 
vierten Tage, als wir schon befreundeter geworden 
waren, sagte er plötzlich, dass er lieber einen Murillo 
haben wollte. Da ich aber schon die Figuren und die 
Kostüme gemalt hatte, zahlte er 50 Franks und schlug 
mir halb im Scherz vor, die Gesichter der Murillo’schen 
Familie in das unvollendete Bild hineinzukopieren. Ich 
war sehr überrascht, sagte ihm aber, dass ich die 
Murillo’schen Gesichter auf eine andere Leinwand malen 
und zu Hause in den Tintoretto hineinbringen könnte, 
da dies sonst nicht erlaubt war. So verdiente ich wieder 
50 Franks. Auf diese Art begann ich meine Laufbahn 
als Arbeiter in „Mosaiken“ der alten Meister. Ich ko¬ 
pierte in der Folge eine Landschaft, Hintergrund von 
Corregio, Vordergrund von Leonardo, einiges Beiwerk 
von Tizian. Ich hielt es für einen Malerscherz — nicht 
so mein Patron: Ich fand eine Photographie von diesem 
Bild in einer Kunstzeitschrift wieder, als ein Giovanni 
Bel'lini bezeichnet; die Echtheit wurde zwar angezweifelt, 
doch zweifle ich kaum, dass das Bild sich jetzt hoch 
bewertet in einer Privatgalerie befindet.“ 
So verfuhr Mr. Adolphe öfter; sein Verdacht wurde 
natürlich bald rege, aber er „konnte es sich nicht leisten, 
mit seinem Brot und Butter zu streiten.“ Schliesslich 
bekam er den Auftrag, nach Amsterdam und nach 
London zu gehen, wo er acht Monate in der National¬ 
galerie genau kopierte; das „Vermischen“ wurde jetzt 
von anderen in der gleichen Weise besorgt. Dieses „Ver¬ 
mischen“ stellt einen sehr wichtigen Teil der Arbeit, 
„alte Meister zu verfertigen“, dar. „Ich weiss von einem 
Mann, der kaum zu malen verstand, aber ein gutes 
Auge für die Gruppierung und Gesamtwirkung hatte; er 
pflegte die Leinwandstücke auszuschneiden und zu- 
sammenzupassen, seine Frau kopierte das ganze; die 
Bilder wurden dann dem üblichen „Nachdunkelungs- 
prozess“ unterworfen, in wurmstichige Rahmen gesteckt 
und nach den Auktionsräumen von Paris, London und 
Newyork gebracht. In vielen hervorragenden Samm¬ 
lungen Europas gibt es solche „Mischungen“. Es ist gar 
nicht schwer, der Entdeckung aus dem Wege zu gehen. 
Die Besitzer mancher unechten Bilder wissen es sogar 
selbst, sind aber deswegen kaum weniger zufrieden 
damit. Selbst Kritiker fallen darauf herein. Mr. Adolphe 
zeigte ein Bild, das als Kindheit des hl. Johannes Tiziano 
Vecellio bezeichnet war. Der schöne Faltenwurf und die 
prachtvolle Farbengebung Tizianos war darauf zu sehen. 
Auch der ganze äussere Anstrich des Bildes schien ein 
so hohes Alter zu garantieren. Die Gesichter waren rein 
Tizian; man hatte eine dunkle Erinnerung, sie schon 
gesehen zu haben. Der Faltenwurf der Jungfrau war 
aber von Sir Josua Reynolds Mrs. Oarnac, die Landschaft 
im Hintergründe von Fragonard und die Nebenfiguren 
waren Andrea del Sarto entnommen, das Beiwerk von 
Botticelli; das Gesicht der Jungfrau und des Kindes war 
von einem berühmten Tizian in Florenz. Die beigegebene 
Reproduktion dieser Fälschung neben denen der Originale, 
aus denen sie zusammengesetzt wurden, zeigt allerdings 
einen „alten Meister“, auf den nur ein sehr Unkundiger 
hereinfallen könnte. Andere Beispiele sind aber augen¬ 
scheinlich geschickter, so dass man der Behauptung des 
Verfassers wohl Glauben schenkt, dass derartige Mach¬ 
werke in viele Privatgalerien gelangt sind. So kaufte ein 
reicher Chicagoer 1893 einen „Raffael“ in Italien, über 
dessen Ausführung in der italienischen Presse sich ein 
grosses Geschrei erhob und der bei näherer Prüfung als 
eine Mischung von fünf verschiedenen Meistern erkannt 
wurde, deren Herstellung alles in allem etwa 200 Franks 
gekostet haben wird. „M. N. N.“
	        
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