Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Nr. 7. 
Oberösterreichische Bauzeitung 
Seite 51. 
Beobachtung behaupten, dass es kaum ein Städtchen 
gibt, das nicht eine oder sogar mehrere technische oder 
künstlerisch bemerkenswerte Baudenkmale aufzuweisen 
hat. Und wie vieles ist noch nicht bekannt und muss 
erst entdeckt werden? 
Eine andere hochwichtige Seite der Bauerhaltung 
der „wirklichen“ Baudenkmäler ist die „Wiederlier- 
ste 11 u n g“, die Restaurierung. Wie schon erwähnt, spricht 
man über Bauerhaltung und Wiederherstellung nur ganz 
oberflächlich. Man hält wenig davon, als von Bau¬ 
arbeiten, die jeder Bauhandwerker, jeder Maurer und 
Baumeister verstehen und ausführen soll. Nun ist es 
zweifellos, dass die Erneuerung und Wiederherstellung 
der nächstbesten Nutzbauten und landläufigen Kirchen¬ 
bauten keine besonderen technischen und künstlerischen 
Kenntnisse erfordern werden. Kann man in diesen Fällen 
wohl keine schwierige Wahl in der auszuführenden Person 
haben, so verhält es sich ganz anders bei den historischen 
Kunstbauten, die man zu Zwecken der Bauerhaltung 
einer gründlichen Säuberung und Wiederherstellung zu¬ 
führen muss. Es ist selbstredend, dass solche nur von 
akademisch gebildeten Künstlern, die zugleich hervor¬ 
ragende Techniker der verschiedensten Konstruktionen 
sind, ausgeführt werden sollen. Die Wiederherstellung 
eines alten Baudenkmals erfordert eben eine Summe von 
Kenntnissen, die nur durch spezielle Stil- und Dekor¬ 
studien der verschiedenen Bauepochen erworben werden. 
Bisher hatte man wohl in einigen Ländern Restaurierungs¬ 
schulen für Gemälde an den grossen Hof- und Staats¬ 
galerien, doch Architektur und Plastik blieben bisher 
ohne Berücksichtigung. Hat es soviele ausgezeichnete 
Restauratoren, wie Viollet le Duc, Fr. Schmidt u. a. 
gegeben, so hatten sie dies einer besonderen Veranlagung, 
Reisen, eingehenden örtlichen Studien der alten Bau¬ 
denkmäler, der Baugeschichte, sei es Stil, Konstruktion 
und zeitgemässer stilgerechter Dekor, zu verdanken. Dass 
gar viele Wiederherstellungen unserer Zeit als ganz ver¬ 
fahren und verunglückt zu bezeichnen sind, ist nur dem 
Umstande zuzuschreiben, dass dieselben Herren über¬ 
tragen wurden, die derartige hochwichtige Bauaufgaben 
nie ausgeführt und die oben angeführten Eigenschaften 
nicht besessen haben. Es fehlt eben an Künstlern, 
Praktikern und Anstalten zur Heranbildung von Bau¬ 
restauratoren. Woher sollen dieselben eben in Italien vor¬ 
handen sein, wo auch nur wenige Architekten leben, die 
auf diesem Gebiete Hervorragendes geleistet haben. 
Waren bisher diese Aufträge so selten, sicher seltener 
wie in den benachbarten Staaten. 
Italien, das Land der Kunst, besitzt nicht weniger 
als 13 Kunstschulen, deren Lehrer den in Italien soviel 
missbrauchten Titel eines „Professors“ führen. Es sind 
dies keine Mittelschulen, sogenannte Kunstgewerbeschulen, 
wie sie Oesterreich und Deutschland besitzt, sondern 
kön. Akademien der bildenden Künste. Zweifellos können 
bei dieser grossen Zahl von künstlerischen Hochschulen 
nicht alle Lehrkräfte, welche auch keinen besonderen 
Ueberfluss an Schülern haben, ausgezeichnete Künstler 
und Lehrer sein. Lehrt doch die Erfahrung, dass sehr 
selten beide Fähigkeiten vereint sind und die viel¬ 
genannten bestbezahlten Künstler selten ordentliche 
Professuren übernehmen — sondern sich mit Titeln und 
Orden begnügen. Jetzt, da endlich nach jahrhunderte¬ 
langen Versäumnissen von „Amts wegen“ an die 
Erhaltung und Wiederherstellung alter Baudenkmäler 
herangetreten wird, wäre es sehr erwünscht, wenn 
wenigstens an den Kunstakademien in Rom, Venedig, 
Turin, Florenz von bewährten Architekten über die 
Kunst der Bauerhaltung und Restaurierung der Bau¬ 
denkmäler Vorträge gehalten würden. Es ist dies eine 
zwingende Notwendigkeit, um Irrtümer, Verballhornungen 
zu vermeiden, für jene, die zu diesen in Zukunft auszu¬ 
führenden Arbeiten herangezogen werden. Man muss 
eine Reihe von Aufsichts- und Verwaltungsbeamten 
berufen, leitende und mitarbeitende Architekten für all 
die zahlreichen Baudenkmäler in allen Teilen des Landes 
erwählen. Sicher sind da viele berufen und wenige aus¬ 
erwählt. Man wird auch hier sagen können wie bei den 
Minister-Ernennungen: „Wem Gott ein Amt gibt, dem 
gibt er auch den Verstand.“ Für all die, welche als Neu¬ 
linge zu derartigen Aemtern gelangen und auch für viele 
Architekten, Techniker, Maler, Bildhauer und die besseren 
Handwerker des Bauwesens, die zu dem „Ristauro dei 
monumenti“ berufen werden, kann es erwünscht sein, 
durch Teilnahme an diesen, der Praxis und dem historischen 
Kunstwissen dienenden Kursen ihre Kenntnisse zu erwei¬ 
tern. Werden derartige Kurse berufenen Kräften über¬ 
tragen, so dürfte Italien einen Stab von auf Restaurierungs¬ 
gebieten erfahrenen Männern erhalten, welche allen Fach¬ 
aufgaben gewachsen sind. 
Nachdem es endlich als Nationalpflicht erkannt wurde, 
die vaterländischen Baudenkmäler zu erhalten und zu 
erneuern, kommt noch die Geldfrage in Betracht. Wie 
sollen all die Riesensummen beschafft werden? Sollen 
allgemeine Sammlungen veranstaltet werden oder soll 
der Staat für alle Arbeiten aufkommen, soll jede Gemeinde 
allein ihre Kunstdenkmäler erhalten und alle Kosten 
bezahlen? Wird da der Lokalpatriotismus für einen dau¬ 
ernden Kunstenthusiasmus und Kleingeld ausreichen? Es 
gibt nur wenig schuldenfreie Gemeinden, die Steuern — 
sind so hoch, dass kaum noch eine „Bauerhaltungssteuer“ 
am Platze ist. Wie bei uns in Venedig, werden auch 
andere Städte diese Kosten auf den Staat überwälzen, 
auf die Ausgabenkonti der Minister für Unterricht und 
Kunst und öffentliche Arbeiten. Besonders der letztere 
hat die vielfachen Bau Versäumnisse gar langer Zeit wett¬ 
zumachen, so dass die neue Belastung mit alten Bauten 
als „B auerha 11ung alter Kunstdenkmäler“ jähr¬ 
lich mit kaum mehr als sechs Millionen Lire von seiten 
jeden Ministers erfolgen wird. 
Unser Submissionswesen. 
Ein Beispiel der Handhabung unseres Submissions¬ 
wesens geht durch die Blätter, welches auf die Art und 
Weise, wie bei der Vergebung staatlicher Arbeiten vor¬ 
gegangen wird, so interessante Streiflichter wirft, dass 
wir, die wir seit Jahren für die endliche Regelung des 
öffentlichen Submissionswesens kämpfen, nicht umhin 
können, der Sache etwas näher zu treten. 
Die Donauregulierungs-Kommission hatte für den 
20. Jänner d. J. eine Offert Verhandlung für die Aus¬ 
führung von Strombauten und Erhaltungsarbeiten für die 
Zeit von 1904 bis Ende 1911 ausgeschrieben. Die Gesamt¬ 
arbeiten, hiess es in der Ausschreibung, umfassen einen 
Maximalbetrag von acht Millionen Kronen, von welchen 
dem Unternehmer jedoch nur Arbeiten und Lieferungen 
im Betrage von vier Millionen Kronen zugesichert werden. 
Wie man sieht, handelt es sich dabei um grosse Arbeiten. 
Bei dieser Offertverhandlung offerierten vier Firmen, 
nämlich die Allgemeine 0österreichische Baugesellschaft, 
die Union-Baugesellschaft, Julius Hofbauer & Lehrner
	        
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