Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Nr. 24. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 187. 
seinem Kontobuche. Dadurch entgeht ihm aber fort¬ 
gesetzt der Vorteil, günstige Geschäftskonjunkturen aus¬ 
zunützen, hauptsächlich aber ist es ihm versagt, diejenigen 
Vorteile auszubeuten, welche bei Barzahlung und beim 
Einkäufe der Materialien gewährt werden. 
Durch das Aufgeben dieses langen, in wirtschaftlicher 
und moralischer Beziehung schädlichen Borgens aber 
würde die Gesamtzahl der Konsumenten nur gewinnen; 
denn derjenige Kunde, welcher den Kredit des Kauf¬ 
mannes oder des Gewerbetreibenden in Anspruch nimmt, 
muss in der Regel die Waren teurer bezahlen, da der 
Kreditgeber die Zinsen seines Anlagekapitals auf den 
Preis der Ware schlagen muss. Der kreditbedürftige 
Konsument wird also abhängig vom Kreditgeber. 
Aber auch in anderer Weise ist das leichtsinnige 
Kreditgeben für den Konsumenten von den bedenklichsten 
Folgen begleitet, da er durch dieses von allen Seiten in 
so ausgedehntem Masse gewährte Kreditieren leicht 
leichtsinnig und oft dazu verleitet wird, mehr zu kaufen 
und zu konsumieren, als es ihm seine Verhältnisse über¬ 
haupt gestatten. 
Den allerlängsten Kredit aber beanspruchen, der her¬ 
gebrachten Sitte gemäss, die wohlhabenden Klassen. Sie 
betrachten es als etwas ganz Selbstverständliches, dass 
die Gewerbetreibenden, die sie mit Arbeit beglücken, 
erst mit Schluss des Jahres oder noch später die 
Rechnungen einreichen. „Gelegentlich wollen wir unsere 
Schuld begleichen“, heisst es dann noch obendrein in 
den meisten Fällen. 
Andererseits aber kommt es auch nur zu oft vor, 
dass der Kunde die Rechnungen trotz alles Mahnens 
nicht erhalten kann. „Wir wollen nur etwas Zusammen¬ 
kommen lassen“, ist hiefür die stereotype Antwort und 
Ausrede und so lässt diese Indolenz der Gewerbetreibenden, 
deren Lage in der Gegenwart ohnehin nicht auf Rosen 
gebettet ist, die grossen Vorteile einer raschen Barzahlung 
fort und fort verkennen. Leider, und das ist eigentlich 
das Schlimmste, erfreuen sich häufig die notorischen 
Pumpgenies seitens der Geschäftsleute einer viel sorg¬ 
sameren und höflicheren Bedienung als der barzahlende 
Kunde. 
Dass aber durch solche Misszustände das Gesamt¬ 
volkswohl nach und nach bis tief ins Mark erschüttert 
wird, ist klar, wenn nicht auf diesem Gebiete allerseits 
und allerorts eine Aenderung eintritt. 
Eine Aenderung und Besserung dieser wirtschaftlichen 
Krankheit aber ist nicht mit einemmale zu erzielen. 
Nur durch gemeinschaftliches und allmähliches Vorgehen 
seitens der Einzelnen, der Innungen und der Gewerbe¬ 
vereine wird es möglich werden, geordnete Verhältnisse 
in das Gewerbeleben hineinzubringen. 
Barzahlung nützt beiden, den Produzenten und den 
Konsumenten. Also fort mit dem Kreditgeben! D. Z. 
Wie kann der Landwirt billig bauen? 
Die Wichtigkeit dieser Frage für die Landwirtschaft 
ist noch immer nicht allgemein genug gewürdigt. Billig 
bauen, damit wäre freilich jeder leicht einverstanden. 
Was aber ist billig? Etwa was die wenigsten Baukosten 
beansprucht oder was die längste Dauer verspricht oder 
was die wenigste Unterhaltung erfordert? 
Die Frage ist nicht leicht zu' entscheiden, da, alle 
drei Gesichtspunkte im Auge behaltend, noch manche 
andere Erwägungen in Betracht gezogen werden müssen 
und aus allem in jedem einzelnen Fall sich erst eine 
richtige Schlussfolgerung ziehen lassen wird. 
Wir wollen hier versuchen, den Gegenstand in seinen 
einzelnen Beziehungen klar zu machen. 
1. Die Billigkeit in Bezug auf die Grundformen des 
Gebäudes. 
Unter allen vierseitigen Figuren schliesst das Quadrat 
bei gleichem Umfange den grössten Flächeninhalt ein 
oder aber, je mehr ich mich dem Quadrate nähere, desto 
grösser ist bei gleichem Umfange der eingeschlossene 
Raum. Es folgt daraus, dass ich an Umfassungen spare, 
wenn ich, um den bestimmten Flächenraum umschlossen 
zu halten, die Länge des Gebäudes möglichst verkürze 
und dessen Tiefe möglichst vergrössere. Erspare ich an 
Umfassungen, so ist es nicht bloss die Ersparnis der 
Wände und der Grundmauern, sondern es sind zugleich 
die Instandsetzungen, welche durch die Witterung aus¬ 
schliesslich den Umfassungswänden zugefügt werden 
und von Bedeutung sind, geringer. Man wird demnach 
billig bauen, wenn man den Gebäuden die grösst- 
möglichste Tiefe gibt. 
2. Die Billigkeit in Bezug auf die Höhe des Gebäudes. 
Man hat hier die Gebäude, von denen der körper¬ 
liche Inhalt massgebend ist, als: Getreidescheunen, 
Futterräume, Torf- und Holzschuppen, von solchen zu 
unterscheiden, bei deren Benutzung es nur auf die 
Grundfläche ankommt, wie bei Stallungen, Speichern, 
Geräteschuppen, Geschirrkammern und dergleichen. Bei 
der ersten Klasse erledigt sich die Frage sofort, insofern 
man beachtet, dass mit jedem einzelnen Fuss vermehrte 
Höhe der Umfassungen ein körperlicher Inhalt gleich 
dem Produkt aus der Länge in die Breite genommen 
wird. Da aber eine vermehrte Fronthöhe weder einen 
vermehrten Grundbau, noch eine vergrösserte Dachfläche 
erfordert, so ist in der Tat bei dieser Art Gebäude die 
möglichst grösste Fronthöhe auch die billigste Raum¬ 
beschaffung. 
Bei der anderen Klasse der Gebäude dagegen 
schränke man die Höhe auf das nur gerade Notwendige 
ein. Für Stallungen wird hierin mit Rücksicht auf die 
Beschaffung gesunder und zureichend warmer, bezüglich 
kühler Luft, auf die Art und die Grösse des Viehstandes, 
zugleich auch die Dünger wirf schaff — ob nämlich dessen 
öfteres Austragen oder die Ansammlung stattfindet — 
zu entscheiden sein. Für Schüttböden ist diejenige Höhe 
zureichend, welche ein Arbeiter zum Tragen eines mit 
Getreide gefüllten Sackes nötig hat. — Die Höhe der 
Geräteschuppen, insbesondere deren Toreingänge, wird 
durch die unterzubringenden Geräte bestimmt. Im all¬ 
gemeinen gebe man also dieser anderen Art von Ge¬ 
bäuden nicht mehr und nicht weniger Fronthöhe als 
gerade die Bestimmung des Gebäudes notwendig macht 
und bedenke, dass jeder Fuss Mehrhöhe unnötigerweise 
den Ertrag des Gutes sowohl hinsichtlich des verlorenen 
Baukapitals als' auch hinsichtlich der Instandhaltung be¬ 
einträchtigt. 
3. Die Billigkeit in Bezug auf den Querschnitt des 
Gebäudes. 
In dieser Beziehung stehen hauptsächlich Gebäude 
mit steilen Dächern denen mit flachen gegenüber. Bei 
gleicher Gebäudetiefe und gleicher Querschnittsfläche 
betrachtet, bietet das steile Dach der äusseren Luft 
weniger Fläche dar als das flache; auch erfordert das 
letztere die Erhöhung der Fronten, um den Boden nutz¬
	        
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