Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

Seite 10. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 2. 
möglichst hohe Rente zu erzielen. Wenn die Wohnung 
beschmutzt und infiziert verlassen wurde, wird der Maler 
geholt und genau instruiert, was an Plafond und Wänden 
zu erhalten sei, wo etwas auszubessern ist und etwas 
frisch überstrichen werden muss. Der alte Schmutz wird 
möglichst geschont, sollte er zu dick geworden sein, 
oberflächlich übertüncht, wobei das Hauptgewicht darauf 
gelegt wird, dass es wieder: „ein bissei sauber aus¬ 
schaut“ und ja nicht zu viel kostet. — Ob die Wände 
mit den Keimstoffen der Schwindsucht und die Fugen 
des Fussbodens mit dem Auswurf Tuberkulöser infiziert 
sind, daran wird nicht gedacht. Es lässt den Hausbesitzer 
auch ganz gleichgiltig? ist doch er es nicht, der in die 
Wohnung zieht, und bei ihm sind die Fussböden 
gestrichen und herrscht eine Reinlichkeit, welche der 
Mieter sich oftmals nicht bieten kann. 
Soviel für diesmal über gewisse Wohnungen als 
Krankheitsherde, und werde ich in einem nächsten Ar¬ 
tikel noch inehreres über dieses Thema anführen in der 
Anhoffung, zur sanitären Instandhaltung unserer Woh¬ 
nungsverhältnisse etwas beigetragen zu haben. 
Erfahrungen mit neuen Arten der 
Strassenbefestigungen. 
Nach einem Vortrag des Stadtbaninspektors L amm er s, 
Hannover. 
Bevor ich auf die Besprechung der einzelnen Arten 
neuer Befestigungen eingehe, gestatte ich mir einige all¬ 
gemeine Bemerkungen. Sie als Kenner städtischer Ver¬ 
hältnisse werden ja aus eigener Erfahrung wissen, welch 
beträchtlicher Zeitaufwand den Verhandlungen über 
Strassenbauten in den städtischen Körperschaften ge¬ 
widmet wird. Sie wissen, welche grosse Bedeutung der 
Titel „Strassenbefestigung“ im städtischen Haushaltsplan 
hat. Ich brauche Ihnen diesbezügliche Zahlen nicht zu 
nennen und die wirtschaftliche Bedeutung des Strassen- 
baues zu entwickeln. Immerhin wird es Sie interessieren, 
einige Zahlen, die den städtischen Strassenbau in 
Hannover betreffen, zu hören. 
Die Strassen der Stadt Hannover haben eine Gesamt¬ 
länge von mehr als 30 deutschen Meilen. In diesen 30 
deutschen Meilen Strassen sind die Chausseen nicht mit 
inbegriffen. Die gesamte befestigte Fläche, also Bürger¬ 
steig und befestigte Fahrdämme, wiederum ohne Chausseen, 
beträgt etwa 3 Millionen Quadratmeter. Der Gesamtwert 
lediglich dieser Strassenbefestigung berechnet sich, auch 
wenn nur mässige Einheitspreise angenommen werden, 
auf rund 20 Millionen Mark. Vergleichen wir hiezu die 
Baukosten für die hiesigen städtischen Betriebe: Das 
Wasserwerk in Ricklingen hat 6V2 Millionen Mark ge¬ 
kostet, das neue in Grasdorf 21j2, die Flusswasserkunst 
2 Millionen Mark, für das städtische Elektrizitätswerk in 
der Osterstrasse sind bis jetzt 4 Millionen Mark aus¬ 
gegeben, für das neue Drehstromwerk kommen noch 
rund 3 Millionen Mark hinzu. Alle diese Summen reichen 
noch nicht an die 20 Millionen für die Strassenbefestigung. 
Nun bedenke man noch, dass Strassenbefestigung 
sich leider sehr schnell abnützt, dass noch keine Pflaster¬ 
art erfunden ist, die eine Lebensdauer von mehr als 
höchstens 40 Jahren hat. Verstehen Sie mich recht, 
Basalt, Granit z. B. würde zwar 100 Jahre und länger 
liegen können, nach 40 Jahren ist dasselbe so weit ab¬ 
genutzt, dass es sehr fraglich ist, ob es dann noch den 
Anforderungen für die betreffende Strassenstrecke ge¬ 
nügt. Dies ist umso fraglicher, da die Ansprüche sich 
jedenfalls noch steigern werden. Man muss daher damit 
rechnen, dass in 40 Jahren alles neu befestigt wird. 
Zu den Kosten für Erneuerungen kommen noch die 
jährlichen Summen für die Unterhaltung und die grossen 
Beträge, die alljährlich zur Vergrösserung des Strassen- 
netzes ausgegeben werden. 
Was verlangen wir denn eigentlich von einer guten 
Strassenbefestigung, sei es für den Fahrdamm oder für 
den Bürgersteig. 
1. Zunächst sicherlich, dass der Verkehr der Menschen, 
Tiere und Fuhrwerke sich leicht und sicher abwickeln 
kann. 
2. In hygienischer Beziehung ist zu fordern, dass die 
Befestigung möglichst staubfrei ist, dass das Pflaster 
leicht rein zu halten ist, dass der Untergrund nicht ver¬ 
seucht wird, insbesondere aber, dass es möglichst ge¬ 
räuschlos ist. 
3. In praktischer Beziehung wird gefordert, dass die 
Neuherstellung und Ausbesserungen möglichst schnell 
erfolgen, so dass das Publikum wenig gestört wird. Der 
Hauptzweck einer Strasse ist heutzutage nicht nur der, 
den Verkehr zu ermöglichen, sondern die Strasse muss 
die vielen V ersorgungsnetze (Kanal, Reinwasser, Fluss¬ 
wasser, Gas, Kabel für Licht und Kraft, Kabel der 
Telephon- und Telegraphenlinien), Strassenbahnkabel und 
Schienen u. s. w. in sich aufnehmen können. 
Strassenaufbrüche sind leider unvermeidlich, da die 
Bedürfnisse in den einzelnen Häusern und Strassen sich 
ändern und schliesslich da alles, also auch Rohr- und 
Kabelleitungen, vergänglich sind. Daher ist von grosser 
Wichtigkeit, dass auch Wiederherstellungen nach Auf¬ 
brüchen schnell ausgeführt werden können. 
Ferner muss gefordert wrerden, dass 
4. das Aussehen der Strasse ein gefälliges ist, und 
schliesslich 
5. — last not least — die Kosten müssen möglichst 
niedrig sein: wir wollen eine Strassenbefestigung, die 
möglichst lange alle Ansprüchen genügt und doch be¬ 
züglich der ersten Herstellung, wie auch bei Strassen- 
aufbrüchen und bezüglich der Unterhaltungsarbeiten, 
möglichst geringe Kosten verursacht, also wirtschaftlich 
die beste ist. 
In einer modernen städtischen Strasse sind den ver¬ 
schiedenen Verkehrsarten auch besondere Teile der 
Strasse überwiesen. Für den Fuhrverkehr dient der 
Fahrdamm, die Fussgänger haben die Bürgersteige und 
Promenaden, die Radfahrer haben ihren besonderen Rad¬ 
fahrerweg, die Reiter ihren Reitweg. 
Der Fahrdamm aber ist derjenige Teil der Strasse, 
der das grösste Interesse beansprucht. Es wäre aller¬ 
dings völlig verkehrt, gute Fahrbahnen herzustellen, den 
Bürgersteigen aber geringere Pflege zukommen zu lassen. 
Dieser Fehler wird aber doch häufig gemacht. Wenn Sie 
in anderen Provinzen Städte besuchen, werden Sie gewiss 
schon oft das Gefühl gehabt haben, dass für die Pferde 
besser gesorgt ist. als für die Menschen; die Fahrdämme 
sind in leidlichem Zustande, der Bürgersteig dagegen in 
einem traurigen. Wenngleich es somit völlig unan¬ 
gebracht wäre, in der Bedeutung die Bürgersteige gegen 
die Fahrdämme zurückzusetzen, so bleibt doch das wirt¬ 
schaftliche Interesse der Stadtverwaltung für die Be¬ 
festigung der Fahrdämme das grössere, weil diese den 
grösseren Geldaufwand erfordern. 
Nicht nur überwiegt die Breite des Fahrdammes fast
	        
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