Volltext: IX. Jahrgang, 1904 (IX. JG., 1904)

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IX. Jahrgang, Nr. 2. 
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Linz, 15. Jänner 1904. 
Öberösterreichische Banzeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen 
Organ des „Vereines der Baumeister in Oberösterreich“ 
Redaktion und Administration: Bachdruckerei C. KOLNDORFFER, LINZ, Domgasse Nr. ö. 
Man pränumeriert auf die ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
I ganzjährig mit K 20.- _ , ganzjährig mit . K 16 
halbjährig . . . „ 8 
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Erscheint am 1 und 15. 
jedes Monat. 
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INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung“, Linz, Domgasse Nr. 5, ferner bei 
allen grösseren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reklamationen und Beschwerden direkt an uns erbeten. 
Inhalt. Unsere Wohnungen als Krankheitsherde. — Erfahrungen 
mit neuen Arten der Strassenbefestigungen. — Die Druckfestigkeit von 
Backsteinmauerwerk. — Brandschäden durch elektrische Anlagen. — 
Lokale Baunotizen. — Patentliste. — Offene Stellen. — Briefkasten. — 
Inserate. 
Unsere Wohnungen als Krankheitsherde. 
(Von einem hiesigen Arzt.) 
Vor einer Reihe von Jahren machte ein berühmter 
Arzt namens Emmerich in der Zeitschrift für „Biologie“ 
darauf aufmerksam, dass Aborte, Zimmerwände, Möbel, 
Wäsche, Kleider etc. desinfiziert werden, aber an die 
Fussböden und deren Füllung denke kein Mensch, und 
doch sei dies der prächtigste Ansteckungsherd. Die 
Füllmasse sei oftmals mit organischen Stoffen, Knochen, 
Haaren, Lumpen, Kohlenasche etc. versehen. Das Füll¬ 
material eines Neubaues ergab einen solchen Stickstoff- 
gehalt, als wenn 3000 menschliche Leichen unter dem 
Fussböden begraben gewesen wären. Der unsauberste 
Strassenboden ist bezüglich des Stickstoffgehaltes noch 
vorzüglich zu nennen, im Vergleiche zur Bodenfülle 
mancher Neubauten. Trockener Bauschutt ist zur Füllung 
ganz verwerflich, da die Krankheitsstoffe von Jahrhun¬ 
dert zu Jahrhundert angesammelt, mit dem Abbruch des 
alten Hauses als Bodenfülle in den Neubau übertragen 
werden. Darin sind häufig Ungeziefer und deren Eier, 
unter allen Umständen aber menschliche Sekrete und 
Exkrete, er kann jedoch auch Infektionsstoffe aus den 
oft Jahrhunderte alten, möglicherweise siechhaften Häu¬ 
sern enthalten. Kurz, unsere, alten Privat- und öffent¬ 
lichen Gebäude sind nichts anderes, als eine Art über¬ 
tünchte Gräber. Die Fein erde der abgerissenen Häuser 
ist ein ausgezeichnetes Düngmittel, aber zur Bodenfülle 
taugt sie absolut nicht. Die Spaltpilze, welche oft die 
Träger ansteckender Krankheiten sind, finden in den 
Fugen der Fussböden und in dem Bodenfüllsel die geeig¬ 
netsten Brutstätten, da durch das Waschen die Boden¬ 
fülle stets hinreichende Feuchtigkeit und durch die Oefen 
entsprechende Wärme hat. Dieselben Ursachen bedingen 
Gährungs- und Zersetzungsprozesse, ebenso den Haus¬ 
schwamm, und können auch ausgezeichnete Brutstätten 
für den Komma-Bazillus abgeben. 
Dr. Emmerich fand ferner in zahlreichen Proben von 
Bodenfülle grosse Mengen von Stäbchenbakterien; in den 
wässerigen Auszügen entwickelte sich oft stinkende 
Fäulnis, ja eine Probe enthielt unzweifelhaft krankheit¬ 
erzeugende Organismen, denn Dr. Emmerich erkrankte 
jedesmal, wenn er sich damit beschäftigt hatte, und 
ebenso ein Stabsarzt, welcher im Laboratorium zugegen 
war, genau mit den gleichen Erscheinungen. Dr. Emmerich 
führt noch manches an, was im Füllboden wuchert, was 
einem beim Lesen mit Grauen erfüllt. Er verlangt gesetz¬ 
liche Normen über das Füllmaterial bei Neubauten. Das¬ 
selbe muss frei von organischen Stoffen sein, darf keinen 
Phosphor, Schwefel, Kalk und keine Magnesia enthalten. 
Er fordert wasser- und luftdichten Abschluss des Fuss- 
bodeninnern von den Wohnräumen, möglichste Beseiti¬ 
gung der Bodenfugen und den Oelfarbenanstrich der Bretter, 
um sie für Wasser undurchdringlich zu machen. So weit 
Dr. Emmerich. Die ausserordentlichen Fortschritte, welche 
das Studium der Mikroorganismen gemacht, geben ihm 
in jeder Beziehung Recht, übertreffen sogar in manchen 
Dingen seine pessimistische Anschauung. Bei Betrach¬ 
tung der Wohn ungsVerhältnisse in grösseren Städten 
fällt vor allen Dingen eine auf das höchste gesteigerte 
Ausnützung des Raumes in die Augen, welche die Be¬ 
wohner zwingt, sich, soviel wie es überhaupt möglich ist, 
einzuschränken. In den Mietskasernen sind viele Personen 
neben- und übereinander geschachtelt, das Gebäude mit 
den Ausdünstungen der Individuen, der Küche und der 
Aborte etc. bilden einen eigenen Dunstkreis, der das 
Haus vom Keller bis zum Dache umschwebt. Diese 
Dünste, zusammengefasst von einigen hundert Häusern, 
bilden dann eine eigene Wolke, welche wie eine Nebel¬ 
schichte über den Städten lagert, und bei eintretender 
Dunkelheit und klarer Luft schon meilenweit am Firma¬ 
mente mit schwacher Phosphoreszenz sichtbar ist, die 
Nähe einer grösseren Stadt anzeigend. Abgesehen da¬ 
von gibt es in den Wohnungen viel kleinere, aber desto 
energischere Feinde, welche jeden einzelnen Bewohner 
mit Krankheit bedrohen. Allerdings sind die modernen 
WohnungsVerhältnisse nicht darnach, den Uebeln, welche 
daraus hervorgehen, auch wirksam zu begegnen. Die¬ 
selben werden nur verschwinden, wenn die Ursachen 
beseitigt sind, denen sie ihre Entstehung und ihre Weiter¬ 
entwickelung verdanken. Der Mieter sucht für den hohen 
Preis, den er bezahlen muss, seine Vfohnung auszu¬ 
nützen, soviel er kann; er wird nicht eher, als bis die 
zwingende Notwendigkeit vorhanden ist, seine Wohnung 
renovieren lassen, und auch dann nicht nach den An¬ 
forderungen der Hygiene, sondern in Rücksicht auf 
billige Preise in ganz oberflächlicher Weise, „um dem 
Hausherrn nichts zu schenken“. Dass es des Mieters 
eigenes Interesse ist, seine Wohnung rein, schön und 
gesund zu halten, wird fast nie bedacht. Allerdings sind 
auch Beispiele zur Genüge vorhanden, welche zeigen, 
dass der Hausherr steigert, wenn die Wohnung zu schön 
ist. Der Hausbesitzer dagegen ist stets bedacht, eine
	        
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