Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

Nr. 6. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 43. 
Bei solchen Dingen, die sich durch ihren Zweck und 
die Art ihres Gebrauchs kennzeichnen lassen, bietet die 
Benennung keine Schwierigkeiten, falls dies mit einem 
einzigen Ausdruck möglich ist; ist dies nicht der Fall, 
so müssen fremde, vor allem die todten Sprachen her¬ 
halten, um passende Bezeichnungen zu liefern. Besonders 
die von Gelehrten gemachten Erfindungen werden in 
dieser Weise benannt ; der Telegraph, das Telephon, das 
Teleskop, der Hektograph, die Turbine und vor allem die 
Producte der Chemie bieten solche Benennungen, bei 
denen sich allerdings für die meisten ebenso bezeichnende 
deutsche Ausdrücke hätten wählen lassen. 
Werden neue technische Gebilde von Erfindern des 
Handwerkerstandes geschaffen, so lehnen diese sich mit 
der Namengebung meist an äußerlich ähnliche, vor¬ 
handene Dinge an. Auf diese Weise dürften wohl die 
meisten gebräuchlichen technischen Bezeichnungen ent¬ 
standen sein. Es ist vor allem kein Theil des mensch¬ 
lichen Körpers, welcher namentlich im Maschinenbaue, 
nicht hätte Geyatterdienste leisten müssen. ;>Köpfe" 
kommen wohl fast in jedem Zweige der Technik vor; 
ebenso sind „Nasen, Warzen und Brüste" im Maschinen¬ 
baue zur Kennzeichnung vorspringender Theile bekannt, 
desgleichen wird die „Zunge" zur Versinnlichung hervor¬ 
ragender oder trennender, schmaler Theile benutzt. Zu 
„Zähnen" wurden die treibenden Vorsprünge der Räder, 
Finger und Daumen gaben die Namen für periodisch 
eine Bewegung ergebende, vorstehende Maschinentheile ; 
Schlüssel sind sogar mit „Bärten" versehen, Füße, Arme, 
Rippen (als Verstärkungen) finden sich bei vielen Ma¬ 
schinen vor. Selbst die „Seele" ist bei den Schießwaffen 
vorhanden, der Blutlauf musste dem Pulsometer zum 
Namen verhelfen; „Klauen" finden sich bei vielen grei¬ 
fenden, haltenden Werkzeugen, und „Vater" und „Mutter" 
bezeichnen ebenfalls bekannte Maschinentheile. 
Auch dem Thierkreis sind viele Namen entlehnt. 
Wegen des hervorstehenden Auslegers, beziehungsweise 
Hebearmes, und der entfernten Aehnlichkeit mit einem 
langschnäbligen, hochbeinigen Vogel erhielten die als 
„Krahne" bekannten Hebemaschinen ihren Namen vom 
Kranich; der kleine Wagen, welcher sich oben auf dem 
Ausleger desselben bewegt, wurde passend nach der, 
ebenfalls so gefährliche Spaziergänge liebenden „Katze" 
benannt. Die meisten Oefen der Technik weisen einen 
„Fuchs" als Abzugscanal für die Rauchgase auf, der nach 
dem Bau Meister Reineckes so benannt wurde. Der 
„Reißwolf" der Textil-Industrie muss sich mit der Zer¬ 
kleinerung der Schafwolle begnügen, während sein Vor¬ 
bild die Verkleinerung der Schafe selbst besorgt; der 
plumpe Bär erscheint in der Technik als „Fallbär" bei 
den Fallhämmern und Rammen ; der hydraulische Widder 
hebt durch plötzliche kräftige Stösse große Wasser¬ 
mengen; ein „Bock" fehlt kaum einer Maschine und die 
^Sau" füllt sich auf der Malzdarre mit den Malzkeimen 
und rechtfertigt durch ihre unvermeidliche Unsauberkeit 
den Vergleich mit unserem Borstenthier. Auch einzelne 
Theile der Thiere ergeben willkommene Namen; „Hörner" 
finden sich am Amboss, von „Klauen" war oben schon 
die Rede. Schwanenhälse finden sich im Wasserbaue vor, 
Schnauzen, Schnäbel und Sporen sind in den ent¬ 
sprechenden Uebertragungen allgemein bekannt; der 
„Schwalbenschwanz" ist ein von Maschinenbauern, Zimmer¬ 
leuten und Tischlern viel benutztes Verbindungselement. 
Aus dem Reiche der Vögel ist besonders der Hahn ein 
sehr vielseitig in der Technik in Anspruch genommenes 
Thier; als Verschlussorgan tritt er in Gemeinschaft mit 
den Küken in den verschiedensten Formen auf, in ganz 
anderer Function bei den Gewehren. Den niederen Thieren 
sind ebenfalls viele Namen für technische Zwecke ent¬ 
nommen; wir nennen nur die Schnecke und den Wurm 
als gleichbedeutende Benennungen für das auch als 
„Schraube ohne Ende" bekannte Maschinen-Element ; die 
Muschel bezeichnet den Schieber der Dampfmaschine. 
Nicht minder zahlreiche Benennungen von Maschinén- 
theilen, Werkzeugen und technischen Erzeugnissen liefert 
das Pflanzenreich. Die Wellen und Achsen des Maschinen¬ 
baues wurden früher häufig als „Bäume" bezeichnet, weil 
man dieselben ursprünglich aus Holz fertigte; Rohr¬ 
leitungen weisen „Abzweigungen" auf, „Zweigleitungen" 
kommen ebenfalls vor. Die Blätter der Pflanzen mussten 
die Namen für alle aus dünnem Material bestehenden 
Industrieproducte, namentlich Halbfabrikate, wie Papier, 
dünn getriebenes Metall u.s.w. hergeben; die Zapfen 
sind ebenfalls pflanzlichen Ursprungs, Nüsse, Birnen, 
Kerne und das Korn sind vielen Gewerben im über¬ 
tragenen Sinne bekannt; das „Pistill" ist gleichbedeutend 
mit „Keule" des „Mörsers", welches Geräth seinen Namen 
dem ähnlich geformten Geschütz entlehnt hat. Die Kö¬ 
nigin der Blumen ist in der Technik als „Windrose" beim' 
Compass zu finden, Linsen liefert der Optiker. Auch die 
menschliche Kleidung ist namentlich im Maschinenbau 
in entsprechenden technischen Ausdrücken zu finden; 
Die Dampfmaschine bekommt ein „Dampfhemd" oder 
auch einen „Mantel", damit der „Cylinder" sich nicht 
abkühlt; der „Stiefel" findet sich bei der Pumpe, Schuhe 
werden zur Aufnahme von Balkenenden benutzt, als 
„Kragen" werden verschiedene Ansätze benannt; einen 
„Hut" oder „Helm" tragen die Destillier-Apparate, „Muffen" 
dienen zur Aufnahme und Verbindung von Rohr- und 
Wellenenden. So ließen sich wohl noch hunderte von 
Beispielen anführen, die sämmtlich beweisen, dass ab¬ 
solut neue Benennungen nie vorkommen, diese vielmehr 
stets nur Anleihen an bereits vorhandene Begriffe dar¬ 
stellen. M.Q. 
Local-Baunotizen. 
Concurrenz für das Administrations-Gebäude der 
k. k. Staatsbahn in Linz. Laut Ausschreibung fand am 
28. Februar 1. J. bei der Direction der k. k. Staatsbahn 
die Offerteröffnung für die Herstellung des neuen Admini¬ 
strations-Gebäudes in Linz statt. Es wurden bis 12 Uhr 
mittags 5 Offerte eingereicht, und zwar von folgenden 
Firmen : F r i e d r i c h H a a s, Bauunternehmung in Wie n, 
8'6°/o Aufzahlung; Moriz Baschkus und Albert 
Bahr, Architekten in Wien, 27°/o Aufzahlung; Josef 
Prokop, Bauunternehmung in Wi e n, 35*40/o Aufzahlung ; 
Gustav Steinberger, Baumeister in Linz, 31*7°/o Auf¬ 
zahlung; Oberösterreichische Baugesellschaft 
in Linz, 33°/o Aufzahlung. Die präliminierte Bausumme 
für die Ausführung sämmtlicher Baulichkeiten samint 
Herstellung des Trottoirs, der Gartenanlage, der eisernen 
Einfriedung, der Oanalisierung etc. betrug 258*000 fl. Die 
Ausführung wurde dem Mindestfordernden, Herrn Friedrich 
Haas übertragen. 
Cement-Lieferung. Für den umfangreichen Aufbau 
des 3. Stockwerkes am Priester-Seminargebäude in der 
Harrachs trasse hat der hochw. Herr Bischof Doppelbauer 
als hydraulisches Bindemittel den Portland-Cement aus 
der Fabrik von Egger & Lüthi in Kufstein bestimmt. Die
	        
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