Volltext: III. Jahrgang, 1898 (III. JG., 1898)

III. Jahrgang, Nr. 22. 
Linz, 15. November 1898. 
Öberösterreichische Banzeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen. 
Redaction und Administration: LINZ, Mozartstrasse 28. — Herausgeber und Verleger: Eduard Kornhoffer. 
Man pränumeriert auf die ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
ganzjährig mit fl. 10.— f ganzjährig mit . fl. 8 
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Erscheint am und 15. 
jedes Monat. 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung", Linz, Mozartstrasse 28, ferner bei 
allen grösseren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reclamationen und Beschwerden direct an uns erbeten. 
Inhalt. Das leichtsinnige Creditgeben im Bauwesen. — Bau- und 
Wohnverhältnisse in früherer Zeit. — Die elektrische Bahn in Graz. — 
Ueber die New-Yorker Dachgärten. — Aus den Gemeinderaths-Sitzungen 
in Linz. — Local-Baunotizen. — Technische Neuigkeiten. — Offert¬ 
ausschreibung. — Briefkasten. — Offene Stelle. — Ausweis über die 
Umschreibung von Immobilien iu Linz. — Anmeldungen für Wasserbezug. 
— Inserate. 
Der Gesammtauflage unseres heutigen Blattes ist ein 
Circular der Hannoverschen Centralheizungs- und Appa- 
rate-Bauanstalt, Wien VIII/1, Piaristengasse 38, beigelegt, 
das wir zur Durchsicht unseren Leser empfehlen. 
Das leicütsinnige Creditgeben im Bauwesen. 
Es ist unleugbar, dass das Oreditgewähren im Bau¬ 
wesen bei uns bereits eine Gestalt angenommen hat, die 
das ganze Bauwesen bedroht. 
Bis vor Kurzem war man gewohnt, das Häuserbauen 
derart aufzufassen, dass dadurch ein entbehrlicher Theil 
vom flüssigen Besitze des Bauherrn fixiert wird. Dieser 
Theil des Besitzes, der auf diese Weise fixiert werden 
sollte, reichte entweder vollständig zur Herstellung des 
Baues aus, oder deckte doch das Vorhaben in einem so 
bedeutenden Maße, dass der Credit hierbei als ganz un¬ 
bedeutende Nebensache erschien. So war es gewesen, so 
ist es auch noch jetzt, aber nur ausnahmsweise. Noch 
jetzt gibt es Bauherren, die so bauen, und auf diese 
Weise ein Haus sich vom Fachmanne, der den Bau über¬ 
nimmt, hersteilen lassen. — Allein neben diesen Ver¬ 
mögenden gibt es auch bei uns jetzt schon Speculanten, 
die Häuser lediglich durch Credit zur Ausführung bringen 
lassen, in der Hoffnung, dabei ein rentables Geschäft 
machen zu können. Leider finden sich stets auch solche 
Bauübernehmer, die dieses Unternehmen auszuführen 
sich bereit erklären. — So entsteht und besteht eine 
Misswirtschaft, die höchst beklagenswerte Erfolge hat. 
Aus dem Bauunternehmer, alias Bauherrn, wird ein 
besitzloser Besitzer, und aus dem Bauübernehmer, 
resp. dem Fachmanne, wird ein verschuldeter Mann. 
Aber auch das Product selbst bekommt manchen 
physiognomischen Zug, der auf dessen eigenthümliche 
Erzeuger zurückweist. Ein solches Haus trägt ein gewisses 
Kainszeichen an sich; damit sind indes noch nicht die 
unheilvollen Fäden abgeschlossen, sie spinnen sich noch 
weiter im Verkehr und in den Gerichtslocalitäten ab. 
Alles dieses Unheil kommt von dem leichtsinnigen, un¬ 
verantwortlichen, im Bauwesen jetzt immer häufiger 
werdenden Creditgeben. — Und wer trägt die Schuld 
daran? Nur diejenigen, die im Eifer der Concurrenz Be¬ 
Bau- und Wohnverhältnisse in früherer Zeit. 
Von einem pensionierten Baubeamten in Oberösterreich. 
(Schluss.) 
Wir haben in unserem ersten Artikel dargelegt, in 
welcher Weise in früherer Zeit gebaut werden durfte, 
und sind bei dem Punkte angelangt, wo die Behörden 
dingungen acceptieren, deren gefährliche Folgen von jedem 
Besonnenen schon im Voraus erkannt werden können. 
Die Leichtigkeit, die im Creditwesen bei uns waltet 
und obwaltet, greift tief schon in Leichtfertigkeit und in 
Leichtsinn ein. Der Erfolg schlägt zum grossen Nachtheile 
allzuhäufig aus für den Gläubiger sowohl, der verliert, 
als für den Schuldner, der belangt und verfolgt wird, 
und keineswegs das, was er auf diese Weise erstanden 
hat, in Ruhe geniesst. — Unvermeidlich wird aber durch 
das Umsichgreifen dieses Mißstandes jeder reelle Geschäfts¬ 
gang geschädigt, indem ihm der Weg der natürlichen 
Entwickelung durch jene Nebenwege erschwert wird. 
Im höchsten Maßstabe wird bei uns Concurrenz geritten, 
und dabei die schwer erworbene Habe oft auf ein 
einziges, meist zweifelhaftes Unternehmen angewendet. 
Wir haben letzterer Zeit Bauherren aufzuweisen, die 
ausser einem vielleicht schuldenfreien Grundstück keine 
Spur von einem Baucapital, dabei aber die Unverschämt¬ 
heit besitzen, sich mehrstöckige Häuser auf Credit, d. h. 
auf „Muss-Credit“ aufführen zu lassen. Dass unter solchen 
Verhältnissen das leichsinnige Oreditgewähren nicht nur 
Einzelnen, sondern dem ganzen Baugewerbe unberechen¬ 
baren Schaden zufügen muss, werden selbst Jene zuge¬ 
stehen müssen, die in ihrer Sorglosigkeit und in ihrem 
Glücke noch nicht von obigen Unfällen betroffen wurden. 
Im Allgemeinen aber muss man den Credit von vorn¬ 
herein den Zwecken nach unterscheiden. Am meisten ist 
zu bekämpfen der Gebrauchs- und Genuss-Credit, mit 
dem zugleich eine Nutzniessung ist wie beim Häuserbau. 
Hier muss entschieden und ausnahmslos der Grundsatz 
gelten: „Wer keine entsprechende Gegenvaluta hat, der 
bleibe fern, und beanspruche nicht auf Credit Gebrauch, 
Genuss und Nutzen dazu; deutlicher gesprochen, wer 
kein Geld hat, lasse das Bauen bleiben, und suche sich 
nicht mit fremdem Gute bereichern zu wollen. “ 
Der „Oberösterreichischen Bauzeitung“, die das 
Interesse der Bauindustrie zu vertreten hat, möchte ich 
es zur Pflicht machen, ihre warnende Stimme gegen alle 
jene Bauspeculanten zu erheben, von denen man weiss, 
dass sie nicht in der Lage sind, geschäftliche Verbindungen 
mit Bauindustriellen eingehen zu können. 
Ein Bauiudastrieller.
	        
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