Volltext: III. Jahrgang, 1898 (III. JG., 1898)

Seite 130. 
O! 1ERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 17. 
Dieser der Landeshauptstadt Linz unwürdige Zustand 
trug wesentlich dazu bei, die seit Jahren schwebende 
Frage der Errichtung von Lagerhäusern einer theilweisen 
Lösung zuzuführen. 
In der am 5. März 1898 abgehaltenen Commission 
wirkten alle betheiligten k. k. und städtischen Behörden, 
sowie die Schiffahrten zusammen, so dass am 31. Mai d. J. 
vorläufig mit dem Baue eines für die I. k. k. priv. Donau- 
Dampfschiffährts-Gesellschaft bestimmten Lagerhauses 
begonnen werden konnte. 
Dieses Resultat wurde erreicht durch die Bereit¬ 
willigkeit der k. k. Statthalterei, die Verlängerung der 
bestehenden Quais um circa 90 Meter stromaufwärts beim 
k. k. Ministerium zu befürworten. Ausserdem erklärten 
sich die k. k. Staatsbahnen bereit, die nöthigen Geleise¬ 
änderungen und Erweiterungen in Ausführung zu nehmen. 
Das Lagerhaus wurde laut obenstehender Skize nach 
den Plänen des Oberinspectors der k. k. priv. Donau- 
Dampfschiffahrts-Gesellschaft inWien, Herrn Peter Remmel, 
mit 65 Meter Länge und 21 Meter Breite projectiert und 
erhält ein wasserfreies Hochparterre, einen I. Stock und 
ein Dachgeschoss. Der Fassungsraum desselben ist auf 
eine Einlagerung von 420 Waggonladuugen, also 42.000 
Metercentner berechnet; die einzelnen Böden haben eine 
Tragfähigkeit von 1600 Kilogramm per Quadratmeter, so 
dass auf 6 Quadratmeter eine Waggonladung eingelagert 
werden kann. Die Ausführung des Baues durch die 
Oberösterreichische Baugesellschaft geschieht auf Pilotage 
und Portlandbeton mit Ziegelmauerwerk, das von aussen 
nach Skizze fägadiert ist. 
Die nachträglich mit Rücksicht auf die Zerstörung 
der Linzer Quaimauer durch das vorjährige Hochwasser 
angeordnete Pilotierung der Umfassungsmauern beginnt 
bei einer Tiefe von 2*50 Meter unter dem bestehenden 
Terrain. 
Die Lärchenpfähle mussten von 4—7 Meter Länge 
gewählt werden, da das Gebäude zum Theiie in dem 
alten Flussbette liegt. 
Zur Verladung des fast ausschliesslich sackierten 
Getreides aus den Schleppen in das Lagerhaus ist die- 
Beschaffung eines Dampf krahnes im Werke, der sich auf 
einem Geleise längs der Quaimauer bewegen kann. 
Die Kosten des Lagerhauses beziffern sich mit circa 
fl. 75.000. Die Fertigstellung des Baues soll anfangs 
October d. J. durchgeführt sein. d. r. 
Architektur-Briefe aus Florenz. 
HI. Nachdruck verboten. 
Vom Dome braucht man nicht weit zu gehen, um 
sogleich wieder bei einem berühmten Bauwerk anzulangen. 
Es ist dies das Baptisterium, ein achteckiges Gebäude 
von mässigen Dimensionen, dessen Alter nicht feststeht, 
aber von den Florentinern gern in den Anfang der christ¬ 
lichen Zeitrechnung verlegt wird, wo es ein Tempel des 
Mars gewesen sein soll. Man kann das Baptisterium ge¬ 
rade keinen imponierenden Bau nennen, besonders da er 
sich in unmittelbarer Nähe der Domfagade befindet, in¬ 
dessen die den ganzen Raum überdeckende Kuppel darf 
als ein tüchtiges Werk der Construction angesehen werden, 
und soll dem Brunellesco als Vorbild zu seiner Domkuppel 
gedient haben. Auf eine genaue Besichtigung des Innen¬ 
raumes Hessen wir uns nicht ein, da derselbe mehr Wert 
für den Historiker als. für den Architekten besitzt; aber 
desto eingehender betrachteten wir die unvergleichlich 
drei schönen Eingangsthüren aus Bronce, welche allein 
eine Reise nach Florenz aufwiegen können. — Michael 
Angelo sagt, sie wären so schön, dass sie verdienten, die 
Pforten des Paradieses zu sein. Wir waren der Ansicht, 
dass unsere Zeit ein solches Werk nicht mehr zu schaffen 
vermöge, weil sich kaum jemand finden würde, der seine 
Künstlerschaft und den grössten Tlieil seines Lebens an 
die Herstellung eines gläubigen Werkes setzen würde. 
Die älteste dieser drei Thiiren ist von Andrea Pisano 
im Jahre 1330 vollendet, und stellt in 20 Bildern die Ge¬ 
schichte Johannes des Täufers dar. Wie lange er daran 
gearbeitet, weiss man nicht, aber der Guss und die Oise- 
lierung allein dauerte neun Jahre, und als das Werk 
glücklich vollendet war, lief ganz Florenz herzu, und die 
Gesandten aller Nationen wurden eingeladen, das Werk 
in Augenschein zu nehmen. Die zweite und dritte Thür 
— technisch noch vollendeter — sind von Ghiberti, welcher 
von 1404 bis 1452, also fast ein halbes Jahrhundert, daran 
gearbeitet hat; alttestamentarische Gegenstände sind auf 
ihnen dargestellt. 
Abgesehen von den nach Hunderten zählenden 
vollendet schönen Figuren ist die einrahmende Ornamentik 
so überaus reizvoll, dass daran allein sich eine Schule 
bilden könnte. 
Nach diesem kurzen Besuche des Baptisteriums 
giengen wir durch eine der lebhaftesten Strassen — der 
Via caleajoli — nach dem Signoriaplatz, dem alten Forum 
von Florenz. Hier haben sich von jeher die grossen ge¬ 
schichtlich gewordenen Ereignisse dieser Stadt abgespielt, 
hier entfalteten die Mediceer ihre Macht und Herrlichkeit, 
hier lehrte Girolamo Savonarola und bestieg auch hier 
den Scheiterhaufen, hier endlich wurde im Jahre 1860 
Toscana dem neuen geeinigten Italien einverleibt. — Das 
Hauptgebäude dieses Platzes ist der Palazzo Vechio, worin 
die Hauptbehörden der Stadt ihren Sitz hatten, und zum 
Theil noch haben. Das Jahr 1300 wird als die Zeit seiner 
Vollendung genannt, indessen ist der 90 Meter hoch auf¬ 
steigende Thurm erst später erbaut worden. Der Palazzo 
Vechio ist für Florenz ein höchst charakteristisches Ge¬ 
bäude durch seine starr aufsteigenden hohen Mauermassen 
mit verhältnismässig kleinen Fenstern, durch die mächtigen 
Zinnen, welche ihm ein festungsartiges Aussehen geben, 
und endlich durch den hohen, schlanken, aber dennoch 
kräftigen Aussichtsthurm, welcher mit der Lilie und dem 
Löwen gekrönt ist. Es ist nicht zu bezweifeln, dass dieses 
Werk die späteren Renaissancepaläste nicht unwesentlich 
beeinflusst hat, und wenn dies auch nicht von den Detail¬ 
formen behauptet werden kann, so findet man doch immer 
die etwas starre Vornehmheit in Behandlung der äusseren 
Mauerflächen, die relativ kleinen Ooffuungeii und die da¬ 
durch bedingten grossen Axen und Etagenhöhen wieder. 
Es ist nicht meine Absicht, dem geneigten Leser alle 
Werke, welche den Signoriaplatz schmücken und einer 
Besprechung wert wären, vorzuführen, sondern ich muss 
mich darauf beschränken, nur diejenigen zu skizzieren, 
welche auf mich gerade einen tiefen Eindruck hervor¬ 
gebracht haben und in meiner Erinnerung immer als 
funkelnde Sterne unter den vielen •leuchtenden Punkten 
bestehen bleiben werden. Daher will ich auch nur den 
von Bart. Ammanati herrührenden Neptunsbrunnen, 
welcher mir mehr durch seine Kolossalität als durch seinen 
hervorragenden künstlerischen Aufbau imponiert hat, eben¬ 
so die etwas gedrückte Statue des Cofimo I. von Giovanni 
di Bologna und endlich den dreifenstrigen sehr plastisch 
wirkenden Palazzo Uguccioni, welchen man dem Rafael
	        
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