Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Nr. 9. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 69. 
Die Cosein-Malerei. 
Mitgetheilt vom Baumeister Altendorf in Leipzig., 
Die Cosein-Malerei, welche jetzt so viel von sich 
reden macht, /ist, um es kurz zu sagen, die Wiederbe¬ 
lebung der von den alten Culturvölkern fin Aegypten, 
Griechenland und Italien geübten Wandmalerei, mit welcher 
dieselben ihre Tempel und Wohnhäuser ausschmückten. 
Diese Wiederentdeckung der alten Malweise verdankt 
man in der Hauptsache dem Genremaler Herrn Fritz 
Gerhardt in Düsseldorf und dem Fabriksbesitzer Herrn 
Ant. Richard daselbst, welcher es unternahm seit 1889 
diese Farbenbestandtheile fabriksmässig herzustellen. Die¬ 
selben fanden sehr schnelle Aufnahme in den Maler- und 
Technikerkreisen, mit ihnen wurden bald bedeutende 
Wandgemälde in hervorragenden Gebäuden zu Berlin und 
anderen Städten ausgeführt, sie erwiesen sich nicht allein 
als sehr wirkungsvoll bezüglich des Farbeneffectes, sondern 
auch als haltbar, beziehungsweise wetterbeständig, so 
dass ihre Verwendung eine immer grössere Ausbreitung 
gewann. Nicht nur in der Ruhmeshalle und im Rath¬ 
hause zu Berlin, sondern auch in den Kirchen zu Erfurt, 
Bochum, Düsseldorf, Bremen, Spandau etc., sowie in 
Privatgebäuden wurden zahlreiche Malereien mittelst Oosein 
ausgeführt und erwarben sich den Beifall der Kunst¬ 
kenner. Diese Farben erwiesen sich aber auch zugleich 
sehr gut geeignet zur Herstellung von glatten Fagaden- 
Anstrichen, also auf gewöhnliches Mauerwerk, ferner zu 
Anstrichen auf Gyps, Glas, Metall etc. Allen Interessenten 
sei eine Durchsicht der von Herrn Ant. Richard in Düssel¬ 
dorf über die Ooseinmalerei herausgegebenen sehr lehr¬ 
reichen Schriften empfohlen, sie finden darin das Nähere 
über die Geschichte dieser Maltechnik, sowie Anweisungen 
über deren Gebrauch, deren Kosten etc., ebenso ein Ver¬ 
zeichnis der in letzter Zeit damit ausgeführten Maler- 
Arbeiten und die darüber ausgestellten behördlichen Gut¬ 
achten. A. 
Ein Beitrag zum Betonieren von Hochbauten. 
Die ersteren grösseren Versuche, Wohnhäuser aus 
Cementbeton herzustellen, unternahm die Berliner Cement-. 
bau-Actiengesellschaft zu Anfang der siebziger Jahre, 
wo durch die stark anschwellende Einwohnerzahl Berlins 
der Wohnungsnoth entgegengetreten werden sollte. Be¬ 
reits im Jahre 1874 besass diese Gesellschaft 58 mittlere 
und kleinere Wohnhäuser in der sogenannten Victoria¬ 
stadt vor Rummelsburg. 
Bei vierzig Häusern sind die sämmtlichen Aussen- 
und Innenwände, ebenso die Decken, Treppen, Fuss- 
böden aus Cementbeton hergestellt worden, und zwar 
hat man bereits damals für diese Bauten Steinkohlen¬ 
schlacken in grosser Menge verwendet, weil diese von 
den nahen Bahnhöfen umsonst abgegeben wurden. Die 
hohe Bedeutung dieser Schlacken als Betonmaterial hat 
man erst in den letzten 6—8 Jahren mehr würdigen ge¬ 
lernt und verwendet sie nun mit Vorliebe. Für die in 
der Victoriastadt ausgeführten Betonbauten war in erster 
Linie maßgebend, möglichst billig und rasch bauen zu 
können; es sind deshalb diese Gebäude wohl am besten 
geeignet, die Befürchtung zu widerlegen, dass der Bau 
von Wohnhäusern aus Cementbeton etwas abnorm kost¬ 
spieliges sei, obwohl nicht abgeleugnet werden soll, dass 
die Ausführung dieser Hochbauten für den Ausführenden 
umständlich und daher nicht immer rentabel sein wird. 
Die Hauptkosten werden durch die Einschalung des 
Baues verursacht; sie stellen sich bei Wänden von 
20—25 Centimeter Stärke pro Cubikmeter Beton auf 
8 bis 12 Mark. 
Die Betonmischung kann dagegen sehr mager ge¬ 
halten werden, so z. B. besteht sie bei den in Rede 
stehenden Berliner Bauten aus nur einem Theil Portland- 
Cement, zwei Theilen scharfen Sand und 71/2—8 Theilen 
ausgesiebter staubfreier Steinkohlenschlacke. Diese magere 
Betonmischung ist für senkrecht belastete Körper, z. B. 
für Innen- und Aussenwände, vollständig ausreichend und 
ergibt Mauern, die sehr fest, warm und trocken sind. 
Für Gewölbe und Decken muss das Mischungsver¬ 
hältnis etwas fetter sein, und man hat dafür zweckmässig 
die Mischung aus einem Theil Portland-Cement, 2—3 Theilen 
scharfem Sand, 4—5 Theilen Steinkohlenschlacken ver¬ 
wendet. 
Einige von dem Ingenieur B. Liebold in Holzminden 
mit bestem Erfolg ausgeführte Hochbauten aus Oement- 
beton seien hier ebenfalls namhaft gemacht, z. B. das 
Prüssing-Plank’sche Wohnhaus in Holzminden; ferner das 
Hotel Maigatter in Kreiensen und das Wohnhaus der 
Vorwohler Asphaltfabrik in Vorwohle. 
Diese Bauten wurden fast sämmtlich in den Jahren 
1875 bis 1877 ausgeführt. Auch diese haben sich in 
baulicher und hygienischer Hinsicht tadellos bewährt. 
Auch in Hamburg, Bremen und Chemnitz sind viel¬ 
fache Versuche gemacht worden, Hochbauten aus Beton 
herzustellen, wobei jedoch öfter auch weniger günstige 
Erfahrungen erzielt worden sind; es hängt dies aber 
ohne Zweifel auch von dem Mangel an erfahrenen Ar¬ 
beitern ab. Sehr wesentlich werden für oder gegen den 
Betonhochbau stets die Preise der gewöhnlichen Mauer¬ 
materialien bleiben, denn nur bei sehr hohen Preisen 
dieser Materialien wird man vom Betonbau Gebrauch 
machen. Für die Herstellung von feuersicheren Decken 
und Fussböden hat sich Beton längst allgemeine Aner¬ 
kennung erworben, und es ist für diese. Construction 
durch die sehr einfache Ausführung auch mit Mauerwerk 
sehr wohl concurrenzfähig geblieben. 
In neuerer Zeit hat die Firma Martenstein & Josseaux 
in Offenbach und Karlsruhe gelegentlich der Ausstellung 
in Strassburg i. Eis. 1895 ein dreistöckiges Wohnhaus 
aus Cementbeton aufgestellt, dessen Ausführung nach 
einem Plan des Herrn Baurath Ott in Strassburg erfolgte 
und zwar in einer sehr praktischen und vereinfachten 
Kostenform, erfunden von Herrn Ingenieur A. Favre in 
Zürich. 
Besonders interessant ist der Bau, der allerdings nur 
für das Ausstellungsunternehmen berechnet war, dadurch, 
dass sämmtliche Architekturtheile aus leichtem Gusseisen 
hergestellt waren. Die Ansichtsflächen waren sehr sauber 
bearbeitet und durch eine rostschützende dauerhafte 
Emaille gedeckt. 
Die Mauern waren im Keller 38 Centimeter, im Erd¬ 
geschoss und Obergeschoss nur 24 Centimeter stark aus¬ 
geführt. Zur Bildung der Decken und Gewölbe waren 
theils Holzgebälk, theils Eisenträger verwendet worden, 
um neuere und ältere Deckenconstruction im Gegensatz 
zu einander vorzuführen. 
Das Dach des ausgestellten Gebäudes war mit rhom- 
boidischen Cement-Dachziegeln, System Thomann, ge¬ 
deckt. 
Die gusseisernen Architekturtheile des Baues stamm¬ 
ten aus der Eisengiesserei und Maschinenfabrik von 
Philipp Br owe in Strassburg.
	        
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