Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Seite 68. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 9. 
die zweite nach dem rechten Seine-Quai, die dritte nach 
dem Behälter der Rue Copernic und nach der Place de 
l’Etoile, wo sie sich mit dem Wasser des Dhuis ver¬ 
mischt. 
Die eiserne Brücke über die Seine trägt das Rohr 
zwischen dem Gitterwerk der Fachwerkträger und dar¬ 
über einen Fußsteig. Sie besteht aus fünf Jochen, die 
auf vier Strom- und zwei Landpfeilern im Abstand von 
39 Meter ruhen. Diese sind mit Druckluft gegründet 
worden. Die Brücke wirkt in ihrer leichten Bauart sehr 
zierlich und belebt die hübsche Landschaft in angeneh¬ 
mer Weise. 
Bemerkenswert ist die Stossverbindung des Stahl¬ 
rohres und die Art seiner Verlegung und Dichtung. Die 
Rohrstücke haben eine Länge von 6 Meter und sind mit 
einem Zwischenraum von 2 Centimeter aneinander ge¬ 
fügt. Um diese Fuge ist ein Stahlring von 10 Centimeter 
Breite mit Gummirändern gelegt, welche durch Stahl¬ 
bänder fest angepresst werden. Die Rohre können sich 
darunter ausdehnen und zusammenziehen und selbst mit 
einem Winkel von 1/2 Grad aneinander gestossen werden. 
Dieselbe Art der Dichtung ist auch bei der Druckluft¬ 
leitung von Popp mit Erfolg verwandt worden. 
Zum Verlegen der langen und schweren Rohre 
innerhalb des gemauerten Canales wurden besondere 
Wagengestelle benutzt, die mittelst Leitrollen an den 
Canalwänden geführt und durch eine kleine elektrische 
Maschine gezogen wurden. Beim Aneinanderpassen der 
Rohre kam es darauf an, dass die Ränder genaue Kreis¬ 
form hatten. Um diese herzustellen, diente ein Geräth, 
das im Innern des fertigen Rohres bewegt wurde und 
mit acht strahlenförmig angeordnten Kniehebeln versehen 
war, die mittels einer genau in der Achse sitzenden 
Schraube wie ein Regenschirm aufgespannt und gegen 
die Ränder des Rohres gedrückt werden konnten. 
Die Zubringerleitung ist von dem Ingenieur Legouez, 
die Weiterführung bis zur Stadt von dem jetzt in Tonkin 
weilenden Ingenieur Renaud, Erbauer der Schachtschleusse 
von St. Denis, unter Oberaufsicht des Vorstehers der 
städtischen Wasserwerke Humblot ausgeführt worden. 
Die Anlage war im Frühjahr 1893 so weit fertiggestellt, 
dass sie in Betrieb genommen, und dass dem Mangel an 
gutem Trinkwasser, der im vorhergehenden Jahre beim 
Ausbruch der Cholera zu ernsten Befürchtungen Anlass 
gegeben hatte, wenigstens einigermaßen abgeholfen wer¬ 
den konnte. Die Herstellungskosten haben 35 Millionen 
Franken betragen. 
Gegenwärtig beschäftigt man sich mit der Voll¬ 
endung der Anlagen zur Wasserversorgung von Paris. 
Ein Gesetzentwurf, betreffend die Fassung der Quellen 
des Loing und Lunain ist der Kammer zur Genehmigung 
vorgelegt, nachdem die Stadtverordneten die auf 25 Mil¬ 
lionen veranschlagte Bau- und Kaufsumme bewilligt haben. 
Sobald dieser Antrag durchgegangen ist, soll mit der 
Ausführung sofort begonnen werden, damit die Arbeiten 
schon im Sommer 1898 fertiggestellt werden können. Die 
Leitung, die von Osten aus der Champagne herkommt, 
soll im Durchschnitt täglich 80.000 Cubikmeter liefern 
und somit den grössten Theil des noch fehlenden Quell¬ 
wassers der Stadt zuführen. 
Der Wasserverbrauch in Paris erreichte die höchste 
Ziffer mit 633.200 Cubikmeter am 9. Juli v. J. Hievon 
waren 242.400 m3 Quellwasser und 237.800 m3 Fluss¬ 
wasser, während 148.000 Cubikmeter der Ourcq (Canal) 
und 5000 Cubikmeter den artesischen Brunnen entstamm¬ 
ten. In den Reservoirs waren am 28. Juni 459.996, am 
5. Juli 468.818 und am 12. Juli 319.929 Cubikmeter. Die 
Abnahme von 148.889 Cubikmeter entstand durch den 
ungeheuren Verbrauch in der Woche vom 5. bis zum 
11. Juli, während welcher der Wasserverbrauch mit einem 
Mittel von 600.000 Cubikmeter wenig schwankte. Es 
kamen somit au jeden Einwohner täglich 240 Liter, wo¬ 
von ungefähr 100 Liter Quellwasser. 
„Centralblatt der Bauverwaltung.u 
Das Anker-Linoleum. 
Mitgetheilt von H. Altendorf, Banmeister in Leipzig. 
Das Anker-Linoleum, welches jetzt so oft genannt 
und vielfach verwendet wird, ist ein Product der 1893 
in Delmenhorst bei Bremen gegründeten Linoleumfabrik, 
die jetzt als eine der ersten und grössten dieser Branche 
betrachtet werden kann. 
Früher wurde bekanntlich das Linoleum nur in Eng¬ 
land angefertigt, wo es von F. Waltori erfunden, bezw. 
aus Korkmehl, oxidiertem Oel, Gummi etc. hergestellt 
ward. Diese Materialien werden innig vermischt, auf 
einen gewebten Stoff gewalzt, sodann mit Mustern be¬ 
druckt, in gewisse Längen und Breiten gebracht, um 
sodann als schmale Läufer oder breiter Belag für Fuss- 
böden, Treppen etc. ä Quadratmeter 4 bis 6 Mark verkauft 
zu werden. 
In letzter Zeit hat die Verwendung des Linoleums 
einen grossartigen, früher nicht geahnten Umfang ange¬ 
nommen, wir können behaupten, dass es jetzt fast in 
jedem besseren Wohnhaus, ja sogar in öffentlichen Ge¬ 
bäuden, wie Kirchen, Schulen, Krankenhäusern, Museen 
etc. zu finden ist, theils als Belag der Treppen und Holz- 
fussböden oder überhaupt als Ersatz desselben, indem es 
direct auf den Gyps-Estrich oder die Steinplatten gelegt 
wird, und in manchen Gebäuden wird in deren sämmt- 
lichen Räumen der Fussbodenbelag gegenwärtig nur noch 
aus Linoleum hergestellt. Man hat eben erkannt, dass 
dieser Stoff einen fugenlosen, glatten, weichen und warmen 
Fussboden erzeugt, wie er durch ein anderes Material 
nicht erreicht werden kann, und da auch die Muster des 
Linoleums zumeist als geschmackvoll bezeichnet werden 
können, so trägt es wesentlich dazu bei, die Aus¬ 
schmückung des Innenraumes zu vervollständigen. 
Selbstverständlich ist ein gutes Verlegen des Linoleums 
nöthig, wenn es seinen Zweck erfüllen soll; wir finden 
hierüber die nöthigen Anweisungen in den von der ge¬ 
nannten Fabrik herausgegebenen Schriften, die wir hier¬ 
mit der Beachtung unserer Leser empfehlen wollen. Auch 
finden sie darin ein Verzeichnis des im Verlaufe der letzten 
Jahre angefertigten und verbrauchten Linoleums, — Gut¬ 
achten von Behörden und Prüfungsresultate derselben 
über dessen Haltbarkeit, Anweisug zur Reinigung und 
Conservierung in den verschiedenen Fällen, etc. 
Wir möchten das Linoleum, als ein zeitgemäßes Bau¬ 
material der Aufmerksamkeit aller Bautechniker empfehlen; 
wir sind überzeugt, dass es immer mehr Verwendung 
im Baufache finden wird, so dass es sich lohnt, mit ihm 
näher sich vertraut zu machen. Aus den schon oben 
genannten Schriften der Fabrik des Delmenhorster Anker- 
Linoleums ist alles Nähere zu ersehen, sie mögen, wie 
auch dieses selbst, von den Fachgenossen nicht unbe¬ 
achtet bleiben, sondern in vorkommenden Fällen die ihnen 
gebürende Anerkennung finden und zu Rathe gezogen 
werden.
	        
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