Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 43. 
ausserdem mit zwei hölzernen, zur Aus- und Einladung 
der Kälber bestimmten Rampen versehen. Ausserdem 
sind zwei Küchen für die Herrichtung des warmen Kleien¬ 
trankes vorhanden. Die Tränkung der Thiere wird von 
Angestellten der Verwaltung besorgt. 
Der Auftrieb betrug am 21. October 1895 804 Stück. 
Die aufgetriebenen Kälber sind circa drei bis fünf Monate 
alt, jedoch besteht hinsichtlich des Alters keine Vorschrift. 
Auch auf dem Kälbermarkte geschieht der Ankauf 
der Thiere durch Schätzung. Nach dem Ankäufe müssen 
die Thiere per Wagen in den Schlachthof überführt werden. 
Das Dünger ha us ist so eingerichtet, dass sofort 
die dazu bestimmten Eisenbahnwaggons mit dem Dünger 
beladen werden können; die beladenen Waggons passieren 
an Ort und Stelle eine Wage, wo der Dünger gewogen 
wird. Die Düngerproduction beträgt per Jahr circa 
100.000 Metercentner und ergibt ein jährliches Einkommen 
von circa fl. 45.000. 
Weiter östlich vom Düngerhause befindet sich die 
sogenannte Desinfectionsan stalt. In diesem Gebäude 
sind mehrere Kessel, welche zu dem 90.000 Liter fassen¬ 
den, sehr hoch gelegenen Reservoir das Warmwasser, 
respective die erforderliche Dampfmenge liefern. Von 
hier aus wird das Warmwasser in 42 zwischen den so- 
gonannten drei Desinfectionsgeleisen gelegene Hydranten 
geleitet, und von diesen aus wird jeder Eisenbahn-Vieh¬ 
waggon gewaschen. Die Desinfectionsgeleise sind zu" 
sammen 950 Meter lang. Ausser der vorerwähnten 
Waschung der Waggons werden letztere noch mit heisser 
Sodalauge ausgepinselt. Alle diese Manipulationen ge¬ 
schehen unter Oontrole der Eisenbahn-, respective 
Veterinärbeamten. 
In der Nähe des sogenannten Seuchenhofes befindet 
sich noch ein kleines Gebäude, in welchem die Häute 
gesammelt, eingesalzen und getrocknet werden. Diese 
Anstalt ist verpachtet. 
Was den Marktbetrieb anbelangt, erscheint erwähnens¬ 
wert, dass 33 Vieh-Commissionshändler vorhandeu sind, 
welche sämmtlich Comptoirs im Börsegebäude innehaben. 
Ausser denselben bestehen noch drei Bankgeschäfte, und 
zwar das landwirtschaftliche Bankinstitut, die Central- 
Viehmarkt-Wechslerbank und die Berliner Vieh-Commis- 
sions- und Wechslerbank. 
Der Schlachthof, welcher vom Schlachthaus 
räumlich durch ein Eisenbahngeleise getrennt ist, enthält 
nachfolgende Objecte: drei Rinder-Schlachtgebäude, vier 
Rinderställe, eine Kleinvieh-Schlachthalle, drei Schweine- 
Schlachtgebäude, vier Schweineställe, je eine Kaldaunen- 
wäscherei, eine Darmschleimerei, Talgschmelze und 
Margarinfabrik, Schmelzküche für finnige Schweine, Albu¬ 
minfabrik, dann ein Polizeischlachthaus und das Trichinen¬ 
schauamt. 
Die drei Rinderschlachtgebäude sind in der Weise 
ausgeführt, dass sich zu beiden Längsseiten einer 9 Meter 
breiten, höheren Mittelhalle, welche mit einem eisernen 
Polonceau-Dachstuhl versehen ist, je 22 Kammeranbauten 
befinden. Eine solche . Schlachtkammer ist 8*98 Meter 
tief und 5*12 Meter breit und führt von jeder der Kammern 
eine kleine Treppe in einen ebenso grossen 3 Meter hohen 
Kellerraum und eine zweite Treppe in den über der 
Kammer befindlichen Dachbodenraum. In der Schlacht¬ 
kammer selbst sind eine Winde und eiserne Träger, welche 
3*5 Meter über dem Fussboden hoch sind, zum Heben, 
Aufhängen und Ausarbeiten des geschlachteten Thieres 
angebracht. Die Mittelhalle ist nicht unterkellert. 
In der Mittelhalle ist vor jeder Schlachtkammer ein 
von hohen schmiedeisernen Gittern umgebener Verschlag 
vorhanden, in welchem das Fleisch für den Verkauf 
ausgehängt werden kann. 
Von den vier Rinder Ställen sind zwei je 8*7 Meter 
und die anderen je 16 Meter tief. An den Stirnseiten 
dieser Stallgebäude sind die Räumlichkeiten für die Thier¬ 
ärzte, das Fleischbeschauamt und mehrere Nebenräume 
untergebracht. 
Die Kleinvieh-Schlacht halle besitzt nur Haken 
gestelle und ist im Uebrigen, was die Construction betrifft 
so ausgeführt wie alle anderen Hallen. 
Die drei Schweine-Schlachtgebäude sind ver¬ 
schieden gross; das grösste ist 101 Meter lang, 27 Meter 
breit und enthält 14 Brühbottiche, 14 Krahne, Klapp¬ 
tische etc. Zu beiden Seiten der inneren Halle sind die 
28 Fleischkammern, welche unterkellert siud und von den 
Exporteuren und Engroshändlern benutzt werden, ange¬ 
ordnet. Im Innern der Halle zu beiden Seiten schliessen 
sich an die Fleischkammern die. Todtschlagbuchten. 
Zwischen zwei Fleischkammern dieses Schlacht¬ 
gebäudes liegt immer ein Gang, durch welchen die zu 
schlachtenden Schweine von aussen direct in die Todt¬ 
schlagbuchten getrieben werden. In diesem Objecte 
können per Tag 1500 Schweine geschlachtet werden. 
Das mittlere Schweine-Schlachtgebäude, welches 
später erst gebaut wurde, unterscheidet sich von den 
beiden übrigen insoferne, als die Todtschlagbuchten 
zwischen den ebenfalls unterkellerten 34 Kammern unter¬ 
gebracht sind, wodurch mehr Arbeitsraum in der Halle 
gewonnen wurde. Diese mittlere Halle enthält sieben 
Brühbottiche und ebensoviele Krahne. 
Das dritte Schweine-Schlachtgebäude enthält neun 
Brühbottiche und 48 kleinere, ebenfalls unterkellerte 
Fleischkammern. Zwischen diesen Schweine-Schlacht- 
häusern und der Bahnhofanlage ist die Kaldaunen Wäscherei, 
die Albuminfabrik und die Talgschmelze. 
Die Kal-daunenWäscherei enthält eigentlich zwei 
Abtheilungen, in der einen ist ein Kammersystem vor¬ 
handen, welches von circa30Darmwäschern benutzt wird; 
in der anderen Abtheilung sind Brühkessel zum Abbrühen 
der Kalbs- und Hammelkönfe, Kalbsfüsse und Tröge zum 
Waschen der Gedärme vorhanden. 
Die Albuminfabrik, sowie die Talg schmelze, 
in welcher auch Margarin erzeugt wird, sind verpachtet. 
Neben der Talgschmelze befindet sich eine sogenannte 
Schmelzküche, in welcher zwei Fleischkochapparate, und 
zwar ein Becker-Ullmann’scher um fl. 3600 und ein Rohr- 
beck’scher zu fl. 300 angebracht sind, um das Fleisch 
schwachfinniger und schwachtuberculöser Thiere unter 
polizeilicher Aufsicht mit überhitztem Dampfe zu kochen. 
Von den starkfinnigen und starktuberculösen Thieren 
wird blos das Fett ausgeschmolzen und verwertet. 
Das Polizei-Schlachthaus enthält je eine Schlacht¬ 
kammer für Schweine und Rinder und einen Observations¬ 
stall für 100 Rinder, ausserdem ein Sanitätslocal und je 
ein Local für den Polizeiwächter und den Thierarzt. 
Nachdem sich die Berliner Schlachthofanlage, nament¬ 
lich aber jene für Schweine auch schon als zu klein 
angelegt erwiesen hat, wurde zur Erweiterung derselben 
jenseits der Thaerstrasse ein Grundcomplex von circa 
11 Hektar um den Preis von D/g Millionen Mark ange¬ 
kauft. Für den Bau eines neuen, mit den neueren Ein¬ 
richtungen ausgestatteten Schweine-Schlachthauses da¬ 
selbst sind 41/2 Millionen Mark präliminiert. 
	        
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