Volltext: I. Jahrgang, 1896 (I. JG., 1896)

Nr. 2. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 13. 
auch unsere Leser interessieren. Der bekannte, leider zu 
früh verstorbene Forscher Professor Heinrich Brugsch 
veröffentlichte über diesen Gegenstand nachstehende Er¬ 
örterungen : 
Die landläufige Redensart vom alten Eisen hält vor 
der wissenschaftlichen Forschung nicht mehr Stand, nach 
welcher dieses nützliche Metall der jüngsten Epoche der 
menschlichen Cultur ent wicklung die Signatur aufgedrückt 
haben soll. Von den Zeiten des classischen Alterthums 
an hat sich bis zur Stunde die Ansicht erhalten, dass 
die Culturgeschichte mit dem Zeitalter der steinernen 
Werkzeuge begonnen habe, dass sich daran das Zeitalter 
der Bronze schliesse und dass als letztes die eiserne 
Periode, in der wir selber noch leben, anzusehen sei. 
Nach dieser Vorstellung, welche die Wissenschaft gegen¬ 
wärtig vollständig beherrscht, gehört das Eisen zu den 
jüngsten Hilfsmitteln der menschlichen Thätigkeit im 
Kriege wie im Frieden. 
In einem lehrreichen und äusserst anziehenden Auf¬ 
sätze, „Die Kupferzeit in Europa“ betitelt, hat Cams 
Sterne es als Verkehrtheit einiger sonst sehr verdienter 
Alterthumsforscher in Deutschland bezeichnet und diese 
sogar als Marotte charakterisiert, das Eisen für älter als 
die Bronze zu betrachten und aus diesem Grunde die 
Eisenzeit der Bronzezeit voranzustellen. Nur die leichtere 
Zerstörbarkeit des Eisens in der feuchten Erde trage 
Schuld daran, dass man auf verhältnismässig wenig Ueber- 
reste eiserner Werkzeuge aus jener Periode stosse. Carus 
Sterne bezieht sich bei seiner von der Mehrzahl der 
prähistorischen Forscher getheilten Meinung auf Europa. 
Wie Babylonien und Assyrien auf dem asiatischen • 
Boden als älteste Oulturträger erscheinen, so muss Egyp¬ 
ten auf der afrikanischen Seite den wohlverdienten Ruhm 
beanspruchen, auf allen Gebieten der Culturentwickelung 
das Höchste geleistet zu haben. Seine Denkmäler über 
und unter der Erdoberfläche des heutigen Nilthaies 
gehen über das Jahr 3000 v. Ohr. zurück. Es ist eine 
längst besprochene, aber bis zur Stunde noch 
nicht beantwortete Frage, wie die Egypter im 
Stande gewesen sind, in den Zeiten der könig¬ 
lichen Pyramidenbauer die gewaltigsten Granit¬ 
blöcke in spiegelglatt geschliffene, wohl zu¬ 
gehauene Werkstücke von unglaublicher Grösse 
zu verwandeln. Lepsius hat in seiner sehr be¬ 
kannten Abhandlung „Die Metalle in den egypti- 
schen Inschriften“ ganz richtig behauptet: 
„Dass bei der häufigen Bearbeitung des Granits 
in grossen Massen, wie sie bereits seit der 
vierten Manethonischen Dynastie (nach ihm 
regierten deren Könige von 3124 bis 2840 
v. Ohr.) nachweislich ist, es wohl nicht zweifel¬ 
haft sein kann, dass man seit jener Zeit und 
schon früher das Eisen und seine Härtung 
kannte.“ Auch bei den Griechen wäre das 
Eisen schon von frühester Zeit her ein viel 
verwendetes Metall gewesen, das von Homer 
häufig genannt sei. Selbst das Härten des 
Eisens durch Eintauchen in kaltes Wasser 
war bekannt. Ebenso gehe die Erwähnung 
des Barzel (Eisen) im alten Testament bis in 
die Bücher Mosis zurück und das im Jeremias erwähnte 
„Nordische Eisen“ wäre ohne Zweifel ein besonders vor¬ 
zügliches — vielleicht gehärteter Stahl — gewesen. 
Man würde einen Irrthum begehen, etwa um das 
Jahr 1600 v. Chr. die äusserste Grenze der Kenntnis des 
Eisens bei den Egyptern zu entdecken. Man lege noch 
einige Jahrtausende hinzu und es werden immer noch 
Zweifel über die wirkliche Zeit der ersten Entdeckung des 
Eisens obwalten, wie ich es dem Leser durch unstreit¬ 
bare Beweise bezeugen will. Zuvor noch ein Wort über 
die altegyptische Bezeichnung des Eisens selber, um auch 
darüber nähere Einsicht zu verschaffen. 
Das volle Wort für dieses Metall lautete nach den 
hieroglyphischen Texten Bi-ni-pit, d. h. „das Wunder- 
Erzeugnis) des Himmels.“ Damit ist klar auf den himm¬ 
lischen Ursprung des Eisens in seiner Gestalt als Meteor¬ 
eisen hingewiesen. Das uralte Wort hat mehr als sechs 
Jahrtausende überlebt, denn noch in der Sprache der 
Kopten hat es sich in deutlich erkennbarer Gestalt als 
Benipi mit dem Sinne von Eisen erhalten. In verkürzter 
Form findet sich dieses Wort vielfach in Pyramiden¬ 
inschriften, häufiger als für Gold, Silber oder Kupfer. 
Die Pyramidentexte, welche sich in ausgedehnter 
Ausführung im Innern von fünf Pyramiden auf der fünf¬ 
ten und sechsten Dynastie vorfinden, gehören zu den 
ältesten Denkmälern der altegyptischen Geschichte. Damit 
ist aber zugleich der Beweis geliefert, dass der Kenntnis 
des Eisens bei den alten Egyptern ein Alter zukommt, 
das billig in Erstaunen setzen muss und dem gegenüber 
die spätere Eisenzeit wie eine zweite Periode erscheint, in 
welcher das Eisen seinen Einfluss auf die menschliche 
Culturentwickelung bis zu unseren eigenen Tagen hin 
aus übte. 1U 
Technische Neuigkeiten. 
Mitgetheilt vom Internationalen Patentbureau K. Fr. Reichelt in 
Berlin NW. 
Universal-Fenster, System Lenz & Stumpf. Während 
bei uns in Deutschland, ebenso in Oesterreich und Russ¬ 
land die Fenster mit drehbaren Flügeln fast ausschliesslich 
in Gebrauch sind, werden dieselben in England und 
Amerika so gut wie gar nicht in Anwendung gebracht, 
wo vielmehr die senkrecht in der Höhe verstellbaren 
Schiebefenster fast allein gebräuchlich sind. Beide Sy¬ 
steme haben ihre Vortheile und Nachtheile. Unsere Flügel-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.