Volltext: Johannes von Gmunden, der Begründer der Himmelskunde auf deutschem Boden

Joh. v. Gmunden, der Begründer der Himmelskunde auf dtsch. Boden. 67 
Der christliche Kalender hatte seine bis zur Reform 
gültige Gestalt durch Isidorus Hispalensis, Bischof 
von Sevilla, gest. 636, erhalten, die Lunationen werden von 
ihm abwechselnd zu 29 und 30 Tagen gerechnet, also etwas 
zu kurz. Da man auf die Schalttage keine Rücksicht nahm, 
war der Fehler der Berechnung am Ende des 19jährigen 
Zyklus so weit angewachsen, daß der letzte Vollmond um 
7 Tage zu früh herauskam. Es wäre also notwendig gewesen, 
die letzten 14 Lunationen alle zu 30 Tagen anzunehmen. Um 
nun die Abweichung des wahren Mondes vom zyklisch be 
rechneten nicht zu groß werden zu lassen, verteilten wahr 
scheinlich schon die Alexandriner diese sieben Tage nach 
gewissen Regeln auf die ganze Periode; so wurde die regel 
mäßige Folge von 29 und 30 Tagen siebenmal unterbrochen 
und es erschienen die Einschiebungen, Embolismen: 29, 30, 
30, 30, 29 ... Beda venerabilis (gest. 735) setzte die 
Embolismen an andere Stellen und diese Rechnung hat als 
computus den Kirchenkalender beherrscht. Als Beispiel diene 
die Wiedergabe des Monats April aus einem im Stift Lam 
bach befindlichen, bisher unbekannt gebliebenen Kalender, 
der zwischen 1054 und 1090 dort geschrieben wurde. 
Der Lambacher Kalender enthält zunächst für den April 
den Hinweis, daß der 10. und 19. als Unglückstage zu fürch 
ten sind. Im Heiligenverzeichnis finden sich die Bemerkungen 
über die Embolismen, der 18. ist letzter Termin für Oster 
vollmond. Am 12. und 27. wird auf biblische Ereignisse 
aufmerksam gemacht, Beginn der Sintflut und Eintritt 
Noahs in die Arche. Am Schluß steht ein Vers aus Auso- 
nius, 1 der eigentlich erst dem nächsten Monat zugehört, 
besagend, daß die Sonne im Mai in die Hörner des Stiers 
eintritt. Neben den Tagesbuchstaben steht der römische 
Kalender, es folgen die goldenen Zahlen. Wir sehen, daß 
z. B. wenn die goldene Zahl XVI ist, der Frühlingsvollmond 
1 Ausonius, Eccl. XVII, 5. Das Gedicht gibt in mnemotechnisch 
spielender Art Merkverse für den Lauf der Sonne durch den Tier 
kreis während des Jahres. Hie Bezeichnung Agenorei tauri deutet 
in mythologisierender Manier auf Europa, die vom Stier geraubt 
wurde und deren Vater Agenor hieß. 
5*
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.