Volltext: Braunauer Heimatkalender 1931 (1931)

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Tiere mit gutem und schlechtem Ruf. 
Bei allen Völkern und zu allen Zeiten bildeten oft Tiere ein 
Sinnbild für bestimmte menschliche Eigenschaften. 
Der Kuckuck gilt als Ausbeuter. Hört man ihn in der Johannis¬ 
nacht, so wird im nächsten Jahre eine große Teuerung kommen. „Hol 
dich der Kuckuck l" ist eine beliebte und verbreitete Redensart. Der 
Franzose nennt den von seiner Gattin Hintergangenen Ehemann „cocu“. 
Der Kuckuck ist wahrscheinlich deshalb in diesen schlechten Ruf gekommen, 
weil er seine Eier in fremde Nester zn legen pflegt. 
Eine sympathischere Gestalt ist der Storch. Die Bauern auf dem 
Lande freuen sich, wenn ein Storch auf ihrem Dache sein Nest baut, 
denn das bringt Glück. Da der Storch gegen seine Jungen sehr zärtlich 
ist, gilt er als der Ueberbringer neugeborener Kinder. Es ist aber möglich, 
daß er ans andere Art in diesen Ruf gekommen ist. In Indien nämlich 
ist der Storch das Symbol der Erdgöttin, der Urmutter des Lebens. 
Die Taube ist die Botin des Glücks. Schon in der Bibel bringt 
eine Taube die Botschaft, daß die Sintflut vorüber sei. 
Der Rabe dagegen ist der Bote des Unglücks. In diesen schlechten 
Ruf ist der Rabe deshalb gekommen, weil er gewöhnlich im Winter in 
die Nähe der menschlichen Behausung kommt, also in jener Jahreszeit, 
die unseren Vorfahren oft viel Unheil brachte. So wurde der schwarze 
Vogel, den man, nach Aas suchend, über die Schneefelder streifen sah, 
zum Unglücks- und Totenvogel. Im Kriege galt er als ein unheimlicher Vogel. 
Vom Kiebitz wird erzählt, daß et, einmal Dienstmagd einer Jung¬ 
srau gewesen sei. Dieses Mädchen hatte eine Schere gestohlen und den 
Diebstahl geleugnet. Zur Strafe dafür wurde es in einen Vogel ver¬ 
wandelt, der immer „Stiebitzt" rufen muß. 
Die Katze war in früheren Zeiten teils in gutem, teils in schlechtem 
Ruf. Bei den alten Aegyptern war sie wegen ihrer nachts leuchtenden 
Augen der Mondgöttin geweiht. Man hat in Aegypten sogar Mumien 
von Katzen gefunden, die als heilige Tiere einbalsamiert wurden. Im 
Mittelalter galt die Katze als Verbündete der Hexen. Das ist leicht er¬ 
klärlich, weil sich alte, einsam lebende Weiblein, tue gewöhnlich als Hexen 
verschrien wurden, zur Unterhaltung gerne eine Katze hielten. Auf Miniaturen 
des Mittelalters findet man Hexen oft in Begleitung von Katzen abgebildet.
	        
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