72
Der Toni bestand jedoch immer hartnäckiger darauf und brachte es end¬
lich zu Wege, daß die Resl einmal in aller Frühe mit ihm hinausging
an den Dorfweiher. Jetzt bat der Toni, sie möchte ihn ganz nah an's
Wasser stellen, daß er mit dem Rücken nach dem Wasser schaue —
„und nacha," sagte er, „nimmst Dr an fest'n O'laas und rennst mi eini!"
Nochmals schauderte die Resl vor einem solchen Auftrag zurück
und suchte den Toni durch allerlei heuchlerische Redensarten davon ab¬
zubringen. Doch der bestand hartnäckig auf seinem Entschluß mit dem
Hinweis, daß er als blinder Mann ja doch nichts mehr nütze sei; sie,
die Resl, hätte mit ihm nur eine schwere Last sür's Leben, und wenn
sie ihn jetzt ersäufe, täte sie doch nur ein gutes Werk der Barmherzigkeit.
„O mei Mo," sagte die Resl d'rans, „wenn i Di do net goa so
gern hont tat. — I will's toa, weil i mir denk, nacha bist weng'stens
dalöst vo' Dein Setb’n, oba hoart wird's mir scho, berfft mir's glaub'n,
Toni." Unb mit biefen Worten machte bie Resl kehrt, ging ein ziem¬
liches Stück zurück, damit sie ja einen festen „O'laaf" bekam, und wie
ihr die Entfernung groß genug dünkte, drehte sie sich um, legte bie
linke Hanb auf's Herz, seufzte mit einem Augeuauffchlag zum Himmel
nochmals: „Mei Herrchal, wenn's no scho vo'bei waa!" unb fing bann
mit aller Kraft zu laufen an. — Wie sie ganz nahe am Toni heran
ist, springt bieser rasch zur Seite, bie Resl aber konnte ihren scharfen
Sauf nicht mehr hemmen unb plumpst mit einem lauten Aufschrei in
ben Weiher eini, baß bie Karpfen unb Frösche nur so anseinanberstoben.
„Toni, hilf mir!" schreit sie jetzt.
„O mei Wet, i siegh Di ja net! sagt er braus.
„In Weiher bin i einig’rennt — hilf mir, Toni hilf mir! —
Hiiiiiilfe!"
„Ja wenn i Di no fehg’n tat, Wei — i siehg Di oba net!"
Zum guten Glück kommt grab der Sichler Naz (ber Sichler Naz
war bem Toni sein bester Freund, ber allein von bem ganzen Plan
wußte unb taut Vereinbarung im geeigneten Moment ant Weiher er¬
scheinen unb bie Resl „retten" mußte) ant Weiher vorbei; ber erkennt
benn auch sofort bie Gefahr, springt entschlossen in ben Weiher unb
holt bie Resl wieber raus.
Der Toni stanb etwas abseits unb sah mit verschmitztem Sächeln
bieser Rettungsaktion zu. „Ganz weiß unb bakemma schant's aus!"
benft er sich, wie sie so, auf ben Arm bes Naz gestützt, ganz waschluaß
herankam. Mit einmal ruft ber Toni:
„Ja, wia wirb mir bettn?! — Ja, Seit, i siegh ja auf ocunoi
roieba!" — Freili, ganz beutlich siehg i eng zwoa. Dös is denna 's
reinste Mirctkl (Wunder)! Dös muaß rei ber Schrocka g'macht hattt,
rviar t mei Resl im Wasser b’rttt um Hilf schreiet hob hörn! — Naz,'
i bank D'r halt recht von Herz'n, baß D' nta mei Weib barett Host!—
Resl, iatza sei no grob froh, baß D' net bafusfa bist unb baß i mei
Ang'nlicht wieba hob!"
Die Resl aber erwiderte kein Wort barauf, fonbern schaut mit
einem undefinierbaren Blick zu ihrem Totti auf — Scharn, Reue unb
Gewissensbisse schienen baratis zu sprechen.