Volltext: Braunauer Heimatkalender 1930 (1930)

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neren, datz oft ein Geheul und Geschrei war, dass es der Vater 
schon von weitem hörte, lind das wurde schlimmer je älter 
sie wurden. Die jüngeren, die auch mehr die zänkische, herrische 
Natur der Weitesten hatten, und verbittert, halbverhungert und 
tückisch waren wie die Wildkatzen, fingen an, sich gegen fiathl 
5U stellen und das Geraufe und Geschrei wurde immer toller. 
Des Essens wegen, das sie sich gegenseitig vorn Teller zerrten, 
der Hrbeit wegen, die sie scheuten, wegen der paar Feyen 
Kleider, die die Mutter hinterlassen und die sie sich gegenseitig 
vom Leibe rissen. Dem Vater fiel ja nicht ein, ihnen Gewand 
zu kaufen, auch tvenn’s ihnen vorn Leibe faulte, nicht, was 
er brauchte, muhte freilich her, er stieg mit dem feinsten Janker 
und hatte den schönsten Gamsbart am Out, er trank den besten 
wein unten und so manche flacht kam er schwer betrunken 
und manche flacht gar nicht heim. £r hatte alles und sie wutzten 
oft nicht, wovon ihren Hunger stillen. Datz sie einmal aus dem 
Haus gekommen wären, davon war keine Rede, nicht Sonntags 
zur Kirche und nicht zum kirta. Sie waren doch auch junges 
Blut, und mutzten wie verscheuchtes Nachtgetier hinter den 
Scheiben hocken bleiben, wenn sich ja einmal einer in die Ein¬ 
öde verirrte. Ellen Groll, alle angehäufte Wut, die sie dem 
Vater nicht zeigen durften, Hetzen sie an einander aus. vor 
Hunger und Gier wurden sie diebisch, sie schlichen sich des 
Nachts in des Vaters Kammer und wühlten in feinen Schub¬ 
laden, sie durchsuchten feine Taschen, wenn er betrunken, steif 
wie ein Stück holz auf der Ofenbank lag, und urn ein paar 
Groschen tobten oft Kämpfe die halbe Nacht. 
Hengftlich hielt sich Hnnamirl von allem fern. Es zitterte 
vor dem Vater und fürchtete sich vor den Schwestern. Der 
Vater hatte sich allmählich daran gewöhnt, da sie sozusagen 
den haushalt führte, sie für alles verantwortlich zu machen, 
war er betrunken, oder erschien ihm was nicht recht, so schlug 
er blindlings auf sie ein. Immer sollte ein Essen für ihn auf 
dem Tisch fein und die paar Groschen, die er gab, und die 
sie in fingst und flöt hütete, langten kaum für’s kleutzerste. 
In nüchternen Augenblicken begehrte er, datz (Ordnung in die 
Räuberhöhle Komme, in die jedes so viel Unrat und Schmutz 
hereintrug, als ihm nur immer gefiel, ja er selbst fing an, auf 
ganz törichte weise die Stuben voll Wasser zu schütten, datz 
das schwache flnnamirl bis tief in die flacht hinein mit zit¬ 
ternden Knieen auf den Dielen liegen und fegen mutzte. Die 
andern hielten sich still unter ihren Decken und mucksten sich 
auch nicht, wenn der Elte darauf losschlug, war ihm die Fau¬ 
lenzerei einmal zu arg geworden und schrie er im Haus her¬ 
um, datz sie sich einen Dienst suchen sollten, so standen sie mit 
hängenden Kopsen und stierten in die Ecken. In einen Dienst? 
3u fremden Leuten? Sie, die sich mit ihren Lumpen nur im 
halbdunkel nach dem Dorfe getrauten, um ihre gestohlenen 
Kreuzer dahinzutragen?
	        
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