Volltext: Braunauer Heimatkalender 1930 (1930)

Das Gott'swillen-klnnamirl. 
Im „Stern" schleicht ein graues Geschöpf umher. Es ist nicht 
jung, nicht alt, nicht groß, nicht Klein, nicht schwarz, nicht weih 
und hat doch was von beiden Zarben, ’s lacht nicht, lächelt 
nur und dann sieht's eher aus, als wenn es weine; es spricht 
nicht und geht so leise, daß man es nicht hört, patscht nie die 
Türen zu wie die andern Dienstboten, ißt an der äußersten 
Tischkante, wie wenn's nicht zu den liebrigen gehöre, tut alles 
und nichts, ist da und wieder verschwunden, eh man sich um¬ 
schaut, dies graue Wesen ist das Gott’sroillen-Hnnamirl. 
Das Gott’swillen-Hnnamirl hat nie was Rechtes gelernt, 
kann keine eigentliche Arbeit. Es räumt (Defen aus und zündet 
Feuer an, das gleich wieder ausgeht, es füllt Zuber und Eimer 
mit Wasser und verschüttet alles wieder beim Tragen, es wäscht 
und macht die Wäsche schmutziger, als sie vorher war, es putzt 
und fegt und man sieht nicht, wo es angefangen und wo es 
aufgehört hat, es trägt Gläser und läßt sie fallen, wenn nur 
jemand nach ihm sieht, das alles kann das Hnnamitl. Die 
knechte und Mägde find ganz gut mit ihr, und wenn sie ein¬ 
mal Hanseln, ist’s nicht bös gemeint, auch die gelegentlichen 
Püffe, wenn’s im weg ’rumsteht, sollen nichts Schlimmes be¬ 
deuten. Doch geht's Snnamirl immer rum, wie wenn es den 
fiopf zum prügeln hinhalte, wie wenn jeden Augenblick von 
irgendwoher, von irgendtvem ein Stoß kommen müßte. 
Immer drückt fich’s an den Mauern hin; es möchte sich 
dünner machen, als es so schon ist, es bittet förmlich um Ver¬ 
zeihung für ihr Dasein, alles ohne Worte. Wirt und Wirtin, 
auch die Töchter, find mit ihr nicht anders wie mit den an¬ 
dern Dienstboten, eher besser, doch sagen sie laut vor ihm: 
„nützen tut’s uns ja nicht, sie is um „Gott'swillen" da, roo so 
viele essen, kann sie auch noch mitessen." 
vor fünfzehn Jahren ift’s flnnamirl in s Haus gekommen, 
gut siebenundzroanzig alt und sah nicht viel anders aus als 
jetzt. Damals trug’s auch schon ihr dreieckiges Tüchlein auf 
dem fiopf, das es stets im tzaufe aufbehält, damals sahen 
schon ihre Nocke aus, roie roenn sie ihm vom Leib rutschen 
wollten, weil's „gar so viel dünn war," damals schon trug’s 
Schuhe, die ihr viel zu groß waren. Sie stammte aus dem 
Schmirner Tal, hoch oben im Dorfe roar’s geboren und ihre 
Cebensgefchichte war merkwürdig genug.
	        
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