Volltext: Eckart Nr. 5 1913/14 (Nr 5 / 1913/14)

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„Sonn- und Mondfang" an. Der beschränkte Horizont, der Eigensinn, dann 
das, was Bischer als die Akkuratesse des schwäbischen Beamten rühmt, wird 
hier in närrischer Übertreibung gezeigt. Während Hermann Kurz Ver 
knöcherung und herzlose Umständlichkeit im Beamtentum findet, deren 
tragische Folgen wir in so ergreifender Weise im „Sonnenwirt" miterleben, 
zeigt Sailer uns gern das Komische im Wesen dieser Leute. 
„Die heiligen drei Könige" sind ein kleines Seitenstück zu Shakespeares 
Handwerkerszenen im „Sommernachtstraum". Das kindlich wichtige Ko 
mödienspiel, die Freude an Mummerei und durch die Phantasie geschaffenen 
neuen Verhältnissen führt nicht nur zu den lustigsten Auftritten, es erquickt 
das auch wie alle Äußerungen einer urwüchsigen heimlichen Kraft, die im 
Volke zu Zweckloser, künstlerischer Betätigung drängt. Die ehelichen Leiden 
und Freuden bringen die jeweilige Ernüchterung in das Dreikönigsspiel und 
die Handlung in das Drama. 
In den „Sieben Schwaben" nimmt sich Sailer die verschiedenen 
Heimatgaue mit den für sie typischen Erscheinungen aufs Korn. Ein furcht 
bares Tier macht das Land unsicher, ein Hase, den es zu bekämpfen gilt. 
Des Landes Heerbann wird aufgeboten. Der Bannwart, der die Einzelnen 
zum Schultheißen zu bescheiden hat, damit sie Kriegsdienste leisten, will als 
vorsichtiger Mann die Allgäuer und „Breagazerwälder" garnicht erst einladen. 
„Wenn mar so an ausg'hungerta Lausbalg b'schicka thätat, a thät üs, beim 
Schtroahl, s'ganza Land arm freassa, denn ar will da ganza g'schlogana Tag Butter,. 
Mill, Käs und an Küeahschwanz hau. Und gelt manam it, daß a ällaweil da Millhafa 
an dar Gurgel hoat, so kriagt ar 's Hoimwaih, denn haumar halt an kranka Ma' im Land, 
dear üs maih Schada ihuat as dar Has' seall." 
Der Allgäuer wird aber zum „Karrasier-Reuterdeanscht" geeignet 
befunden. Den sieben Schwaben selbst wird Gelegenheit gegeben sich neben 
dem Gefolgsmanne in ganzer Herrlichkeit zu entpuppen, und der Blitzschwab 
kann nach hartem Strauß und nach der Flucht der Kavallerie „Viktoris" 
schreien und darf im Siegeszuge die Fahne tragen. 
Im „Sonn- und Mondfang", einem rechten Schildbürgerstück, sollen 
die beiden Gestirne, da das Kühlen der Sonne durch einige Fuder Schnee 
und das Aufbrennen des Mondes Schwierigkeiten zu machen scheint, im 
Garn, das zwischen zwei Stangen aufgespannt ist, gefangen werden, weil 
der „Aischterberg", über den sie immer hingehen, ganz verbrannt ist. „It 
an moal an Bömle" wächst da. Der Bannwart wie der Schultheiß haben 
auch für die Gefangenen bereits eine Verwendung in Aussicht. Nur daß der 
Bannwart sie zum eigenen Gebrauch ,,z' Noacht für an Liacht und im Winter 
fürs Einfuira" haben möchte, während der Schulze diese eigensüchtigen Ge 
danken keineswegs gut zu heißen vermag, sondern in väterlicher Fürsorge 
für seine Gemeinde die Übeltäter in Kästen sperren und auf den Elocken- 
turm hängen lassen will, um bei Tage die Sonne, bei Nacht den Mond 
herauszulassen, wahrscheinlich mit der Verpflichtung in der Nähe des Turms
	        
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