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Der letzte Propst, dessen in den Traditionen Er¬
wähnung' geschieht, ist Wie har d (1210—1224).1) Unter
seiner Regierung dürften denn auch die vorhandenen
Notizen zusammengetragen worden sein, so daß wir
also den Traditionskodex dem ersten Viertel des 13. Jahr¬
hunderts zuzuweisen Anlaß haben. Der Schriftcharakter
war um diese Zeit noch wesentlich der des 12. Jahrh.,
für das sonstige Eigentümlichkeiten der Handschrift
sprechen würden, wir wir gesehen haben.
Es läßt sich also für den kopialen Hauptstock ein
Zeitraum etwa von 1100—1220 ermitteln, in dem sie
sich bewegen. Mehr wird man vor einer eingehenden
Behandlung der Datierungsfragen nicht sagen können.
5. Inhalt und Form der Traditionen.
Der Wert von Traditionen für die allgemeine
Geschichte und die des Landes ist wesentlich an die
Bestimmbarkeit ihrer Entstehungszeit und der in ihnen
vorkommenden Namen gebunden. Was ich darüber zu
sagen habe, steht in der Einleitung.
Es ist in Hinsicht auf die Chronologie der Rans-
liofener Traditionen noch vieles zu tun, doch dürfte
diese Seite der Forschung durch die vorliegenden
textkritischen Beiträge nicht unwesentlich erleichtert
werden.
Mit dem formalen Charakter der Ranshofener
Traditionen haben sich bisher nur 0. Redlich2) und
0. v. Mitis3) gelegentlich beschäftigt.
Auch in dieser Hinsicht werden sich jetzt die
Untersuchungen weiter führen lassen.
0 In C II 236 ist es Siegfried, der unmittelbare Vor¬
gänger des Propstes Konrad. Allein die betreffende Tradition stand
auf dem vorletzten Blatte in margine und war also wohl ein später
Nachtrag.
2) „Über Traditionsbücher“ in Deutsche Geschichtsblätter I
(1900).
3) „Studien zum älteren österreichischen Urkundenwesen“.