Volltext: II. Jahrgang 1905 (II. Jahrgang 1905)

74 
und Saufen auf, Gotteslästerung, Ehebruch, Totschläge 
gehen in Schwang; es ist ein wüstes, wildes, un¬ 
bändiges Wesen aller Orts und helfen alle obrigkeit¬ 
lichen Befehle und Strafen darwider schier gar nichts.“1) 
Für den geistlichen Stand hatte man nur Verach¬ 
tung. Die Chorherren von Ranshofen mußten sich die 
Erlaubnis erbitten, außerhalb des Klosters sich eines 
anderen anständigen Kleides bedienen zu dürfen, da sie 
sich im Ordenskleide allerlei Spott und Mißhandlung 
ausgesetzt sähen.2) 
Über die Verwilderung des Volkes erzählt uns 
die oben genannte Schrift ein Beispiel aus Schärding. 
Vor etlichen Jahren hätten am Oster tage Leute in der 
Kirche ein großes Faß Bier ausgesoffen und dem Pfarrer 
das Haus angeziindet, weil er über die Auferstehung 
des Fleisches nicht evangelisch predigen wollte.3) 
Daß die Unmäßigkeit stark im Volke eingerissen 
hatte, zeigt die auf der Salzburger Synode 1562 be¬ 
schlossene „Reformationsformel“, die für das Volk fol¬ 
gende Vorschrift gab: „Mandandum est, ut a crapula et 
ebrietate et immodicis compotationibus abstineatur.“ 
Deshalb sollten die oenopolia und tabernae an den Fest¬ 
tagen vor Vollendung des Gottesdienstes nicht gppffnet 
werden außer Fremden und Kranken.4) 
Ferner mußten viele Verordnungen erlassen werden 
gegen „unziemliches Spielen“. Das 6. Buch der Bayri¬ 
schen Landesordnung vom Jahre 1553 enthält ausführ¬ 
liche Vorschriften zur Einschränkung desselben. Die 
Bauern und der gemeine Mann auf dem Lande gaben 
p Bei Janssen-Pastor a. a. 0. IV 15. u. 16. (1896) 116. Vgl. 
Sugenhe im, Bayerns Kirchen- und Volks-Zustände (1842) 530—535. 
2) Stülz, Notizenblatt. Beilage zum Archiv f. d. Kunde öst. 
Gesch.-Qu. IV (1854) 502. 
3) Bei Janssen-Pastor a. a. 0. IV 116. Ob die angeführten 
Tatsachen in dieser Form auf Wahrheit beruhen, läßt sich nicht 
sagen. Auffallend erscheint, daß die Zeclipröpste, die über jede, auch 
nur geringe Veränderung an den kirchlichen Objekten bei der Visi¬ 
tation genauen Aufschluß gaben, nichts über dieses gewiß Aufsehen 
erregende Faktum berichteten. Sie erklärten: „Hat einen alten, bau¬ 
fälligen Pfarrhof, den sie um einen Zins verlassen (vergeben).u 
4) Abgedruckt bei K n ö p f 1 e r, Kelchbewegung. Aktenst. IV 69.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.