Volltext: Der Volksbote Linz 1932 (1932)

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Anschauung von Franz JsidorProschko. Linz in Oberösterreich, im 
August 1852", das sich in der Administrativen Bibliothek im Bundeskanzler 
amt befindet — ein zweites Exemplar besitzt die Nationalbibliothek in Wien 
und ein drittes angeblich die Linzer Landes-Bibliothek — ist unter anderen 
Porträts auch das Stifters enthalten. Darunter schrieb Stifter mit eigener 
Hand: 
Nit viel Prangens, 
altdeutscher Spruch. 
Adalbert Stifter. 
20. August 1852. 
Nit viel Prangens, d. h. nicht viel Rühmens und Prahlens. Ein echtes 
Stifter-Wort! Hat er doch gesagt, nur das Reich des Schönen und Guten 
wolle er ausbreiten helfen, nicht um eitlen Dichterruhm sei es ihm zu tun. 
Wir aber, seine Freunde und Verehrer, die ihn lieben und schätzen, wie 
nicht viele Dichter, wir, die in ihm einen Menschen seltener Größe sehen, einen 
Menschen, der als vorbildlicher Held die Tragik seines Lebens und schweren 
Schicksals ertrug und trotz Not, Leid und Verkennung uns eine sinnvolle Welt 
der Liebe, Güte, Schönheit und Sitte hinterließ, wir wollen ja viel Prangens 
mit ihm machen. Denn er ist Blut von unserem Blut, ist Oesterreichs herr 
lichste Blüte wie es Grillparzer ist. Mögen sie Zeitnähe von unseren Dichtern 
verlangen, Stifter ist voll Ewigkeitsnähe! Denn Geburt, Kindheit, Jugend, 
der Liebe Glück und Leid, Tod und Vergehen sind uns Menschen ewig nah. 
Die Lebensformen mögen sich ändern, das Verhältnis zur ewigen Welt, zum 
Unbegreiflichen, zum Göttlichen, zur ewigen Form des Werdens und Ver 
gehens erkennen wir, wenn wir uns darauf besinnen, als unveränderlich. 
Diese ewige Bindung der irdischen Welt an die göttliche hat uns kein Dichter 
inniger und ergreifender geschildert als Adalbert Stifter. 
Schicksale und Landschaften bei Adalbert Stifter. 
Von Professor Dr. Julius Zerzer, Linz. 
Carus, der Maler-Philosoph der Romantik, spricht in seinen „Briefen 
über Landschaftsmalerei" von einer Landschaftsdarstellung, wie sie zu seiner. 
Zeit noch nicht hervorgetreten ist, wie er sie aber von der Zukunft erwartet. 
Diese Darstellung dürfe nicht dabei stehen bleiben, das Aeußere der Natur 
dinge auszusprechen, sondern müsse sie gleichsam von innen heraus erfassen, 
damit ihr geheimnisvolles Leben in das Kunstwerk eingehe. Eine solche 
Landschaftsmalerei, der ein mystisches Element zugrunde liegt und die Carus 
als „Erdleben-Bildkunst" bezeichnet, berührt sich, über ein Jahrhundert hin 
weg, mit dem magischen Realismus unserer Tage. Auch dieser bleibt nicht 
bei der Oberfläche der Dinge stehen, sondern bestrebt sich, ihr geheimnisvolles 
Innenleben auszusprechen. Und so ist es kein Zufall, wenn heute ein Dichter 
wieder als modern im besten Sinne des Wortes empfunden wird, dessen 
Landschaftsdarstellung gerade dadurch ihre Eigenart bewährt, daß sie an die 
verborgenen Quellen alles Lebens rührt. Denn nicht deshalb ist Stifter ein 
so großer Künstler, weil ihm gute und treue Beobachtungen gelingen und 
weil er das Gesehene in strenger und gepflegter Sprache wiedergibt — ob 
wohl auch dies schon ein wesentliches Verdienst um Kunst und Sprache be 
deutet —, sondern Stifters Künstlertum wurzelt tiefer, es reicht in jenen
	        
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