Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Heft 9 1938 (Heft 9 / 1938)

Das Geschlecht 
der Schlumberger 
Die Geschicke einer deutschen 
Familie im Gau Oberdonau 
Im Juni dieses Jahres beging das Geschlecht der 
Schlumberger, das in der Geschichte der Wein— 
wirtschaft in Deutschland und Frankreich Ruf und 
Namen hat, seinen fünfhundertjährigen Bestand. Bei 
dieser Feier wurden mehrfach die Beziehungen hervor— 
gehoben, die dieses alte deutsche Geschlecht mit dem 
Gau Oberdonau verbinden. Üüber die Schicksale 
des oberösterreichischen Zweiges der Familie ergeben 
sich interessante Einzelheiten aus Aufzeichnungen, die 
uns der Chef des Wiener Hauses, Robert von 
Schlumberger, zur Verfügung stellt. 
Die Urheimat des Geschlechtes der Schlumberger 
ist die Ulmer Alb, wo die Ahnherren der Schlum— 
berger ursprünglich als deutsche Bauern saßen. 
Eine Urkunde aus dem Jahre 1438, das älteste Fa— 
miliendokument, kündet, daß am Peter- und Paulstag 
1438 ein Schlumberger vom Benediktinerkloster Brenz⸗ 
Anhausen mit ückern belehnt wurde. Die wellige Hoch— 
ebene der Ulmer Alb, die durchfurcht wird von dem 
breiten Tal der zuweilen versiegenden Lone, Acker— 
land, wo Weizen und Roggen, Gerste und Hafer ge— 
deiht, Flachs und Klee gebaut wird und saftige Wiesen 
beschattet sind von weiten Reihen von Üüpfel— und 
Birnbäumen, gegen Norden und Nordwesten üppiger 
Laubwald, nach Süden und Osten offenes Land, sachte 
abfallend bis zum Ried, sich weitend bis zur Donau 
— diese deutsche Landschaft ist die Wiege des Schlum— 
berger-Geschlechtes, dort liegen die Dörfer, Weiler 
und Höfe, wo seine Ahnen als deutsche Bauern saßen 
vor 500 Jahren und wohl schon Hunderte von Jahren 
borher. Öllingen, malerisch gelegen an der Südlehne, 
mit weitem, freiem Ausblick bis hinab zur Donau, 
Setzingen daneben, in einer flachen Mulde eingebettet, 
Döttingen am linken Loneufer, unweit davon Ballen— 
dorf und Heuchlingen, dann Herbrechtingen, schon an 
der Brenz gelegen, der die Lone ihre Wasser zuführt, 
sind die Ursitze der Schlumberger-Bauern im Mittel— 
alter. Dazu kommen noch südlich der Lone das an— 
mutige Städtchen Langenau, knapp am Ried nächst 
der Donau, Asselfingen und Bernstadt, Hausen und 
Nerenstetten, Heldensingen und Gussenstadt, das schöne 
Städtchen Geislingen und viele andere Orte. 
Nur spärlich hausen heute noch Sprossen des Ge— 
schlechtes in den Dörfern der Urheimat, trotz seines 
Kinderreichtums, ja vielleicht gerade deswegen, denn 
seit je zogen die weichenden Söhne weg von der 
Heimaterde, die sie nicht mehr ernähren konnte. Erst 
übersiedelten sie in die Nachbargemeinden und in die 
iahen Reichsstädte, so manche aber hatten, obwohl 
mittellos, Zutrauen zu ihrer urwüchsigen Kraft, sie 
zogen weiter hinaus — nach österreich, nach dem 
Elsaß, nach der Pfalz, nach Bayern, über den Ozean. 
Fin Schlumberger wandert aus Setzingen 1542 nach 
Bebweiler und kommt, Glaubens halber vertrieben, 
nach Mülhausen, wo zwei seiner Ollinger Vettern eine 
neue Heimat zu finden gehofft hatten. Doch auch sie 
werden landesverwiesen, weil sie sich gegen die hohe 
IObrigkeit auflehnten. Der Sohn des Gebweiler 
Schlumbergers wird Bürgermeister von Mülhausen, 
einer seiner Urenkel evangelischer Pfarrer. Unter den 
Nachkommen dieser drei Schwaben befinden sich In— 
ustrielle, Kaufleute, Bankiers und Grundbesitzer, 
ranzösische Generäle und Schiffskommandanten, Di— 
olomaten, Abgeordnete und Beamte, Maler und Dich— 
er, Ärzte und Gelehrte. Der Erfinder einer Spinnerei— 
naschine zu Gebweiler, zugleich Historiker, wird 
Ehrendoktor der Universität Straßburg, preußischer 
Beheimrat und Staatsrat und schließlich geadelt. Ein 
ranzösischer Vetter, eine Leuchte der Wissenschaft, hält 
einen Einzug ins Institut de France, den Areopag 
der französischen Wissenschaft. Wunderbar befruchtete 
zie Erbmasse dieser, drei schlichten Albbauern das 
Elsässer Gebiet. 
Geislinger Schlumberger erheben sich zu bayrischen 
Beamten in Rosenheim, Bauern aus Hausen geben 
dem Deutschen Reich in jüngster Zeit Ingenieure, 
Kaufleute und Wissenschaftler. Ein Soldatenwaisen— 
eind aus Langenau beginnt als Maurerlehrling und 
Tambour beim schwäbischen Kreiskontingent, steht'als 
Feuerwerker Napoleon bei Kehl und am Kniebis 
zegenüber. Die Reichsstadt Ulm ernennt ihn zum 
Ingenieurleutnant. Schließlich wird er Kreisbaurat. 
Sein ältester Sohn ist Doktor der Philosophie, der 
zweite wird Zimmermann, muß dann zum Militär, 
zieht fort mit Otto von Wittelsbach nach Griechenland, 
kämpft mit Auszeichnung als Oberleutnant für die 
Freiheit der Hellenen, wird durch Selbststudium In— 
genieur, setzt diese Tätigkeit in Ästerreich fort, betätigt
	        
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