Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Dezemberheft 1937 (Heft 12 / 1937)

In sonnigen Buchten werden im Sommer nie weni¬ 
ger als 20° gemessen. Das Monatsmittel der Ober¬ 
flächentemperaturen betrug im Attersee in den Jah¬ 
ren 1911 bis 1930: 
Jänner 3.5° L Juli 16.7° 0 
Februar 3.0° C August 17.9° 0 
März 3.6° C September .... 16.1° C 
April 5.4° C Oktober 12.5° C 
Mai 9.7° C November .... 8.4° C 
Juni 14.9° L Dezember 5.2° C 
Das Jahresmittel beträgt somit 9.5° C. In einer 
Tiefe von etwa 30 Metern unter dem Seespiegel bis 
in die größten Tiefen ist die Temperatur gleichblei¬ 
bend. Sie beträgt da ungefähr 4°. Von der Luft¬ 
temperatur wird nur eine etwa 20 Meter starke 
Schicht an der Oberfläche beeinflußt. Eine Eisbil¬ 
dung findet am Attersee leichter statt, als etwa am 
Traunsee, weil er den kalten Westwinden mehr aus¬ 
gesetzt ist als dieser. Bemerkenswert ist auch, daß sich 
die Osthälfte des Sees immer zuerst mit einer Eis¬ 
schichte bedeckt. Soviel wir feststellen können, war der 
Attersee in den Jahren 1477, 1624, 1684, 1740, 1797, 
1830, 1833, 1879/80, 1891, 1893, 1895, 1901 und 1929 
vollständig zugefroren. Von der Auswirkung der soge¬ 
nannten „Uranien" habe ich oben gesprochen. 
In neuester Zeit nennt man den Attersee den typi¬ 
schen „See der Sportle r". Für den Segel- und 
Motorsport ist er jedenfalls ein ideales Gewässer. 
Schönes Segeln fetzt eine genaue Windkenntnis vor¬ 
aus, und unsere Attersee-Segler könnten von den 
alten Flößern und Fischern ungeheuer viel lernen. 
Man könnte eine eigene W i n d k u n d e des Attersees 
schreiben. Zahlreich sind die Namen für die verschie¬ 
denen, dem Unkundigen ganz fremden Winde,aus denen 
der Einheimische mit der Sicherheit des Münchner Wet¬ 
terberichtes die Witterung voraussagt. Wenn der „Ro¬ 
senwind" (NO) schon sehr früh beginnt, bevor die Sonne 
den See bescheint, so ist bestimmt schlechtes Wetter zu 
erwarten. Wenn er um etwa 8 bis 9 Uhr vormittags 
einsetzt und leicht weht, so heißt dies Schönwetter. Der 
„Aurachwind" (von Aurach), ein kalter Ost, soll um 
18 Uhr kommen, dann wird es schön. Er dauert mei¬ 
stens drei, sechs oder neun Tage. Im Frühjahr zeigt 
er, wenn er gleichbleibend weht, schöne Witterung an; 
ist er zu stark, dann wird es „grob". Der „Steiranger- 
wind" (ein kalter West) kann schönes oder schlechtes 
Wetter anzeigen, wohingegen der „Zeriwind" (zweri — 
quer über den See, ein kalter West) nur Regen bringt. 
Der Föhn, hier „Sunnwind" genannt, „grab'nt", das 
heißt er macht Wellentäler, feine Folgeerscheinung ist 
der Grundwind. Grundwind deshalb genannt, weil von 
den Bewohnern des unteren Sees bei vollständiger 
Luftstille große, langlaufende Wellen beobachtet wurden, 
die also gleichsam aus dem Grunde kommen. Der gleich¬ 
mäßige „Durnwlnd" (W) bringt Schönwetter, Trocken¬ 
heit und Dürre, daher der Name. Der „Gmauringer- 
wind" (SSO) ist einüberfalls-(Sturz-)Wind und hatNie- 
derschläge im Gefolge. Der Unteracher oder „Foasler"- 
Wind (die Unteracher wurden einst „Foasler" genannt) 
soll bis ungefähr 9 Uhr vormittags wehen, zu anderer 
Tageszeit bedeutet er Niederschläge. Die Tallust muß, 
wenn es am kommenden Tag schön sein soll, von abends 
bis früh wehen; die starke Tallust heißt am oberen See- 
Ende „Weißenbacher Wind" oder in Weyregg (wo diese 
Winde nach Angaben von Oberförster Karl Nimmer¬ 
froh ausgezeichnet wurden) „Landaröderwind". Der 
Buchberger- (NW), Litzlberger- (N) und Stockwinkler¬ 
wind (SW) sind verschiedene Westwinde mit ungünstiger 
Witterung. 
Natürlich muß ein Wind den anderen gesetzmäßig 
ablösen, wenn man Prognosen stellen will. Wenn der 
„Oberwind" (SW) „abablattelt" (schwach weht) und 
um etwa 9 Uhr vormittags vom Rosenwind abgelöst 
wird, dann wird es bestimmt schön. Der „boarische 
Wind", eine Erinnerung an die Zeit, da das Westufer 
des Sees zu Bayern gehörte (1809—1816), bringt nur 
schlechtes Wetter. Der „böhmische Wind" ist ein reiner 
Nord. Ist die Wetterlage unbestimmbar, so gibt es 
Wechselwinde (der Wind „straht", streut), bis dann 
der eine oder der andere Wind die Oberhand be¬ 
kommt und die Unsicherheit entscheidet. Man sagt da, 
„die Winde raufen". 
Stürme richten oft großes Unheil an. Bei 
Messinas Untergang im Jahre 1783 entstand am 
Attersee ein fürchterlicher Sturm und eine ungeheure 
Nebelfinsternis, so berichtet Pillwein. 1896 richtete 
ein Wind große Uferschäden an. Das größte Ele¬ 
mentarereignis in den letzten Jahrzehnten aber war 
der Sturm am 22. Juni 1914, der zwei Menschenleben 
forderte, und der auch in Zusammenhang mit der 
Erdbebenkatastrophe in Süditalien gebracht wird. 
Zu den interessantesten Naturerscheinungen ge¬ 
hören die „st e h e n d e n Wellen" am Attersee. Sie 
werden mit einem französischen Wort auch „Leiclles" 
genannt und bestehen in einer durch plötzliche Luft¬ 
druckschwankungen hervorgerufenen Schwingung der 
ganzen Seemasse. Dieser Vorgang ist am besten an 
den See-Enden zu beobachten. Die Schwingungsdauer 
betrug nach dem Schreibpegel immer rund 22 Minu¬ 
ten. Die auffallendste Erscheinung dieser Art aber 
war die plötzliche Seespiegelsenkung am 24. Juni 1930 
um 30 cm, wobei das Wasser an seichten Stellen bis 
10 m vom Ufer zurücktrat. Diese Senkung ist in der 
Geschichte der „stehenden Wellen" das größte bisher 
beobachtete Ereignis. Die Ursache dieser Erscheinung 
liegt in einer starken Tromben-(Windhosen-)Bildung 
am Südufer des Sees. 
Hochwässer verursachen naturgemäß eine Er¬ 
höhung des Seespiegels. Doch find die Schäden, die 
ein Attersee-Hochwasser anrichtet, infolge der verhält- 
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